WM; Arbeitsrecht, Fußball

Die rote Karte des Arbeitsrechts ist die Kündigung. (Foto: © wavebreak Media Ltd./123RF.com)

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Rote Karte für Fußball-Fans?

Es geht wieder los! Der Ball rollt seit dem 14. Juni in Russland und Fußball-Fans fiebern mit – oft auch im Betrieb. Wir erklären die Spielregeln für Chefs und Mitarbeiter.

Manche WM- Spiele beginnen schon um zwölf Uhr, also mitten in der Arbeitszeit. Wie sollen Chefs damit umgehen? Verbote aussprechen, ein Auge zudrücken oder lieber gleich "Public Viewing" in der Firma anbieten? Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber muss nicht dulden, dass die Mitarbeiter Fußballspiele verfolgen, egal auf welchem Medium – also auch nicht im Liveticker auf dem Handy. Klare Anweisungen ersparen spätere Diskussionen: Der Chef sollte eindeutig regeln, ob und wann die Spiele im Job geschaut werden oder seine Leute früher nach Hause gehen dürfen.

Echte Fans machen sich sogar schon vorher auf nach Russland, um die WM möglichst hautnah zu erleben. Das Bundesurlaubsgesetz sieht dafür keinen Sonderurlaub vor, also müssen Arbeitnehmer "normalen" Urlaub dafür beantragen und im Betrieb abstimmen. Wer spontan zu einem Spiel reisen will, weil er etwa Karten gewonnen hat, muss sich die Auszeit vom Chef genehmigen lassen. "Hat der Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe, die dagegen sprechen, darf er das jedoch verweigern", weiß Dr. Nicolai Besgen, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn. Das gelte etwa bei Engpässen wegen eines hohen Krankenstandes, zusätzlichen Aufträgen oder Saisongeschäft. Wer damit droht "krank zu sein", falls er keinen kurzfristigen Urlaub bekommt, kann fristlos gefeuert werden.

Radio ja, TV nein

Fußballbegeisterung hin oder her: Wenn der Chef es will, muss der Mitarbeiter auf darauf verzichten, der deutschen Elf beim Kampf um den Pokal zuzuschauen. "Der Arbeitgeber hat ein sogenanntes Direktionsrecht und kann die Arbeitszeit einseitig bestimmen – sofern nicht im Arbeitsvertrag ganz bestimmte feste Arbeitszeiten vereinbart sind", erklärt Besgen. Überstunden kann er allerdings nicht einfach so anordnen. Das muss arbeitsvertraglich vereinbart sein oder sich aus kollektiven Regelungen, wie etwa Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag, ergeben.

Die gute Nachricht: Radio hören ist grundsätzlich erlaubt! Wenn aber Kollegen oder Kunden durch die Geräusche gestört werden, kann der Chef das Gerät ausschalten.

Fernsehen während der Arbeitszeit ist hingegen grundsätzlich nur mit Erlaubnis möglich. "Der Arbeitnehmer ist dadurch gehindert, sich seiner übertragenen Arbeit zu widmen und seine Arbeitspflicht zu erfüllen", erläutert der Anwalt, "dasselbe gilt für die Verfolgung eines Live-Tickers am PC oder Handy". Selbst wenn der Chef eine private Nutzung des Internets gestattet habe, umfasse diese Erlaubnis es jedoch nicht, ein komplettes Fußballspiel während der Arbeitszeit zu verfolgen. Das sei Grund für eine Abmahnung und in krassen Fällen (etwa mehrere Spiele hintereinander) sogar eine fristlose Kündigung. Schnell mal zwischendurch den Live-Ticker checken ist jedoch kein Problem.

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Oft macht ein kühles Bier den Spaß am Spiel erst richtig rund. Das Recht verbietet das nicht. Allerdings muss ein Arbeitnehmer sicherstellen, dass seine Leistungsfähigkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz nicht durch Alkohol beeinträchtigt sind. Der Chef darf daher ein Veto einlegen. Er darf aber ohne Einwilligung nicht kontrollieren, ob jemand Promille im Blut hat. Hat er den Verdacht, dass ein Mitarbeiter zu tief ins Glas geschaut hat, kann er denjenigen nach Hause schicken. "Dies gebietet auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers", betont Besgen. Dann gebe es auch kein Geld für die versäumte Arbeitszeit. "Aber: Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Es empfiehlt sich daher, die Symptome zu dokumentieren und die Beweislage zu sichern."

Foto: © rioblanco/123RF.com
Das letzte Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Südkorea startet am Mittwoch, den 27. Juni um 16 Uhr. Wer pünktlich zum Anpfiff dabei sein will, muss möglicherweise früher Feierabend machen. Ohne Erlaubnis einfach den Arbeitsplatz vorzeitig zu verlassen sei nicht erlaubt, warnt Besgen, dabei handele es sich um einen klaren Fall von Arbeitsverweigerung. Dann gibt es die gelbe Karte des Arbeitsrechts, die Abmahnung. Wiederholungstäter sehen die rote Karte, die fristlose Kündigung. Besser ist es, vorher kurz mit dem Chef Rücksprache zu halten.


Viele Betriebe veranstalten auch gemeinsame WM-Events. Wenn Chef und Kollegen zusammen ein Spiel ansehen und dabei Würstchen grillen, ist das aber noch kein "Public Viewing" im Sinne der Fifa. Wer keinen Eintritt verlangt, der braucht also auch keine Fifa-Lizenz für öffentliche Veranstaltungen und kann unbeschwert seinen Fußballhelden zujubeln.


Fußballfeier und Steuern:
Ist der Fußball-Event eine richtige Betriebsfeier, wird meistens auch etwas gegen Durst und Hunger serviert. Damit Unternehmer die Ausgaben für Bier und Würstchen als Betriebsveranstaltung steuerlich absetzen können, müssen überwiegend Betriebsangehörige und deren Begleitpersonen teilnehmen. Die Kosten sind pro Mitarbeiter bis 110 Euro brutto lohnsteuer- und sozialabgabenfrei und vorsteuerabzugsfähig. Aber Achtung: Das gilt nur für zwei Veranstaltungen pro Jahr! Bei Endspielparty und Weihnachtsfeier bleibt also der Fiskus außen vor.

Text: / handwerksblatt.de

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