Eine Zweitwohnung wird als "doppelte Haushaltsführung" steuerlich anerkannt - wenn sie weit genug vom Hauptwohnsitz entfernt ist.

Eine Zweitwohnung wird als "doppelte Haushaltsführung" steuerlich anerkannt - wenn sie weit genug vom Hauptwohnsitz entfernt ist. (Foto: © Kurhan/123RF.com)

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Doppelte Haushaltsführung: FG Münster verweigert Werbungskosten

Wenn die Hauptwohnung und die Arbeit nicht weit auseinander liegen, kann man keine doppelte Haushaltsführung geltend machen, sagt das Finanzgericht Münster. Worauf es bei dem Werbungskostenabzug ankommt.

Ausgaben, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten. Das betrifft die Miete und Einrichtung der Zweitwohnung, Mehraufwendungen für Verpflegung und wöchentliche Familienheimfahrten. Das Finanzamt erkennt bis zu 1.000 Euro im Monat an.

Wenn die Hauptwohnung und die sogenannte "erste Tätigkeitsstätte" aber nur 30 Kilometer voneinander entfernt sind – Fahrzeit mit dem Auto im Berufsverkehr etwa eine Stunde – muss das Finanzamt allerdings keine doppelte Haushaltsführung anerkennen. Das hat das Finanzgericht Münster entschieden (Urteil vom 6. Februar 2024; Az. 1 K 1448/22 E).

In dem konkreten Fall hatte ein Ehepaar einen gemeinsamen Hausstand. Der Ehemann war Geschäftsführer bei einem etwa 30 Kilometer entfernten Unternehmen und mietete eine kleine Zweitwohnung in unmittelbarer Nähe seiner Arbeit. Sein Unternehmen stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung, mit dem er von seiner Zweitwohnung zur Arbeit und am Wochenende zur Familie fuhr. Die Besteuerung der Privatfahrten erfolgte nach der 1-Prozent-Regelung.

Das Finanzamt erkannte die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in diesem Fall aber nicht als Werbungskosten an. Dem Kläger sei zuzumuten, die Strecke zwischen Hauptwohnung und Büro mit dem Pkw zurückzulegen. Der Geschäftsführer argumentierte, dass es für die Zumutbarkeit auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ankomme. In seinem Fall liege diese für die einfache Strecke bei über zwei Stunden. Aufgrund der gestiegenen Fahrzeugkosten und der Baustellensituation könne er nicht jeden Tag mit dem Pkw zur Arbeit und nachhause fahren.

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Die Strecke und die Fahrtzeit ist zumutbar

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht als gegeben erachtet. Der Ort des eigenen Hausstandes und der Beschäftigungsort des Klägers würden nicht weit genug auseinander liegen. Beide lägen sogar unabhängig von Gemeindegrenzen am selben Ort. Daher sei es ihm zuzumuten, die Strecke zurückzulegen.

Selbst bei Wegezeiten von etwa einer Stunde im Berufsverkehr, was die Richter mit Hilfe des Google Maps-Routenplaners ausgerechnet hatten. Außerhalb des Berufsverkehrs würde man die gesamte Strecke sogar in 30 Minuten schaffen. Dass es mal länger wegen Baustellen dauerte, fiel nicht ins Gewicht. Solche Fahrtzeiten von weniger als einer Stunde seien "unter Zugrundelegung der individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zumutbar", urteilte bereits der Bundesfinanzhof 2017.   

Auf die Dauer bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel komme es nicht an, weil der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen konnte, dass er tatsächlich täglich mit Bus und Bahn zur Arbeit gefahren war. Stattdessen hatte er sämtliche Fahrten, einschließlich der Kurzstrecke von einem Kilometer zwischen Zweitwohnung und Arbeitsstätte, mit dem Dienstwagen zurückgelegt. Für dieses Fahrzeug habe er keine Kosten zu tragen gehabt, da es sich um einen Dienstwagen gehandelt habe. Zudem habe er selbst vorgetragen, im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit vor Ort auf das Fahrzeug angewiesen zu sein.

Über eine Stunde pro Strecke oder mehr als 50 Kilometer sollten es schon sein

"Die Klage wäre erfolgreich gewesen, wenn er von der Hauptwohnung zur Arbeit über eine Stunde oder mehr als 50 Kilometer hätte fahren müssen", berichtet Erich Nöll, Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). Damit wäre die Grenze zur Zumutbarkeit des täglichen Pendels überschritten gewesen und folglich ein doppelter Haushalt anerkannt worden, bestätige ein Schreiben der Finanzverwaltung, so Nöll. (BMF-Schreiben, Az. IV C 5 - S 2353/19/10011 :006).

Quelle: Finanzgericht Münster  

Heimfahrten, Arztbesuche und Freundschaften nachweisen

Pendlerinnen und Pendler für den beruflichen Zweithaushalt eine Menge Werbungskosten absetzen, berichtet der BVL: Für die Unterkunft sind inklusive Nebenkosten maximal 1.000 Euro im Monat möglich. Auch die Zweitwohnungsteuer zählt zu den Unterkunftskosten und fällt unter diese Grenze. Das hat jüngst der Bundesfinanzhof entschieden (Az. VI R 30/21).

Zusätzlich können die Ausgaben für den Umzug, das Renovieren und die nötige Einrichtung, zum Beispiel für Möbel, Teppich, Kühlschrank und andere notwendige Einrichtungsgegenstände angesetzt werden", ergänzt Nöll.

Anlage N Alle Werbungskosten für den zweiten Haushalt werden ab 2023 in der "Anlage N - Doppelte Haushaltsführung" eingetragen.

Dazu kommen in den ersten drei Monaten bis zu 28 Euro Verpflegungspauschale pro Tag. Darüber hinaus rechnen Pendler die wöchentlichen Heimfahrten zum Erstwohnsitz ab: Bis 20 Kilometer der einfachen Entfernung gibt es je Kilometer 30 Cent und ab dem 21. Kilometer 38 Cent. Alternativ sind die Ticketkosten für Bus oder Bahn absetzbar.

Als Lebensmittelpunkt gilt der Wohnort, an dem die persönlichen Bindungen am engsten sind. Wohnt die Hauptbezugsperson in der Hauptwohnung, erkennt das Finanzamt die doppelte Haushaltsführung meist problemlos an. Jedenfalls sofern die Entfernung stimmt (siehe Urteil oben).

Alleinstehende müssen gesondert nachweisen, dass sie enge persönliche Beziehungen am Erstwohnsitz pflegen, etwa zu Freunden und Verwandten. Misstrauisch reagieren Finanzbeamte, wenn Alleinstehende ihren Erstwohnsitz unter einem Dach mit Familie oder Freunden haben. Sie müssen zweifelsfrei belegen, dass sie dort einen eigenen Hausstand unterhalten. Obendrein müssen sich Ledige an den Kosten der monatlichen Haushaltsführung beteiligen. 

Mögliche Nachweise für die persönlichen Beziehungen am Erstwohnsitz für Alleinstehende

  • Barabhebungen
  • Arztbesuche
  • Einladungen zu Feiern am Heimatort
  • Vereinsmitgliedschaften

Wichtiges Kriterium für die doppelte Haushaltsführung ist die Anzahl der Heimfahrten. Bei Verheirateten begnügt sich das Finanzamt mit mindestens sechs Familienheimfahrten pro Jahr. Bei Ledigen werden mindestens zwei Touren pro Monat erwartet.

Belege für Heimfahrten

  • detaillierte Aufstellungen über die Heimfahrten
  • Tankquittungen
  • Inspektionsrechnungen oder
  • Zugtickets

Bei Verheirateten muss der Partner in der Erstwohnung wohnen und darf auf keinen Fall in die Zweitwohnung am Beschäftigungsort ziehen. Dann verliert laut Bundesfinanzhof die Erstwohnung ihren Status als Lebensmittelpunkt (BFH, Az. VI B 58/11). 

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Text: / handwerksblatt.de

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