Die Bäckerei-Verkäuferin verdiente monatlich rund 1.300 Euro netto.

Die Bäckerei-Verkäuferin verdiente monatlich rund 1.300 Euro netto. (Foto: © Dmytro/123RF.com)

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Sittenwidriger Kreditvertrag für Bäckerei-Verkäuferin

Betriebsführung

Eine Bank verlangte von einer Bäckerei-Verkäuferin, dass sie einen Kreditvertrag ihres Partners mit unterschreibt. Das war sittenwidrig, urteilte das OLG Oldenburg. Denn das Geldhaus wusste, dass die Frau damit finanziell überfordert war.

Einen Darlehensvertrag von 90.000 Euro mit einem Gehalt von 1.300 Euro monatlich abstottern? Dass die junge Verkäuferin das finanziell gar nicht stemmen konnte, sollte jedem Bankmitarbeiter klar sein. Zumal sie nur ihrem Partner zuliebe unterschrieben hatte. Das Oberlandesgericht Oldenburg stellte sich schützend vor sie und attestierte der Bank sittenwidriges Verhalten.

Der Fall

Eine 20-jährige Bäckerei-Verkäuferin verdiente monatlich rund 1.300 Euro netto. Auf Bitten ihres damaligen Partners willigte sie ein, seinen Kreditvertrag bei einer Bank mit zu unterzeichnen. Er hatte ihr vorgemacht, dass er das Geld für ein Auto benötige. Allerdings hatte ihr Freund in Wirklichkeit andere Absichten – er plante hauptsächlich, alte Kreditverpflichtungen umzuschichten. Der Kreditvertrag belief sich auf rund 90.000 Euro, wofür er monatlich eine Rate von etwa 1.000 Euro begleichen sollte. Doch zwei Jahre später konnte er diese Verpflichtung nicht mehr erfüllen. Infolgedessen kündigte die Bank den Kreditvertrag. Da er auch den verbleibenden Betrag von 50.000 Euro nicht zurückzahlen konnte, reichte die Bank eine Klage gegen seine  – inzwischen ehemalige – Freundin ein, um die Zahlung einzufordern.

Das Urteil

Das Landgericht Osnabrück hatte noch der Bank recht gegeben. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg sah das anders und stellte sich auf die Seite der Verkäuferin.

Die Frau habe den Kredit nicht selbst aufgenommen, sondern lediglich eine Mithaftung übernommen. Obwohl solche Konstellationen rechtlich zulässig sind, befand das Gericht in diesem speziellen Fall den Vertrag als äußerst einseitig belastend und folglich für nichtig. Das Geschäft sei sittenwidrig, da er die Frau offensichtlich finanziell überforderte, erklärten die OLG-Richter. Aus diesem Grund sei sie trotz ihrer Unterschrift nicht verpflichtet, für die beträchtlichen Schulden ihres ehemaligen Partners aufzukommen.

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Bank hat die Situation ohne Anstand ausgenutzt

Der Bankmitarbeiter sei sich bei Vertragsabschluss darüber im Klaren gewesen, wie emotional abhängig die junge Frau von ihrem Freund war und wie gering ihr Einkommen ausfiel. Die Tatsache, dass sie nur ihrem Partner zuliebe den Kreditvertrag unterzeichnet hatte, sei offensichtlich. gewesen. Es widerspreche dem Anstandsgefühl, wenn Banken solch eine Situation ausnutzten. Außerdem habe die Verkäuferin nicht erkannt, wie riskant ihre Unterschrift war – sie hatte  angenommen, es gehe lediglich um 7.500 Euro für ein Auto.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 29. Juni 2023, Az. 8 U 172/22 

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Text: / handwerksblatt.de

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