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HWK Trier | Mai 2025
Beratung: Beruflich weiterkommen im Handwerk
Persönliche Beratung beim "Zukunftstreffer" :Die nächste Sprechstunde ist am Dienstag, 13. Mai, von 16. bis 17.30 Uhr.
Glückliche Individualisten oder Selbstständige, deren Einkommen kaum zum Leben reicht? (Foto: © Dmitry Kalinovski/123RF.com)
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Juni 2016
Eine neue Studie analysiert die Situation der Einmann-Betriebe. Alarmierend: Die Hälfte sorgt nicht für das Alter vor.
Sind sie arme Schlucker, die sich selbstständig machen, um der Hartz-IV-Falle zu entgehen? Rentner, die ihre Altersbezüge aufbessern? Individualisten, die am liebsten alleine arbeiten? Oder Handwerker, die schlicht die bürokratischen Hürden scheuen, die man meistern muss, wenn man Mitarbeiter einstellt? Vermutungen über die sogenannten Solo-Selbstständigen im Handwerk gab es viele, Fakten eher weniger. Das änderte sich mit der Studie über die Solo-Selbstständigkeit im Handwerk, die das ifh Göttingen 2013 veröffentlichte. Einer der Autoren war Dr. Klaus Müller, Geschäftsführer der Einrichtung mit dem komplizierten Namen "Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen e. V.".
Jetzt zog das Bundesarbeitsministerium nach und beauftragte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), eine aktuelle Kurzexpertise über die Einmann-Betriebe in der Gesamtwirtschaft zu erstellen.
Veränderungen: Vergleicht man die Ergebnisse der ifh-Studie und die aktuellen Daten aus der Handwerkszählung mit dem aktuellen DIW-Forschungsbericht fällt auf, dass auf den ersten Blick im Handwerk – im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft – die Zahl der Solo-Selbstständigen in den letzten Jahren nicht zurückgegangen ist. ifh-Geschäftsführer Müller relativiert diesen Gegensatz: Er vermutet, dass er vor allem auf eine veränderte methodische Datenbasis zurückzuführen ist. In der Handwerkszählung von 2013, die vor kurzem erschienen ist, wurden Unternehmen nicht erfasst, die weniger als 17.500 Euro Jahresumsatz haben. Das dürften meistens Solo-Selbstständige sein, Müller schätzt, dass es bundesweit davon über 100.000 gibt.
Armut: Der Stundenverdienst liegt nach der neuen DIW-Studie bei nur 18,86 Euro, rechnet man die Gutverdiener heraus, liegt der Verdacht nahe, dass viele Solo-Selbstständige kaum von ihren Einkünften leben können. Vorsicht, warnt Statistik-Experte Müller: Bei dem Ergebnis müsse man bedenken, dass viele Solo-Selbstständige noch andere Einkommensquellen hätten. Dazu gehörten zum Beispiel die Rentner (siehe Kasten). Oft werde das Haushaltseinkommen auch durch den Partner entscheidend aufgebessert. Außerdem hätten viele Solo-Selbstständige erst vor kurzem ihr Unternehmen gegründet, erklärt Müller: „Später wird sich ihr Einkommen verbessern.“
Geringverdiener: Friseure und Kosmetiker liegen auf dem letzten Platz der Verdiensttabelle in der DIW-Expertise. Das spricht gegen die These, dass vor allem gering Qualifizierte wenig verdienen. Der ifh-Geschäftsführer gibt zu bedenken: In diesen beiden Berufen gebe es viele Teilzeit-Selbstständige. Kosmetiker unterlägen außerdem nicht der Meisterpflicht. Selbst bei den Friseuren habe nur etwa die Hälfte der neuen Solo-Selbstständigen einen Meisterbrief.
Altersarmut: Beim Bundesarbeitsministerium hat vor allem ein Befund aus dem DIW-Forschungsbericht die Alarmglocken läuten lassen: Die Hälfte der Solo-Selbstständigen sorgt nicht für das Alter vor. Das berge ein "neues Risiko von Altersarmut und damit nicht zuletzt eine Belastung für die Allgemeinheit", warnte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. Auch ifh-Geschäftsführer Dr. Klaus Müller befürchtet, dass viele Solo-Selbstständigen in die Altersarmut abrutschen könnten. Als Gegenmittel empfiehlt er eine Reform der Altersvorsorge für die Selbstständigen, mit einer Kombination aus gesetzlicher und freiwilliger Rentenversicherung: "Eine rein gesetzliche Rentenversicherung würde die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung eher noch weiter verschlechtern."
Forderungen: Müller fordert außerdem, die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Solo-Selbstständigen, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind, und anderen Selbstständigen einzudämmen. "Dazu könnte beispielsweise eine reduzierte Umsatzsteuer für einige arbeitsintensive Leistungen – zum Beispiel bei den Friseuren – beitragen."
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