Steuernachzahlung: Hohe Zinsen sind verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit sechs Prozent ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig ist.
Sparer bekommen so gut wie gar keine Zinsen oder müssen sogar Strafzinsen zahlen. Der Fiskus verlangt aber sechs Prozent im Jahr (0,5 Prozent im Monat) Steuerzinsen. Und das seit über 50 Jahren. Das galt schon lange nicht mehr als zeitgemäß und damit soll künftig auch Schluss sein.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach Paragraf 233 ff. der Abgabenordnung verfassungswidrig ist, wenn der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 Prozent zugrunde gelegt wird (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Der Zinssatz sei spätestens seit der Finanzkrise 2008 und dem darauf folgenden Niedrigzinsniveau "evident realitätsfern".
Vor allem Steuerzahler in der Betriebsprüfung betroffen
Steuernachforderungen werden mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 Prozent nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten verzinst. Der Bund der Steuerzahler begrüßt die Entscheidung.
In einer Stellungnahme zum Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hatte der Steuerzahlerbund bereits im Vorfeld ausgeführt, dass der Zinssatz nicht mehr haltbar ist, und dass die Gruppe derjenigen, die Nachforderungszinsen zahlen müssen, hauptsächlich diejenigen sind, die einer Betriebsprüfung unterliegen. Für die Festsetzung der Einkommensteuer genüge im Regelfall die Karenzzeit.
Rückzahlung nur, wenn Bescheid noch nicht rechtskräftig ist
Das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar, sagt das Bundesverfassungsgericht. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume seien die Vorschriften dagegen unanwendbar. Heißt, das bisherige Recht ist für Verzinsungszeiträume, die bis ins Jahr 2018 fallen, weiter anwendbar.
Rückzahlung von Verspätungszinsen gibt es aber nur für Steuerpflichtige, deren Bescheide noch nicht rechtskräftig sind.
Bund der Steuerzahler fordert einen flexiblen Zinssatz
Der Gesetzgeber ist jetzt verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für die Zinszeiträume ab Januar 2019 zu treffen. Wie hoch der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen sein darf, hat das Bundesverfassungsgericht nicht festgelegt.
Der Bund der Steuerzahler ruft den Gesetzgeber auf, schnellstmöglich den Zinssatz anpassen. Er setzt sich für einen flexiblen Zinssatz ein, der sich an dem aktuellen Zinsniveau zu Beginn eines Kalenderjahres orientiert.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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