"Information is Power" heißt es im Heimatland von Innocent Mhlanga. Als Botschafter des Handwerks informiert der in Simbabwe geborene Elektroniker andere Zuwanderer, was es mit der dualen Ausbildung auf sich hat.
Innocent Mhlanga hat es geschafft. Vor zwei Jahren schließt er die Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik ab. "Als Klassenbester", betont der 28-Jährige. Gleich darauf überträgt ihm sein Chef bereits ein eigenes Projekt.
Der frisch gebackene Geselle betreut in bauleitender Funktion einen neuen Kunden der Elektro Ohligschläger GbR. "Mangelnde Erfahrung kompensiert Inno mit Fachwissen", lobt ihn Sven Ohligschläger, Elektrotechnikermeister und Geschäftsführer des Handwerksbetriebs aus Würselen. Der Erfolgsgeschichte geht jedoch ein holpriger Start voraus.
Nach dem Abitur in Simbabwe will Innocent Mhlanga "etwas Technisches machen". Seine guten Noten verhelfen dem jungen Afrikaner zu einem Stipendium. Mit dem Geld finanziert er einen kurzen Aufenthalt im Ausland. Die Wahl fällt auf Deutschland. An der Sprachenakademie Aachen belegt er einen Deutsch-Kurs. Seinen ursprünglichen Plan, ein technisches Fach zu studieren, verwirft er jedoch. "Dazu hätten meine Sprachkenntnisse nicht gereicht." Er sucht nach einer Alternative. Im Internet stößt er auf die Handwerkskammer Aachen.
Praktikum als Elektroniker
Eine engagierte Mitarbeiterin nimmt sich seiner an. "Frau Lüke-Kreutzer hat mir schnell ein Praktikum als Elektroniker bei Herrn Ohligschläger besorgt", erinnert sich Innocent Mhlanga an die inzwischen verstorbene Willkommenslotsin, die wie eine "zweite Mutter" für ihn gewesen sei. Nach der Hälfte der zweiwöchigen Hospitation im Elektrobetrieb steht fest, dass er dort eine Ausbildung beginnen kann. "Diese dreieinhalb Jahre waren eine große Herausforderung. Ich konnte mich zwar ein bisschen auf Deutsch unterhalten, aber ich kannte die Fachsprache nicht."
Innocent Mhlanga hat die sprachliche Herausforderung gemeistert – dank der Lehrkräfte am Berufskolleg Nord, aber auch dank seines Ausbildungsbetriebs. "Wir haben Inno immer unterstützt und ihm angeboten, dass er sich bei Probleme mit der Sprache jederzeit an mich oder einen Kollegen wenden kann", erklärt Sven Ohligschläger. Dieses Angebot habe er aber kaum wahrgenommen. "Er ist sehr ehrgeizig und wollte selbst Fuß fassen", blickt der Geschäftsführer des 16-Mann-Betriebs auf die Ausbildungszeit von Innocent Mhlanga zurück.
Informationen für Migranten Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beantwortet in seinem Internetauftritt häufig gestellte Fragen, die für Zuwanderer relevant sein könnten. Die FAQ-Liste"Tipps für Migrantinnen und Migranten" enthält Informationen zu Ausbildung, Arbeit, Studium, Promotion und der Funktionsweise des deutschen Berufsbildungssystems. Die FAQ-Liste"Anerkennung von ausländischen Abschlüssen" nennt Quellen, wo Migranten Informationen und Beratungsangebote finden, um ihre im Ausland erworbenen Qualifikationen anerkennen zu lassen.
Botschafter des Handwerks
Seine Erfahrungen mit der dualen Berufsausbildung gibt Innocent Mhlanga nun weiter. "Die meisten Afrikaner, die hierher kommen, haben noch nie vom deutschen Ausbildungssystem gehört. Ich will ihnen diese Informationen geben. Bei uns sagt man ,Information is Power‘", begründet der Elektroniker-Geselle sein ehrenamtliches Engagement. Seit rund einem Jahr ist er einer von elf "Botschafterinnen und Botschaftern des Handwerks" bei der Handwerkskammer Aachen. Sie stammen aus Simbabwe, Kolumbien, Tadschikistan, Syrien, Palästina, dem Irak, dem Iran sowie aus der Ukraine und der Türkei.
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Botschafterinnen und Botschafter des HandwerksUm zugewanderten Menschen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte das Ankommen im Arbeitsmarkt zu erleichtern, werden sie von den Botschafterinnen und Botschaftern unterstützt. Handwerkerinnen und Handwerker mit Zuwanderungsgeschichte, die selbst bereits erfolgreich in ihrem Beruf sind, teilen ihre Erfahrungen mit Ratsuchenden. Sie erzählen ihre Erfolgsgeschichten und machen Mut. "Botschafterinnen und Botschafter des Handwerks" werden von hauptamtlich Beschäftigten der an der Initiative beteiligten Handwerkskammern unterstützt und begleitet. Die Initiative wird von der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk im Rahmen des Programms "Integration durch Qualifizierung" umgesetzt, welches das Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziell fördert. Zu den Kooperationspartner gehören das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Bundesagentur für Arbeit.
RalfEylmanns begleitet die Botschafter des Handwerks bei den Einsätzen. "Sie gehen mit gutem Beispiel voran und sollen anderen Migranten zeigen, dass sich eine Ausbildung trotz einiger Mühen lohnt", erklärt der für die Nachwuchsakquise zuständige Mitarbeiter der Handwerkskammer Aachen.
Dabei suchen die Botschafter und Ralf Eylmanns vor allem das direkte Gespräch mit den jungen Menschen, deren Eltern aber auch Multiplikatoren wie Lehrkräften oder Sozialarbeitern. So habe man wiederholt die Teilnehmer der Sprachenakademie in die Lehrwerkstätten der überbetrieblichen Ausbildung eingeladen. "Ein Geflüchteter aus dem Irak war sehr überrascht, dass das Programmieren einer CNC-Maschine in Deutschland zur Ausbildung gehört."
Die Botschafter des Handwerks bauen sich mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit ein eigenes Netzwerk auf. Davon hat Sven Ohligschläger bereits profitiert.
Zu den acht Auszubildenden des Elektrobetriebs gehört ein junger Flüchtling aus Afghanistan. "Er ist extrem motiviert, aber leider musste er das erste Lehrjahr wiederholen." Der corona-bedingte Unterrichtsausfall der Berufsschule konnte trotz betrieblicher Nachhilfe nicht kompensiert werden. Vor allem die sprachlichen Defizite seien zu groß gewesen – auf beiden Seiten. "Inno hat uns jemanden vermittelt, der Farsi spricht. Nach Rücksprache mit dessen Arbeitgeber gibt er unserem Azubi aus Afghanistan nun einmal die Woche Nachhilfe auf 450-Euro-Basis."
Zwei Botschafter im Betrieb
Ehrenamtliches Engagement ist Sven Ohligschläger wichtig. Er gehört unter anderem dem Gesellen- und Meisterprüfungsausschuss der Handwerkskammer Aachen an. "Dieser Einsatz wirkt sich positiv auf die persönliche Entwicklung aus und man bleibt fachlich auf dem Laufenden", argumentiert der Geschäftsführer der Elektro Ohligschläger GbR.
Neben Innocent Mhlanga ist auch Josephine Flachs aktiv. Die Auszubildende im zweiten Lehrjahr geht als Ausbildungsbotschafterin an die weiterführenden Schulen. Den nahezu gleichaltrigen Jugendlichen gibt sie Einblicke aus ihrem Alltag als angehende Elektronikerin und informiert sie allgemein über die Karrierechancen im Handwerk.
"Zuletzt waren wir an einer Gesamtschule. Nach unserem Vortrag haben sich drei Mädels bei Josephine erkundigt, bei welchem Betrieb sie ihre Ausbildung macht", erklärt Ralf Eylmanns, der sowohl die Ausbildungsbotschafter als auch die Botschafter des Handwerks bei ihren Einsätzen begleitet. Aus der Gruppe der Ausbildungsbotschafter, die als Geflüchtete nach Deutschland kamen, konnte er bereits drei Botschafter des Handwerks gewinnen. Beide verbindet aus seiner Sicht, dass sie für ihren Beruf brennen und überzeugend für eine Ausbildung werben.
Botschafter sollen Vorbilder sein
"Aus Angst und Bequemlichkeit entscheiden sich viele Schülerinnen und Schüler gegen eine Ausbildung. Stattdessen besuchen sie weiter die Schule oder melden sich an einer Uni an. Unsere Botschafter sollen Vorbilder sein, dass sich die Entscheidung für eine Ausbildung im Handwerk lohnt", meint Ralf Eylmanns.
Dem stimmt Sven Ohligschläger zu. Für ihn stehe aber nicht der Benefit seines Betriebs im Mittelpunkt, sondern, "dass wir mit den Botschaftern motivierte junge Menschen für unsere spannenden und abwechslungsreichen Berufe begeistern – und zwar unabhängig von ihrer Herkunft".
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