Tischlermeister Eckhard Kukatsch (links; daneben Mitarbeiter Malte Frenzel) hat von seinem Programmierer-Team die Software SmartDIM entwickeln lassen. Damit können die vertikalen Bohrer einer CNC-Maschine neu kalibriert werden. "Wir müssen es hinkriegen, dass 80 Prozent der wiederkehrenden Arbeiten automatisiert von einer Maschine oder von einer Software erledigt werden. Dann kann sich der Mensch auf die restlichen 20 Prozent konzentrieren", ist der Geschäftsführer der Möbelwerkstatt Breckerfeld mit Blick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel überzeugt. (Foto: © DHB/Bernd Lorenz)

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CNC-Maschinen: Software zum Kalibrieren vertikaler Bohrer

Betriebsführung

Auch im Tischlerhandwerk gilt: Man sollte nicht blind der Technik vertrauen. Dass es etwa beim Einbau von Topfbändern hakt, kann an einer verstellten CNC-Maschine liegen. Eckhard Kukatsch hat eine Software entwickeln lassen, mit der sich die vertikalen Bohrer kalibrieren lassen.

Im Besprechungsraum der Möbelwerkstatt Breckerfeld steht ein Sideboard. Eckhard Kukatsch streicht mit seiner Hand vorsichtig über die glatte Verbindung zwischen Seitenwand und Deckplatte. "An dieser Stelle kann es schnell zu Versatz kommen, wenn die Bohrer an der Maschine zu ungenau arbeiten. Dann wird die Zwinge draufgesetzt, und es wird so lange gehämmert, bis es passt", verweist der Tischlermeister auf die gängige Korrekturpraxis. Er öffnet die linke Tür und zeigt auf die Topfbänder. "Der Hersteller konfiguriert sie so vor, dass sie sich mit einem bestimmten Fugenmaß mühelos einklipsen lassen. Das funktioniert natürlich nicht, wenn der Bohrer eine Toleranz von vier Zehnteln hat." Dann müssen die Bänder nachgestellt werden, um das Fehlmaß auszugleichen.

Auch Maschinen funktionieren nicht immer perfekt. Sie reagieren etwa auf äußere Einflüsse wie stark abweichende Temperaturen oder Lagerspiel. Hinzu kommen die Abnutzung oder ein Werkzeugwechsel. Entsprechend müssten Handwerker in regelmäßigen Abständen prüfen, ob sich die gebohrten Löcher tatsächlich an der erwarteten Position befinden. "Das machen aber die wenigsten Kollegen im Tischlerhandwerk", sagt Eckhard Kukatsch.

Das händische Kalibrieren einer CNC-Maschine brauche eine gute Strategie, damit alle Bohrer in der XY-Achse gut zueinander passen. Es koste Zeit und erfordere ein hohes Maß an Konzentration. Gebe man drei Mitarbeitern eine Schieblehre, um die Abweichungen zu messen, komme man oft zu drei unterschiedlichen Ergebnissen. "Eckhard, das muss anders werden!", hat sich der Betriebsinhaber aus Breckerfeld vorgenommen. In der digitalen Welt müsse es doch möglich sein, ein Werkzeug zu entwickeln, welches allen Tischlereien dabei hilft, ihre CNC-Maschinen stetig zu kontrollieren und neu zu kalibrieren. Das Know-how dafür hat er seit einiger Zeit quasi im eigenen Haus.  

Tischlermeister kauft IT-Firma

Auf der Suche nach Experten, die ihm eine Software entwickeln, um einen Roboter auch in Losgröße 1 fertigen zu lassen, stößt er nach drei Fehlschlägen auf eine kleine Firma in Duisburg. "Das waren drei Leute, die Sonderprogrammierungen für karierte Maiglöckchen gemacht haben", erinnert er sich. Die Chemie zwischen ihnen stimmt Kukatsch zufolge von Anfang an. Die IT-Fachleute können ihm helfen. Als ihr Arbeitgeber wegen Corona in eine finanzielle Schieflage gerät, kauft der Tischlermeister die Firma kurzerhand auf.

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Mit einem Mal hat der 14-Mann-Handwerksbetrieb eine eigene IT-Abteilung. Sie wird jedoch nicht in die Möbelwerkstatt Breckerfeld eingegliedert, sondern als eigenständige GmbH & Co. KG unter dem Namen "Macontic" (die Kurzform für "Manufactur con Robotic") geführt. Sie hat ihre Büroräume unweit der Tischlerei. Neben der Programmierung für Roboter erstellen die IT-Experten allerdings auch andere Spezial-Software. Eine davon ist SmartDIM – die Software zur Kalibrierung vertikaler Bohrer von CNC-Maschinen.

Kalibrieren mit SmartDIM

Das Bohrbild der CNC-Maschine. Die Löcher verteilen sich auf einem gleichmäßigen Raster von 50 mal 50 Millimetern. Foto: © DHB/Bernd LorenzDas Bohrbild der CNC-Maschine. Die Löcher verteilen sich auf einem gleichmäßigen Raster von 50 mal 50 Millimetern. Foto: © DHB/Bernd Lorenz

Eckhard Kukatsch geht zu einer seiner CNC-Maschine. Er legt eine Spanplatte in der Größe eines DIN-A3-Blatts auf die Bearbeitungsfläche. Der Vakuumsauger zieht sie an. Innerhalb kürzester Zeit bohren alle in der CNC-Maschine befindlichen Bohrer in einem gleichmäßigen Raster von 50 mal 50 Millimetern ein Loch in das Musterbrett. Um dem Scanner eine bessere Orientierung zu bieten, fräst die CNC-Maschine abschließend eine rundumlaufende Nut in die Holzplatte. 

Software vergleicht die Bohrbilder

Die nächste Station ist der DIN-A3-Drucker im Büro. "Wir haben ein handelsübliches Gerät, das auch scannen kann. Damit die Software das Bohrbild erkennen kann, sollte der Drucker eine Auflösung von mindestens 600 dpi haben", erklärt Eckhard Kukatsch. Nachdem der Scanner seine Arbeit getan hat, setzt sich der Tischlermeister an seinen Computer. Er wählt die zu überprüfende CNC-Maschine aus und lädt die PDF des Scans in die Kalibrierungs-Software hoch. SmartDIM konvertiert die Daten aus der PDF, vergleicht das aktuelle Bohrbild mit den Referenzwerten der CNC-Maschine und wirft innerhalb weniger Sekunde seine Analyse auf dem Monitor aus. 

Händische Eingabe der Daten

Nachdem die Kalibrierungs-Software SmartDIM das aktuelle Bohrbild mit den Referenzwerten der CNC-Maschine verglichen und analysiert hat, müssen die neu ausgerechneten XY-Koordinaten händisch in den Maschinenparameterbereich übergeben werden. Foto: © DHB/Bernd LorenzNachdem die Kalibrierungs-Software SmartDIM das aktuelle Bohrbild mit den Referenzwerten der CNC-Maschine verglichen und analysiert hat, müssen die neu ausgerechneten XY-Koordinaten händisch in den Maschinenparameterbereich übergeben werden. Foto: © DHB/Bernd Lorenz

Mit dem Ausdruck der Korrekturwerte macht sich der Geschäftsführer des 14-Mann-Betriebs wieder auf den Weg in die Maschinenhalle. An der Maschine werden dann die von der SmartDIM neu ausgerechneten XY-Koordinaten in den Maschinenparameterbereich übergeben. Dies geschieht händisch, was auch nur eine kurze Zeit in Anspruch nimmt. Zwischen der ersten Bohrung auf der Testplatte und dem Neukalibrieren der CNC-Maschine ist etwas mehr als eine Viertelstunde vergangen.

Preis von SmartDIM

SmartDIM kann im Online-Shop von Macontic bestellt werden. Die Software zum Kalibrieren von vertikalen Bohrern in einer CNC-Maschine kostet 577 Euro. Die Version, mit der bis zu fünf CNC-Maschinen verwaltet werden können, ist für 817 Euro erhältlich (jeweils inklusive Mehrwertsteuer und Versand). Diese Investition amortisiert sich nach Einschätzung von Tischlermeister Eckhard Kukatsch schnell.

"Berücksichtigt man, dass diese Bohrer üblicherweise einen XY-Versatz von mehreren Zehntel Millimetern haben, Bohrer teilweise als Gruppe angelegt werden und sich dann die Toleranzen der in der Gruppe befindlichen Bohrer ergänzen, macht das die Weiterverarbeitung der gebohrten Bauteile in jeglicher Hinsicht nicht besser." 

Video Auf der Internetseite von Macontic ist ein rund achteinhalbminütiges Video zu finden. Darin wird die Funktionsweise von SmartDIM erklärt. 

Version 2.0 ist in Arbeit

Die Programmierer von Macontic entwickeln die Software bereits weiter. Bei der zweiten Version von SmartDIM sollen die Nutzer der Software etwa einen Hinweis erhalten, dass einer oder mehrere der Bohrer stumpf sein könnten. "Beim Scannen der Testplatte erkennt ein Algorithmus, ob die Ausrisse an den Rändern der Bohrung einen gewissen Toleranzwert überschritten haben, so dass es naheliegend ist, diesen Bohrer auszutauschen", erklärt Eckhard Kukatsch.  

Handwerk braucht Automatisierung

Im Handwerk steckt noch viel Potenzial, um die Arbeit effizienter zu gestalten. Dies wird mit Blick auf den Fachkräftemangel auch notwendig sein. Entsprechend lautet die These von Eckhard Kukatsch: "Wir müssen es hinkriegen, dass 80 Prozent der wiederkehrenden Arbeiten automatisiert von einer Maschine oder von einer Software erledigt werden. Dann kann sich der Mensch auf die restlichen 20 Prozent konzentrieren."

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Text: / handwerksblatt.de

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