Strafzinsen: Bald nur noch 1,8 statt sechs Prozent
Die neuen Nachzahlungszinsen sollen künftig bei 1,8 Prozent liegen. Jahrelang kassierten die Finanzämter sechs Prozent im Jahr. Bis das Bundesverfassungsgericht das für verfassungswidrig erklärte.
Die Finanzämter dürfen rückwirkend ab 1. Januar 2019 nicht mehr sechs Prozent Nachzahlungszinsen berechnen. Künftig dürfen sie voraussichtlich nur noch 1,8 Prozent verlangen. Das geht aus einem aktuellen Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums hervor.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die jahrzehntelang geltenden sechs Prozent Steuerzinsen pro Jahr oder 0,5 Prozent pro Monat im August 2021 für verfassungswidrig erklärt. Das betrifft Steuernachzahlungen und Steuererstattungen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für die Zinszeiträume ab Januar 2019 zu treffen.
Der Gesetzentwurf soll laut eines Berichts des Handelsblatts Ende März ins Kabinett kommen. Danach muss er vom Bundestag beschlossen werden.
Ecovis-Steuerberater Alexander Kimmerle erläutert die Details:
Wie hoch sollen die neuen Zinssätze sein?
"Der Zinssatz, der rückwirkend ab 1. Januar 2019 von den Finanzämtern anzuwenden ist, soll sich monatlich auf 0,15 Prozent belaufen und somit 1,8 Prozent pro Jahr betragen", berichtet Steuerberater Alexander Kimmerle aus Kempten.
Ab wann und für welche Steuerjahre gilt der neue Zinssatz?
Steuerberater Alexander Kimmerle. Foto: © EcovisSeit 2014 sind die Zinsen grundsätzlich verfassungswidrig, da sie realitätsfern sind. Das Verfassungsgericht gestattete dem Gesetzgeber jedoch, dass er erst ab 2019 die Verzinsung neu regeln muss. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht.
Die neuen Zinssätze gelten damit erst ab dem Jahr 2019 für die Finanzämter. "Für alle Zinsmonate bis einschließlich Dezember 2018 wird es also bei 0,5 Prozent pro Monat bleiben, danach müssen Steuerzahler nur noch einen Monatszinssatz von 0,15 Prozent bezahlen", so Kimmerle.
Was ist mit anderen Steuerzinsen?
Gelten die künftigen niedrigeren Zinsen auch für Steuerhinterziehungszinsen, Aussetzungszinsen und Stundungszinsen? "Leider nein", sagt Steuerberater Alexander Kimmerle. "Diese bleiben bei sechs Prozent pro Jahr. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Verzinsung nicht beanstandet."
Der Grund: Diese Art von Zinsen wären durch den Steuerzahler vermeidbar. Er könnte sich auch um eine günstige Alternativfinanzierung, beispielsweise ein Bankdarlehen, kümmern.
Drohen jetzt Nachzahlungen?
Bisher wurden bei neuen Steuerbescheiden keine Zinsen mehr festgesetzt. Drohen jetzt Nachforderungen oder kann man sich auf Erstattungen freuen? "Für alle Steuerbescheide, bei denen keine Zinsen mehr festgesetzt wurden, holen die Finanzämter das nach. Allerdings handelt es sich derzeit nur um einen Referentenentwurf. Es wird also noch etwas dauern, bis das Gesetz endgültig verabschiedet ist und zur Anwendung kommt", erklärt der Experte.
Was ist mit Erstattungszinsen?
Was passiert mit den Erstattungszinsen, die bei alten Steuerbescheiden schon für 2019 ausbezahlt wurden, da sie noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergangen sind? Kommt es zur Rückforderung durch das Finanzamt?
"In der Regel nein, denn es soll Vertrauensschutz gelten. Das Finanzamt wird die Erstattungszinsen also grundsätzlich nicht zurückfordern. Wird der Bescheid allerdings aus einem anderen Grund geändert, soll die Verrechnung von bisher festgesetzten Erstattungs- und Nachzahlungszinsen zum alten Zinssatz erfolgen. Erst bei Verrechnung über null, wird dann der neue Zinssatz angewandt." Betroffene sollten die Berechnung in jedem Fall überprüfen, rät der Experte.
Quelle: Ecovis
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben