Bei vielen Unternehmen zeichnet sich ab, dass sie in diesem Jahr zum Teil deutlich weniger Umsatz als geplant erwirtschaften werden. Weil sie ihr Geschäft oder Café zum Beispiel während des Lockdowns lange schließen mussten, weil die Kunden ausbleiben oder Aufträge storniert werden.
Die Fixkosten laufen aber weiter, das Geld für die Ladenmiete und den Strom fehlt. Um diesen Unternehmen zu helfen, haben Bund und Länder zusätzlich zu den Corona-Soforthilfen und steuerlichen Hilfsmaßnahmen mit dem "pauschalierten Verlustrücktrag" eine unbürokratische Liquiditätshilfe geschaffen.
Die Betroffenen können bei ihrem Finanzamt beantragen, dass bereits in diesem Jahr absehbare Verluste mit Vorauszahlungen aus 2019 verrechnet werden. Sie können dann schnell mit einer Steuererstattung rechnen. Wir haben bei Harald Elster, Präsident des Steuerberaterverbandes Köln und des Deutschen Steuerberaterverbandes, nachgefragt.
Wer kann den pauschalierten Verlustrücktrag nutzen?
"Der pauschalierte Verlustrücktrag richtet sich an alle Unternehmer – egal ob sie als Einzelkämpfer, als OHG oder als GmbH unterwegs sind. Auch Steuerpflichtige mit Vermietungseinnahmen können davon profitieren", erklärt Steuerberater Harald Elster. Ziel ist es, in der Corona-Krise branchenübergreifend zügig Liquidität zu ermöglichen.
Der Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen im pauschalierten Verfahren kann gleichzeitig mit dem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 gestellt werden.
Welche Voraussetzungen gibt es?
Man darf noch keinen Steuerbescheid für 2019 in Händen halten und sollte durch die Corona-Krise einen Verlust in 2020 erwarten. "Im Vergleich zu den Vorjahren müssen sich die Einkünfte erheblich verringern, so dass 2020 voraussichtlich ein Verlustjahr wird", so Elster.
"Vereinfacht gesagt, legt das Finanzamt den prognostizierten Verlust den Vorauszahlungen zugrunde und erstattet sie."
Der Unternehmer sollte dabei beachten: Wenn 2020 kein Verlustjahr wird, dann muss er die Steuer für 2019 später zahlen. Das Finanzamt gewährt in diesen Fällen also nur ein zinsloses Darlehen.
Wie hoch kann die Erstattung sein?
"Als Verlust kann pauschaliert nur 15 Prozent des Gewinns, welcher den Vorauszahlungen 2019 zugrunde gelegt wurde, angesetzt werden." Der Verlustrücktrag darf maximal eine Million Euro (bei Einzelveranlagung) betragen. Wenn das Finanzamt beispielsweise für die Vorauszahlungen einen Gewinn von 80.000 Euro zugrunde legte, beträgt der rücktragbare Verlust 12.000 Euro.
Abhängig vom individuellen Steuersatz und von den für 2019 geleisteten Zahlungen können 6.000 Euro an den Unternehmer zurückfließen. Das Geld hätte es normalerweise erst nach Abgabe der Steuererklärung 2020 gegeben, also frühestens 2021.
(Nachtrag vom 4. Juni 2020: Laut dem Corona-Konjunkturpaket soll der Maximalbetrag künftig bei fünf Millionen Euro liegen bzw. zehn Millionen bei Zusammenveranlagung)
Wer nutzt die Neuregelung schon?
"Betriebe, die aktuell geschlossen sind, haben das als erste genutzt – etwa der Veranstaltungsbereich. Sie ächzen unter den Umsatzausfällen und müssen trotz Kurzarbeit laufende Kosten stemmen. Jeder Liquiditätsstrohhalm ist da willkommen", berichtet Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Harald Elster.
Das Handwerk treffe die Krise unterschiedlich: Friseure oder Kosmetiker waren aufgrund der Schließungen stark gebeutelt. "Bei Malereibetrieben brechen die Aufträge gerade erst nach und nach weg", beobachtet der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. "Die Corona-Krise ist ein unwägbarer Marathon für die Wirtschaft. Der pauschalierte Verlustrücktrag wird noch viele auf der Strecke stützen."
Wie aufwendig ist der Antrag?
Das pauschalierte Verfahren hat den Vorteil, dass keine aufwendigen Nachweise erforderlich sind. Es wird erwartet, dass die Finanzämter den Anweisungen von Bund und Ländern großzügig folgen.
Und in Zukunft?
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der sich für die steuerliche Verlustverrechnung eingesetzt hatte, plädiert dafür, das Instrument für eine längerfristige Liquiditätssicherung auf ein "zeitgemäßes Rücktragsvolumen" zu erhöhen und gleichzeitig den Rücktragszeitraum zu erweitern.
Mehr Steuerhilfen in Kürze:
Steuern stunden
Die in der Regel zinslose Steuerstundung kann man noch bis 31. Dezember beantragen. Die Finanzämter sollen hier keine strengen Anforderungen stellen. Das bedeutet, dass die Unternehmen den Wert entstandener Schäden nicht im Einzelnen belegen müssen.
Der Handwerksverband setzt sich dafür ein, dass die gestundeten Steuern später in großzügigen Raten getilgt werden können. Die Tilgung müsse so bemessen werden, dass die Betriebe wirtschaftlich nicht überfordert werden und dass sie erst nach einer wirtschaftlichen Erholung beginnt. Es dürfe hier auf keinen Fall zu einer Zinsbelastung kommen, so der ZDH.
Vorauszahlungen herabsetzen
Zusätzlich zur Steuerstundung kann man eine Herabsetzung der vierteljährlichen Vorauszahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer 2020 bis auf null Euro beantragen. Ein Instrument, das viele Betroffene schon genutzt haben oder nutzen wollen. Es muss aus dem Antrag hervorgehen, dass die Gewinne deutlich geringer ausfallen als bisher angenommen.
Gastronomie
Damit die Gastronomie wieder auf die Beine kommt, soll die Umsatzsteuer für Speisen ab dem 1. Juli befristet bis zum 30. Juni 2021 auf den ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent (statt 19 Prozent) gesenkt werden. Getränke sollen aber ausgenommen sein.
Steuerschulden?
Unternehmen und Selbstständige, die noch Steuerschulden beim Finanzamt haben, sollen bis Ende des Jahres von einer Vollstreckung (etwa Kontopfändung) verschont werden. Der Schuldner einer fälligen Steuerzahlung muss aber von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen sein.
Verwirkte Säumniszuschläge können zwischen dem 19. März und dem 31. Dezember 2020 erlassen werden.
Aufstockung von Kurzarbeitergeld
Viele Arbeitgeber stocken das Kurzarbeitergeld ihrer Mitarbeiter auf; manche auf der Grundlage eines Tarifvertrags, andere freiwillig. Das Bundeskabinett hat am 6. Mai beschlossen, dass solche Aufstockungen bis zu einer Höhe von 80 Prozent des Gehalts steuerfrei bleiben sollen.
Bisher erhalten sie dies als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Schon jetzt müssen auf die Aufstockung bis auf 80 Prozent des Bruttogehalts keine Sozialabgaben gezahlt werden. Hieran werden die Regeln für die Besteuerung angepasst. Dies soll befristet bis 31. Dezember 2020 gelten.
Zuschuss für den Berater
Brauchen Unternehmer, die wegen der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, eine betriebswirtschaftliche Beratung, können sie einen Antrag auf einen BAFA-Zuschuss in Höhe von bis zu 4.000 Euro stellen.
Das kann auch eine Beratung durch den Steuerberater sein, wenn dieser sich bei dem Förderprogramm registriert hat (geht kurzfristig). Anträge für das Förderprogramm können noch bis zum 31. Dezember 2020 eingehen.
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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