Die Corona-Krise hat starke Auswirkungen auf das Handwerk. Das ist das Ergebnis der vierten Blitzumfrage der Handwerkskammer Münster.

Die Corona-Krise hat starke Auswirkungen auf das Handwerk. Das ist das Ergebnis der vierten Blitzumfrage der Handwerkskammer Münster. (Foto: © Volodymyr Melnyk/123RF.com)

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86 Prozent der Handwerksbetriebe von Corona-Krise betroffen

Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, interpretiert die vierte Blitzumfrage seines Haus rund um die Auswirkungen der Corona-Krise.

"Das Handwerk ist froh, wieder komplett arbeiten zu dürfen. Der Großteil der heimischen Betriebe kämpft aber weiterhin mit den negativen Folgen der Pandemie." So wertet Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, das Stimmungsbild der vierten Corona-Blitzumfrage seines Hauses. Daran nahmen 637 repräsentative Unternehmen aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region teil. Der Anteil der durch die Krise beeinträchtigten Betriebe ist in den vergangenen drei Wochen von 93 auf 86 Prozent gesunken. Der Corona-Effekt-Index der Handwerkskammer Münster, der die starke bis sehr starke Betroffenheit des Handwerks durch die Krise anzeigt, ließ um 7 Punkte nach und lag am 11. Mai bei 25 Prozentpunkten (21. April: 32 Punkte). Grund für die leichte Besserung sei die Lockerung der Pandemie-Maßnahmen, vermutet die Handwerkskammer. Trotzdem bleibe die Beeinträchtigung hoch, vor allem durch die zurückhaltende Nachfrage. 

Weitere Stabilisierung nötig

Das Handwerk trage einen verantwortungsbewussten und nachvollziehbaren Öffnungskurs mit, betonte Hund. "Die Betriebe brauchen jetzt aber weitere stabilisierende Maßnahmen für ihre Existenzsicherung und die Erhaltung von Arbeitsplätzen." Er forderte Entlastungen für Bürger und Unternehmen, unter anderem die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, das Absenken der Einkommenssteuer, eine Steuerreform, die den Mittelstandsbauch begradige, Bürokratieabbau und bessere Abschreibungsbedingungen. Öffentliche Auftraggeber seien gefordert, zu investieren und die Vergabe durch kleinere Lose zu vereinfachen. Auch der einfachere Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtere das Wiedererstarken der Betriebe. Die Unternehmen, die an der Handwerkskammer-Blitzumfrage teilnahmen, leiden am stärksten unter der nachlassenden Kundennachfrage sowie Umsatzrückgängen. Die Hauptauswirkungen sind Kurzarbeit und Liquiditätsengpässe. An ihren Beschäftigten wollen die meisten Betriebe aber festhalten: 65 Prozent sehen einen Personalabbau für unwahrscheinlich an. Kündigungen ließen sich bei 8 Prozent nicht mehr vermeiden. Zwei Drittel der Befragten bekommen mittlerweile auch Probleme, weil erbrachte Leistungen von Auftraggebern nicht mehr abgenommen werden. 

Berufliche Ausbildung nach wie vor wichtig

Am meisten leidet das Gesundheitsgewerbe (Corona-Effekt-Index: 36 Prozentpunkte). Das Ausbaugewerbe (18) und das Bauhauptgewerbe (16) sind derzeit am wenigsten beeinträchtigt. Dazwischen liegen das Kfz-Gewerbe (30), die Anbieter für den gewerblichen Bedarf (29), die personenbezogenen Dienstleister (25) und das Nahrungsmittelgewerbe (24). Die Index-Werte in den Regionen des Kammerbezirks Münster: Bottrop (22 Prozentpunkte), Kreis Borken (24), Kreis Coesfeld (24), Gelsenkirchen (37), Münster (26), Kreis Recklinghausen (25), Kreis Steinfurt (21) und Kreis Warendorf (25). Welche Auswirkungen die Krise auf die Ausbildungsaktivitäten der Handwerksbetriebe habe, sei noch nicht absehbar, unterstrich Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Thomas Banasiewicz. In der Blitzumfrage sagen zwei Drittel, dass das Gewinnen von Auszubildenden derzeit nicht schwieriger geworden sei. Von mehr Schwierigkeiten berichtet ein Drittel. Berufliche Ausbildung sei den Betrieben nach wie vor wichtig, so Banasiewicz. Die weitere Entwicklung der Lehrstellensituation im Handwerk hänge davon ab, wie gesund die Ausbildungsbetriebe trotz der Pandemiebelastung betriebswirtschaftlich blieben. Bei den Insolvenzen und Betriebsschließungen wegen Auftragsmangel und Finanzierungsproblemen macht sich die Krise noch nicht bemerkbar, teilt die Handwerkskammer mit. Die Zahl liegt für die Monate März und April bei 16. Das seien lediglich 4 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

 

Kommentar von Handwerkskammer-Präsident Hans Hund "Nach der Corona-Schockstarre, die viele von uns in den letzten Wochen erfasst hat, und nach den Lockerungen der Schutzmaßnahmen brauchen wir im ganzen Land wieder eine Aufbruchstimmung. Alle Akteure – die gesamte Wirtschaft, zu der auch Handwerksbetriebe gehören, die öffentliche Hand, jeder Einzelne – muss wieder damit beginnen die Zukunft anzupacken und zu gestalten. Man muss kein Prophet sein um vorauszusagen, dass wir wohl noch länger mit der Virusgefahr leben müssen, bis es einen Wirkstoff dagegen gibt. Es wäre fatal, wenn wir uns in dieser Situation wie "das Kaninchen vor der Schlange" verhielten. Gleich Mehreres muss aus meiner Sicht jetzt dringend in Einklang gebracht werden. Erstens: Das strikte Einhalten der Hygienevorgaben, um die Infektionsgefahr zu bannen.  Da müssen alle ihren Beitrag leisten, damit wir nicht zurückfallen. Zweitens: Wir im Handwerk wollen arbeiten. Dazu braucht das Handwerk Aufträge – Behörden und Ämter müssen so schnell wie möglich wieder voll funktionieren. Bund, Land und Kommunen sollten jetzt erst recht ans Investieren denken. Dazu ist es erforderlich, dass der Staat die kommunalen Auftraggeber entsprechend finanziell ausstattet. Für unsere Betriebe im Handwerk bleibt wichtig, dass die Lose klein sind und die Vergabeverfahren unbürokratischer werden. Drittens: Auch Banken und Sparkassen müssen an dieser Stelle ihre Verantwortung schnell und unbürokratisch übernehmen. Alle Instrumente, die derzeit zur Verfügung stehen, sollten hier zur Anwendung kommen – Stichwort: Kreditbesicherung. Ganz sicher wird es auch eine Zeit nach Corona geben und  der Fachkräftemangel, der uns vor der Krise so vertieft beschäftigte, wieder relevant werden. Daher müssen wir schon jetzt und heute unsere Chancen nutzen und wahrnehmen, "Ausbildungsmotor Nummer eins" zu bleiben. Damit wir dabei erfolgreich sind und um potenzielle Lehrstellenbewerber zu erreichen, müssen wir, besonders in Zeiten wie diesen, eingetretene Pfade verlassen. Da derzeit keine Praktika stattfinden, ist der direkte Kontakt zur Schule und den einzelnen Lehrern zu suchen. Wir sollten kreativ sein. Dann wird das Handwerk auch in Zukunft Goldenen Boden haben, da bin ich mir sicher."
Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster

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Text: / handwerksblatt.de

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