Mutterschutz für Selbstständige: NRW startet Bundesratsinitiative
"Mutterschutz für Selbstständige ist längst überfällig", sagt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. Das Landeskabinett bringt nun im Bundesrat einen Entschließungsantrag dazu ein.
2022 wurden 31 Prozent der gewerblichen Gründungen in Nordrhein-Westfalen von Frauen angemeldet, in den freien Berufen waren es rund 52 Prozent. Die Gründungstätigkeit von Frauen sank zuletzt bundesweit, so die KfW. Problematisch wird es für die Gründerinnen und selbstständige Frauen immer dann, wenn sie schwanger werden.
Beim Mutterschutz während der Schwangerschaft und nach der Geburt sind Selbstständige bislang stark benachteiligt. Sie müssen nicht nur den zeitlich Ausfall verkraften, sondern haben in der Gründungsphase häufig wenig oder keine Rücklagen, auf die sie zurückgreifen können. Und eine Vertretung gibt es in den allermeisten Fällen auch nicht.
Während ihrer Schwangerschaft im Jahr 2021 startete Johanna Röh die Petition #meinewerkstattbleibt Foto: © juergenpfriedrichDass über die bessere Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Schwangerschaft aktuell so viel gesprochen wird, ist vor allem Tischlermeisterin Johanna Röh zu verdanken. Die Unternehmerin hat während ihrer Schwangerschaft 2021 eine erfolgreiche Petition und die "Initiative Mutterschutz für Alle!" ins Leben gerufen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus sprach sich daraufhin Ende 2022 für den Mutterschutz für Selbstständige aus.
Am 18. September 2023 gab es eine öffentliche Anhörung im Bundestag, bei der unter anderem Johanna Röh als Sachverständige gehört wurde.
Auf Initiative von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hat nun das Landeskabinett am 5. März 2024 im Bundesrat einen Entschließungsantrag zum Mutterschutz für Selbstständige eingebracht. Mit der Bitte, diesen auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 22. März 2024 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Darin heißt es unter anderem, dass besonders für Unternehmerinnen im Handwerk die Risikofaktoren oft zusammentreffen würden: Die Unternehmen seien in der Regel eher klein, so dass eine Vertretung aus dem Betrieb heraus schwer sei. Die handwerkliche Arbeit sei oft körperlich belastend, zudem sei in dieser Lebens- und Unternehmensphase der Investitionsbedarf und damit die Zinslast häufig sehr hoch. Für Gründerinnen und Selbstständige, vor allem in körperlich arbeitenden Berufszweigen, müssten deshalb Instrumente geschaffen werden, die einerseits Frauen den Rückhalt geben zu gründen und andererseits schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern.
Mona Neubaur betont: "Mutterschutz für Selbstständige ist längst überfällig. Alle, die ein Kind bekommen, müssen auch das Recht auf einen gesetzlichen Schutz haben. Eine Schwangerschaft darf für Selbstständige nicht die Bedrohung ihrer unternehmerischen Existenz bedeuten."
Genauso wenig dürfe die Familienplanung Frauen davon abhalten, ein Unternehmen überhaupt erst zu gründen. "Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dieses enorme unternehmerische und volkswirtschaftliche Potenzial ungenutzt zu lassen. Wenn wir die Nachteile für Selbstständige abbauen, tun wir etwas für die Gleichstellung und gegen den Fachkräftemangel. Deshalb setzen wir uns im Bundesrat dafür ein, gleichwertigen Mutterschutz zu schaffen", sagte Neubaur bei einem Austausch mit mit Unternehmerinnen in Düsseldorf zu Aspekten der Vereinbarkeit von Firma und Familie, von Schwangerschaft und Elternzeit zum Anlass des Weltfrauentages.
Hintergrund zum MutterschutzgesetzDas Mutterschutzgesetz umfasst derzeit nur den Schutz von Müttern, die in einem Beschäftigungsverhältnis arbeiten. Für Beamtinnen, Soldatinnen und Richterinnen gibt es gesonderte Regelungen. Für selbstständig tätige Frauen gelten die Schutzfristen nicht. Sie müssen selbst finanziell für die Zeit vor und nach der Geburt des Kindes vorsorgen, in der sie nicht arbeiten und deshalb auch keine Einnahmen erzielen können.
Die Ausfallzeiten selbstständiger Frauen durch die Schwangerschaft und Geburt führen dann zu Auftragseinbußen und Umsatzrückgängen. Junge Unternehmen, die in der Regel noch keine Rücklagen für eine ausreichende Vorsorge bilden können, kann die Insolvenz und damit auch der Verlust von Arbeitsplätzen und Lehrstellen drohen. Familie und Beruf so gut wie möglich vereinbaren zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für Frauen, Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen.
Bundesratsinitiative der Landesregierung NRWDie Bundesratsinitiative der Landesregierung unterstützt das Ziel, den Frauenanteil bei Gründungen und in der Geschäftsführung von Start-Ups sowie bei kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen. Außerdem will sie für Frauen und Männer gleichwertige Verhältnisse in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Selbstständigkeit schaffen. Quelle: MWIKE NRW
Was ist eine Bundesratsinitiative? Mittels einer Bundesratsinitiative haben die Länder in Deutschland die Möglichkeit, über den Bundesrat auf die Bundesgesetzgebung und die Bundespolitik Einfluss zu nehmen. Quelle: Wikipedia
Quelle: MWIKE NRW; DHB
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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