Controlling: Die Datenbasis muss stimmen
Bei der Vor- und Nachkalkulation werden im Handwerksbetrieb zu oft Äpfel mit Birnen verglichen. Oder es wird mit alten Zahlen gerechnet. Tipps von Steuerberater Thomas Lückel.
Bei der Vor- und Nachkalkulation im Handwerksbetrieb werden zu oft Äpfel mit Birnen verglichen. Oder es wird mit alten Zahlen gerechnet, sagt Steuerberater Thomas Lückel, Geschäftsführer der Lückel & Partner Steuerberatung KG aus Bad Berleburg. Ein gut funktionierendes Controlling-System mit tagesaktueller digitaler Buchführung würde das verhindern.
Steuerberater Thomas Lückel Foto: © Thomas LückelHandwerksblatt: Herr Lückel, Sie sagen, die Betriebe machen immer noch zu viele Fehler bei der Vor- und Nachkalkulation, also der Planung und Ergebniskontrolle, ihrer Aufträge. Welche Fehler sind das?
Thomas Lückel: In vielen Fällen werden bei der Vorkalkulation die Stundensätze und Zuschläge auf Material und Fremdleistungen falsch berechnet, da die Datenbasis nicht stimmt oder Berechnungsvorlagen falsch interpretiert werden. Darüber hinaus wird sehr häufig mit alten Zahlen gerechnet. Die Stundensätze und Zuschlagssätze für das laufende Geschäftsjahr können nur dann korrekt ermittelt werden, wenn auch eine entsprechende Ertragsplanung für das laufende Geschäftsjahr erstellt wurde. Bei der Nachkalkulation werden sehr häufig die Zuschläge auf Material und Fremdleistungen vergessen beziehungsweise falsch zugeordnet, sodass die Aufträge häufig zugunsten der Stunden schöngerechnet werden.
Handwerksblatt: Was sollte der Handwerker beachten, wenn er diese Fehler vermeiden will?
Lückel: Die Datenbasis muss stimmen. Er muss die Anzahl der produktiven beziehungsweise verrechenbaren Stunden ermitteln und mit der Kalkulation abstimmen. Die Stunden, Materialien und Fremdleistungen müssen dem Auftrag sauber und zeitnah zugeordnet werden. Nachträge müssen gesondert ausgewiesen werden, um nicht Äpfel mit Birnen zu verwechseln.
Handwerksblatt: Was sind die negativen Konsequenzen?
Lückel: Die Konsequenzen sind vielfältig, gehen aber immer zu Lasten der Ertragslage. Diese Fehler wirken sich sofort zu 100 Prozent negativ auf den Gewinn aus.
Handwerksblatt: Welches Verfahren hat sich im Handwerk bewährt?
Lückel: Bei den meisten Gewerken reicht es aus, wenn in der Vor- und Nachkalkulation mit einem einheitlichen Stundensatz kalkuliert wird.
Handwerksblatt: Oft hapert es ja bei der monatlichen Auswertung, der BWA, da die Teilfertigen Leistungen nicht oder nicht richtig bewertet werden.
Lückel: Bei den Teilfertigen Leistungen müssen Zuschläge und der Leistungsstand der Baustelle bewertet werden. Darüber hinaus bedarf es einer ganz engen Abstimmung mit der Buchhaltung. Nur wenn diese eine Topqualität hat und laufend mit der Baustellenbewertung abgeglichen wird, können die monatlichen Zahlen überhaupt stimmen. Die monatlichen Schwankungen sind häufig extrem und entsprechen nicht der tatsächlichen betrieblichen Entwicklung. Wenn diese Abgrenzungen nicht sauber ermittelt und gebucht werden, stimmt kein einziger Monat in der BWA. Der Handwerker weiß in diesem Fall nie genau, wo das Unternehmen tatsächlich steht. Das sollte aber der Anspruch sein.
Handwerksblatt: Auch die Frage, wie es um die unternehmerische Liquidität bestellt ist, sollte immer im Fokus stehen. Gibt es dafür bewährte Strategien?
Lückel: Zahlungsunfähigkeit ist auch in Zeiten der Hochkonjunktur immer noch die häufigste Ursache für Unternehmensinsolvenzen. Insbesondere bei Handwerksunternehmen mit einer sehr hohen Wertschöpfungskette ist es ganz wichtig, die Liquidität im Blick und im Griff zu halten.
Handwerksblatt: Was empfehlen Sie da?
Lückel: Eine korrekte Ermittlung und Verbuchung der Teilfertigen Leistungen, eine korrekte Verbuchung der Anzahlungen und eine tagesaktuelle – digitale – Buchhaltung, gegebenenfalls mit einer tagesaktuellen Liquiditätsplanung. Bei den Anzahlungen sind nicht nur die erhaltenen Anzahlungen, sondern auch die angeforderten Anzahlungen zu buchen. Viele Betriebe und deren Steuerberater machen von diesem Wahlrecht aus Vereinfachungsgründen keinen Gebrauch. Anzahlungsrechnungen werden häufig nur dann in der Buchhaltung erfasst, wenn sie gezahlt sind. Das ist bei Handwerksunternehmen überhaupt nicht zu empfehlen, da zum einen die Offene-Posten-Liste nie stimmt und auch nie ein Abgleich zwischen Anzahlungen (erhalten und angefordert) und den Teilfertigen Leistungen möglich ist. Nur wenn die Teilfertigen Leistungen korrekt ermittelt und auch die Anzahlungen korrekt verbucht wurden, ist ein laufender Abgleich möglich und der Unternehmer hat auf Unternehmensebene immer einen Überblick, ob und wenn ja, in welcher Höhe Baustellen vorfinanziert werden. Voraussetzung ist natürlich immer eine tagesaktuelle Buchhaltung. Darüber hinaus ist auch eine tagesaktuelle Liquiditätsplanung möglich. Der Unternehmer hat dann immer einen Überblick, wie sich seine kurzfristige Liquidität in den nächsten Wochen entwickelt.
Die Fragen stellte Kirsten Freund
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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