Aufräumen, Umwelt schonen, Geld verdienen
Was tun mit Resten aus Großbestellungen? Und woher Kleinstmengen für Reparaturen bekommen? Materialrest24.de ist eine Plattform für Handwerker, die hier Lösungen schafft.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special So nachhaltig ist das Handwerk
Die Erfahrung als Dachdecker brachte ihn auf die Idee: "Ich habe allzu oft Lager aufgeräumt und voll funktionstüchtige Baustoffe entsorgt", erinnert sich Simon Schlögl aus München an seine Gesellenzeit als Dachdecker in verschiedenen Handwerksunternehmen. Das sei oft sehr bedauerlich, aber der Lagerplatz reiche eben nicht für all das, was übrig ist. Umgekehrt kennt der Handwerker auch das Problem, für eine Reparatur nur ein einzelnes Teil zu benötigen, das es aber lediglich im großen Gebinde zu kaufen gibt.
Inzwischen selbstständig im Holz- und Bautenschutz tätig hatte Schlögl vor zwei Jahren eine Idee: "Ich richte eine Datenbank im Internet ein, über die Handwerker mit solch kleinen Resten handeln können." Seit März 2017 ist die Plattform mit Namen materialrest24.de online und erfreut sich zunehmenden Interesses bei Handwerkern und Handwerksorganisationen.
Das Prozedere ist ganz einfach: Wer etwas verkaufen möchte, meldet sich bei materialrest24.de kostenlos an und stellt sein Angebot anonym ein. Meldet sich ein Interessent, dann lassen sich dessen Kontaktdaten gegen eine kleine Gebühr nach einem Creditsystem freischalten.
Kosten: Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Verkaufswert – ein Objekt von 100 Euro kostet etwa vier Credits à 25 Cent, also einen Euro Gebühr, die ersten fünf Freischaltungen sind gratis.
Der Käufer kann auch einen anderen Preis als den vorgeschlagenen anbieten, das Produkt kann abgeholt oder verschickt werden. In Kürze sollen Handwerker Angebote auch per WhatsApp schicken können, Schlögl stellt sie dann online. Auch eine App ist geplant. "Ideal wäre, wenn ein Handwerker überzähliges Material auf der Baustelle fotografiert, bei materialrest24.de einstellt und es direkt auf der Baustelle abholen lässt", überlegt Schlögl. "Das vermeidet zusätzliche Transporte und Lagerplatz."
Keine Zweitauflage von ebay
100 Firmen aus ganz Deutschland haben sich mittlerweile mit 500 Materialien angemeldet. Schlögl verlangt dafür den Gewerbenachweis, damit der Kreis von Anbietern und Käufern sicher aus der handwerklichen Baubranche kommt. "Wir möchten keine Zweitauflage von ebay sein", betont er, "da ist die Sicherheit, wirklich Geeignetes zu kaufen, viel geringer. Es sollen hier nur Profis mitspielen."
Im Kreis München hat er 200 Kollegen direkt angeschrieben, bei der Handwerkskammer München/Oberbayern durfte er sein Angebot in einem Vortrag vorstellen. "Die Zimmerer-Innung München konnten wir richtig begeistern, sie bietet ihren Mitgliedern jetzt unseren Service an und übernimmt die Kosten", freut sich Schlögl. Einen besonderen Mehrwert bietet die Plattform zudem, wenn alte Ersatzteile gefragt sind, die im Handel nicht mehr zu kaufen sind.
"Aber selbst wenn Teile noch zu bekommen sind, muss auch der Fachhandel oft bestellen, und das dauert manchmal lange", hat der Handwerker erfahren. Als Lieferservice bietet er bundesweit mit einem Kooperationspartner ein kostengünstiges Verfahren an, bei dem das Objekt abgeholt wird und der Verkäufer nur einen Aufkleber anbringen muss, den er vorher per E-Mail erhält.
Ob er mit seiner neuen Handelsplattform auch Geld verdienen möchte? "Die einzelne Gebühr ist ja sehr gering", erklärt Schlögl, "aber wir hoffen schon, mit der Menge auch Gewinn zu machen." Für das Programmieren der Plattform bei einer Spezialfirma hat er zunächst erheblich investiert. In vielem unterstützen ihn seine Ehefrau und auch sein Bruder, der Mitinhaber der Marke ist und seine Kenntnisse als Betriebswirt einbringt.
Nicht zuletzt liegt Schlögl am Herzen, durch diese Digitalisierung von Lagerware Umwelt und Ressourcen zu schonen und Müll zu vermeiden. "Bei immer mehr Handwerkern stoße ich mit diesem Gedanken auf offene Ohren", hat der Unternehmer überrascht festgestellt, es gehe den Kollegen oft nicht nur darum, Geld zu verdienen.
Für die Zukunft plant Schlögl, "neben dem Kontakt zu Innungen, Handwerkskammern und Berufs- und Meisterschulen auch direkte Kooperationen mit Fachhändlern und Herstellern einzugehen". Eine richtige Vernetzungsplattform soll entstehen. Wer da dauerhaft mitwirkt, regen Handel auf materialrest24.de betreibt und mindestens zehn Materialien mit Foto eingestellt hat, wird mit Magnetschildern für die Firmenwagen belohnt. "Nachhaltiger Betrieb" steht darauf mit fünf Sternen und dem Schriftzug materialrest24.de. "Bald wird hoffentlich jeder wissen, was sich dahinter verbirgt", schmunzelt der Inhaber.
Fotos: © materialrest24.de
Text:
Dr. Bettina Heimsoeth /
handwerksblatt.de
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