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HWK Trier | Mai 2025
Beratung: Beruflich weiterkommen im Handwerk
Persönliche Beratung beim "Zukunftstreffer" :Die nächste Sprechstunde ist am Dienstag, 13. Mai, von 16. bis 17.30 Uhr.
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Mai 2011
Den Betrieb trotz Pleite behalten und weniger als zehn Prozent der Gesamtschulden zahlen? Klingt wie ein Märchen. Ist aber möglich.
Vorsorgen ist besser als heilen – diese Weisheit sollten Handwerksunternehmer besonders beherzigen, wenn es um einen drohenden Konkurs geht. Denn heutzutage kann der Pleitegeier schneller über einer Firma schweben, als mancher Unternehmer ahnt. Und wenn es dem eigenen Betrieb gut geht, handelt man angstfrei, ohne Druck und hat gegenüber seinen Verhandlungspartner eine erheblich bessere Ausgangsposition, betont Insolvenzberater Ralph Kleine.
Diese Vorsorge hat den Insolvenzplan als Rettungsanker zum Ziel. Dieses Verfahren ist nicht ganz neu, es wurde im Rahmen der Insolvenzrechtsreform 1999 eingeführt. Aber kaum einer kennt es und nur ganz wenige nutzen es: Der Anteil der Insolvenzpläne an den eröffneten Insolvenzverfahren liegt bei unter einem Prozent.
Dabei sind sich die Experten einig, dass der Insolvenzplan eine höchst lobenswerte und nützliche Einrichtung ist. Denn sein Ziel ist, den insolventen Betrieb leichter zu sanieren und in eigener Regie fortzuführen und nicht in erster Linie die Ansprüche der Gläubiger zu bedienen. Das ist nicht nur ein Vorteil für den Inhaber, der sein geliebtes Unternehmen behalten kann. Sondern auch ein Gewinn für die Gläubiger. Mit einem Insolvenzplan behält der Inhaber Einfluss auf die Geschicke seines Unternehmens und kann die weiteren Entscheidungen beeinflussen. Seine Sachkenntnis bleibt dem Betrieb erhalten.
Forschungsergebnisse des Instituts für Mittelstandsforschung zeigen zudem: Durch einen Insolvenzplan bekommen die Gläubiger meistens eine höhere Insolvenzquote, mehr Arbeitsplätze werden gerettet, Geschäftsbeziehungen bleiben erhalten, kurz: Der volkswirtschaftliche Schaden ist erheblich geringer als bei einer Zerschlagung des Betriebs.
Warum sich dennoch so wenige Menschen mit der Möglichkeit eines Insolvenzplans befassen, ist für Ralph Kleine leicht zu erklären: Denn das Verfahren ist kompliziert und nur wenige Berater beherrschen es. "Dazu kommt der mit einer Pleite verbundene Makel in Deutschland", erklärt Kleine. Deshalb hätten viele Handwerksunternehmer Angst, ihren Betrieb als bedroht zu "outen". Denn dann drohe den meist tief im Ort verankerten Handwerksfirmen die "gesellschaftliche Ächtung".
Hilfe bietet zum Beispiel das Institut für Weiterbildung und Beratung des Vestischen Mittelstandes (IWB), dass regelmäßig Seminare mit Insolvenzberater Kleine veranstaltet. Das IWB arbeitet mit den Handwerkskammern Münster und Düsseldorf zusammen und gehört der Kreishandwerkerschaft Recklinghausen. Viele Kreishandwerkerschaften haben ähnliche Weiterbildungseinrichtungen.
Dabei ist die Scheu vor einem Insolvenzverwalter überflüssig: Denn der darf zwar nach oben Grenzen setzen und Firmen ablehnen, die für ihn zu groß sind. In umgekehrter Richtung ist das nicht erlaubt: Er muss auch die kleinste Klitsche als Kunden akzeptieren. Denn das Gesetz unterscheidet bei der Rettung von Betrieben nicht zwischen Karstadt und einem Kleinstbetrieb.
Mehr dazu:Datenbanken & Infos zum Insolvenzgeschehen"Meiner Firma geht's gut!" Wer meint, er kann sich mit diesem Argument drücken und die Planung für den Fall eines Konkurses vernachlässigen, ist blauäugig. Zum Beispiel, weil die Wirtschaftskrise das Eigenkapital vieler Firmen angeknabbert hat. Diese können Aufträge häufig nicht mehr vorfinanzieren und bekommen oft kein Geld von den Banken mehr.
Auch wer – aus welchen Gründen auch immer – in Rückstand bei den Sozialversicherungsbeiträgen gerät, muss wissen: Die Sozialversicherungsträger "agieren relativ gnadenlos" (Kleine). Auch das Finanzamt holt schneller als man denkt, zum Doppelschlag aus, fordert Nach- und Vorauszahlung gleichzeitig oder akzeptiert den Antrag auf die Herabsetzung der Steuervorauszahlungen nicht. Und schon bei den geringsten Bagatellverbindlichkeiten werden die Finanzbeamten aktiv und ein Schufa-Eintrug droht. Dann gibt es bei der Bank ruckzuck keinen Kredit mehr. Oder ein großer Kunde zahlt nicht und der eigene Betrieb gerät dadurch in die finanzielle Schieflage.
Das Fazit ist aus der Sicht von Sanierungsberater Kleine ganz einfach: "Wirtschaftliche Krisen sind wie Bahnverkehr. Man sollte beizeiten am Bahnhof stehen und nicht erst, wenn der Zug abgefahren ist."
Viele Vorsorgetipps hängen mit der Gläubigerversammlung zusammen, die bei einem Insolvenzplan gebildet wird. Die Gläubiger werden nach der jeweiligen Rechtsstellung ihrer Forderungen und wirtschaftlichen Interessen in Gruppen eingeteilt. Dazu gehören zum Beispiel Mitarbeiter, Familie, Kleingläubiger, Lieferanten, öffentliche Kassen und Geldgeber wie Banken, Leasing- oder Factoringgeber.
Alle Gläubigergruppen werden gleichbehandelt, Sie brauchen nur deren mehrheitliche Zustimmung. Gelingt das, kann Ihnen einen Insolvenzplan nicht nur den Betrieb in Ihrem Besitz erhalten, sondern auch sehr viel Geld sparen.
Wer für den Fall der Fälle vorsorgen will, steht vor der entscheidenden Hürde: Wer kann ihm dabei helfen? Reicht nicht die Sachkenntnis eines Handwerksunternehmer? Natürlich bekommt er in der Meisterschule das wichtigste betriebswirtschaftliche Wissen vermittelt. Aber für die Erarbeitung eines Insolvenzplans reicht das nicht. Schon alleine, weil sich ständig etwas ändert, die letzte Reform des Insolvenzrechts ist gerade einmal drei Jahre her.
Banken und Steuerberater sind auch die falschen Ansprechpartner. Zwar ist eine gute Beziehung zur Hausbank immer wichtig und in Krisenzeiten geradezu unersetzlich, dennoch gilt: Die Geldinstitute haben immer und zuerst ihre eigenen Interessen im Blick. Auch Steuerberater sind in diesem Fall nicht die richtigen Ratgeber, betont Sanierungsexperte Ralph Kleine: "Das ist schlicht nicht ihre Aufgabe." Der erste Weg sollte zur Betriebsberatung der Handwerkskammern führen, rät der Experte. Dort können Unternehmer einen Insolvenzplan einfordern oder nach qualifizierten Beratern fragen.
Kammer | Ansprechpartner | Telefon | ||
Bielefeld | Betriebsberatung | 0521/ 56 08-444 | betriebsberatung@handwerk-owl.de | |
Dortmund | Holm Schäfer | 0231/ 54 93-414 | holm.schaefer@hwk-do.de | |
Düsseldorf | Manfred Steinritz | 0211/ 82055-328 | steinritz@hwk-duesseldorf.de | |
Kaiserlautern | Bernd Bauerfeld | 0631/ 36 77-104 | b.bauerfeld@hwk-pfalz.de | |
Koblenz | Stephanie Binge | 0261/ 3 98-248 | stephanie.binge@hwk-koblenz.de | |
Köln | Dirk Hecking | 0221/ 20 22-346 | hecking@hwk-koeln.de | |
Leizpzig | Andrea Mücke | 0341/ 75 22 91 | muecke.wifoe@hwk-leipzig.de | |
Mainz | Werner Maser | 06131/ 99 92-713 | w.maser@hwk.de | |
Münster | Helmut Bogatzki | 0251/ 52 03-204 | helmut.bogatzki@hwk-muenster.de | |
Saarbrücken | Albert Eberhardt | 0681/ 58 09-135 | a.eberhardt@hwk-saarland.de | |
Südwestfalen | Ulrich Dröge | 02931/ 8 77-116 | ulrich.droege@hwk-swf.de | |
Trier | Lieselotte Nell | 0651/ 207-113 | LNell@hwk-trier.de | |
Cottbus | Heike Krisch | 0355/ 78 35-155 | krisch@hwk-cottbus.de | |
Frankfurt (Oder) | Frank Ecker | 0335/ 56 19 128 | frank.ecker@hwk-ff.de | |
Potsdam | Ralph Bührig | 0331/ 37 03-132 | ralph.buehrig@hwkpotsdam.de | |
Ost-MW | Christian Schiffner | 0395/ 55 93 131 | schiffner.christian@hwk-omv.de |
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Ein mittelständischer Handwerksbetrieb mit 15 Mitarbeitern gerät in Schieflage. Sein größter Kunde zahlt die Rechnungen nicht, weil er selbst Insolvenz anmelden musste. Der Betriebsinhaber entscheidet sich aus ökonomischen Gründen ein Insolvenzverfahren zu eröffnen und legt einen Insolvenzplan vor, den er vorher mit den Gläubigern verhandelt hat. Der mittelständische Betrieb hat Gesamtverbindlichkeiten von 260.000 Euro.
Der Inhaber entschließt sich, einen Insolvenzberater ins Boot zu holen. Für diese Beratung handelt der Betrieb ein angemessenes Honorar aus – ansonsten ist auch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars möglich. Seriöse Berater berechnen übrigens für eine Erstberatung nichts.
Weil der Insolvenzplan von den Gläubigergruppen – wie in diesem Fall – akzeptiert wurde, musste der Betrieb insgesamt von nicht mehr als 26.000 Euro und damit nur zehn bis 15 Prozent der Schuldsumme bezahlen. Außerdem kann der Inhaber des Handwerksbetriebs sein Unternehmen weiterführen, erklärt Insolvenzberater Ralph Kleine und betont: "Das ist kein Märchen."
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