Büroalltag: Langsamer Abschied von Papier und Aktenordnern
E-Mail statt Brief, Cloud statt Akten, PDF statt Ausdruck: Deutsche Büros sagen adieu zu Papier und Ordnern. Insgesamt sei der Digitalisierungsgrad aber "bescheiden", sagt der Digitalverband Bitkom. Vor allem die Skepsis gegenüber KI ist groß.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Digitales Handwerk
Rund 600 Unternehmen ab 20 Beschäftigten hat der Digitalverband Bitkom zum Stand der Digitalisierung im Büro befragt. Die Unternehmen selbst beurteilen ihren Fortschritt bei der Digitalisierung der Geschäfts- und Verwaltungsprozesse als eher bescheiden. Immerhin geht die Papiernutzung in Form von Briefen oder der Aktenablage im Zeitalter von Cloud, Mail und PDF etwas zurück: Drei von zehn der deutschen Unternehmen heute deutlich weniger Papier als noch vor fünf Jahren, vier von zehn nutzen immerhin etwas weniger.
- Jedes neunte Unternehmen sieht sich an der Spitze, was Digitalisierungsprozesse angeht (elf Prozent)
- Ein Drittel nimmt sich als Vorreiter wahr (37 Prozent)
- Knapp die Hälfte der Unternehmen bezeichnet sich als Nachzügler (49 Prozent)
- Ein Prozent der Unternehmen gibt sogar an, den Anschluss bei der Digitalisierung verpasst zu haben
"Deutsche Unternehmen müssen die Digitalisierung jetzt konsequent vorantreiben, von der Planung in die Umsetzung übergehen und in digitale Kompetenzen und Infrastruktur investieren – nur so sichern sie ihre Zukunftsfähigkeit", sagt Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bitkom.
Wie sieht es aus bei Aktenordnern?
Ein erkennbarer Schritt in Richtung digitalisierter Büros sei die rückläufige Zahl der Aktenordner:
- Über die Hälfte der Unternehmen hat heute weniger Aktenordner in den Büros stehen als noch vor fünf Jahren (57 Prozent).
- Jedes fünfte Unternehmen nutzt sehr viel weniger (20 Prozent),
- etwa ein Drittel eher weniger (37 Prozent),
- ebenfalls ein Drittel hat unverändert viele Ordner im Regal stehen (34 Prozent).
- Vier Prozent haben mehr Ordner angeschafft und
- jedes hundertste Unternehmen hat die Anzahl der Aktenordner stark erhöht (ein Prozent).
Welche Abteilungen setzen nach wie vor auf Ordner?
- Bei fast allen Unternehmen, die noch Aktenordner nutzen, gibt es sie in der Personalabteilung (94 Prozent),
- bei 91 Prozent sind sie nach wie vor in der Buchhaltung oder im Controlling im Einsatz.
- Auch in der Geschäftsführung oder dem Management stehen bei acht von zehn Unternehmen noch Ordner im Schrank.
- Etwas weniger häufig, und zwar in je rund zwei Dritteln der Unternehmen, tauchen sie im Kundenservice und Vertrieb (69 Prozent)
- oder in der Logistik (65 Prozent) auf.
- In der Produktion oder Fertigung sind Ordner eher eine Seltenheit (30 Prozent).
Warum treiben die Unternehmen die Digitalisierung voran?
Der Bitkom wollte in der repräsentativen Umfrage auch wissen, warum sich die Unternehmen für digitales Arbeiten entscheiden und weg vom analogen kommen. Mehrfachnennungen waren möglich.
- 94 Prozent der befragten Unternehmen digitalisieren Prozesse, um nachhaltiger zu werden
- 92 Prozent möchten Kosten sparen
- Drei Viertel wollen effizienter und transparenter arbeiten (77 Prozent)
- 74 Prozent wollen ihre Beschäftigten durch Digitalisierungsmaßnahmen entlasten
- 88 Prozent wollen durch die Digitalisierung den Anforderungen ihrer Kundinnen und Kunden besser gerecht werden
- 85 Prozent möchten ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder steigern.
- 74 Prozent möchten sich gegenüber Bewerberinnen und Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber positionieren (74 Prozent)
- 65 Prozent wollen so dem Fachkräftemangel begegnen
- Acht von zehn Unternehmen setzen gesetzliche Vorgaben um
Wie kommunizieren die Unternehmen heute?
Briefe und vor allem das Fax befinden sich auf dem Rückzug, so die Umfrage. "Die Unternehmen setzen auf Messenger, Portale und Kollaborationstools."
- Etwas über ein Drittel der Unternehmen nutzt sehr häufig oder häufig Briefpost (39 Prozent),
- Ein knappes Fünftel nutzt noch Faxgeräte (18 Prozent).
- Jedes Unternehmen nutzt sehr häufig oder häufig E-Mails (100 Prozent)
- Fast alle kommunizieren regelmäßig per Smartphone (94 Prozent).
- Auch das klassische Festnetz-Telefon (93 Prozent) ist weit verbreitet
- Videokonferenzen werden von zwei Dritteln der Unternehmen regelmäßig genutzt werden (67 Prozent).
- Messenger-Dienste gewinnen an Beliebtheit: Sie werden ebenfalls von zwei Dritteln sehr häufig oder häufig für die interne oder externe Kommunikation eingesetzt (66 Prozent, 2024: 61 Prozent).
- Außerdem im Kommen sind Kunden- oder Mitarbeiter-Portale mit 53 Prozent gegenüber 47 Prozent in 2024.
- Etwa die Hälfte der Unternehmen setzt zudem regelmäßig Textchats bzw. Kollaborationstools ein (48 Prozent),
- gefolgt von den sozialen Medien, die über ein Drittel sehr häufig oder häufig zur Kommunikation nutzt (36 Prozent).
"Telefongespräche und E-Mails bleiben weiterhin die meistgenutzten Kommunikationswege – aber Anwendungen wie Messenger-Dienste, Online-Portale und Kollaborationstools gewinnen immer mehr an Bedeutung", so Rohleder.
Wie steht es um den KI-Einsatz mit Chatbots etc.?
Im Kundensupport per Chat oder bei der automatischen Beantwortung von Rückfragen zu Rechnungen in der Buchhaltung kommt immer häufiger KI zum Einsatz.
- 58 Prozent der befragten Unternehmen wollen in Zukunft IT-Lösungen mit integrierten KI-Chatbots nutzen.
- Die Hälfte deutscher Unternehmen ist überzeugt, dass KI-Chatbots in Zukunft einen Großteil dieser Kommunikation übernehmen werden (50 Prozent).
- Momentan nutzt erst jedes achte Unternehmen einen KI-Chatbot für Kunden- oder Mitarbeiterservice (13 Prozent).
Die Unternehmen achten darauf, aus welchem Land die Technik stammt und ob sie vertrauenswürdig ist. "Das Bewusstsein für die immense Bedeutung digitaler Souveränität ist in den deutschen Büros angekommen. Neben der Politik sind die Unternehmen selbst gefordert, einen Beitrag zur Herstellung und Sicherung dieser Souveränität zu leisten", kommentiert Rohleder das Umfrage-Ergebnis.
KI-Einsatz in deutschen Büros zögerlich
Fast zwei Drittel der Unternehmen glauben, dass KI helfen wird, ihre Beschäftigten bei Routineaufgaben in Geschäfts- und Verwaltungsprozessen zu entlasten – und auch die Produktivität in diesem Kontext wird durch den KI-Einsatz deutlich gesteigert, sagen 44 Prozent der Unternehmen.
- Am weitesten verbreitet sind KI-Lösungen bisher für die automatisierte Verarbeitung von E-Mails (20 Prozent).
- Zur automatischen Erkennung von Fehlern in der Buchhaltung wird KI in jedem sechsten Unternehmen eingesetzt (17 Prozent).
- Jeweils elf Prozent nutzen KI, um Termine intelligent zu verwalten oder
- um Unternehmenssoftware wie ERP- oder CRM-Systeme zu optimieren.
- Bei sechs Prozent der Unternehmen unterstützt KI in der Erstellung von Präsentationen,
- Drei Prozent nutzen sie zur Generierung automatischer Meeting-Protokolle.
- Bei der Programmierung oder in der Prozessoptimierung mittels Predictive Analytics ist der KI-Einsatz noch kaum verbreitet – in diesen Bereichen findet sie lediglich bei je zwei Prozent der Unternehmen Anwendung.
Der Widerstand in der Belegschaft sei noch groß, sagt Bitkom. Gut die Hälfte der Unternehmen nimmt seine Beschäftigten einem KI-Einsatz gegenüber als skeptisch wahr. Drei Viertel der Unternehmen warten zudem erst einmal ab, welche Erfahrungen andere dabei machen. Die Hälfte glaubt, der Einsatz von KI in den Geschäfts- und Verwaltungsprozessen lohne sich nicht.
Bitkom-Chef Rohleder warnt: "Abwarten ist bei einer Technologie wie der Künstlichen Intelligenz die falsche Strategie – wer zu spät einsteigt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Unternehmen müssen jetzt anfangen, KI-Lösungen einzuführen und Mitarbeitende entsprechend auszubilden."
Unternehmen sollten ihre Abläufe systematisch auf Einsatzmöglichkeiten für digitale Anwendungen überprüfen. "Nach dem Prinzip 'Digital First' gilt es, für neue Prozesse direkt digitale Lösungen einzuführen – und auf allen Ebenen die Akzeptanz und Kompetenz zu fördern, um entsprechende Technologien sinnvoll zu nutzen."
Quelle: Bitkom
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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