Chancen der Migration für das Handwerk in NRW
Das Kommunalpolitische Forum von Handwerk.NRW beschäftigte sich zehn Jahre nach Beginn der Flüchtlingskrise mit dem Thema Migration.
Wie wirken sich die Herausforderungen und Chancen der Migration für die Kommunen, das Handwerk und den Arbeitsmarkt in NRW aus? Um diese Frage drehte sich in diesem Jahr das Kommunalpolitische Forum von Handwerk.NRW. Migration betreffe die Handwerksbetriebe, die dringend Fachkräfte benötigen, die Kommunen, die vor Ort die Integration koordinieren und ebenso die Bundesagentur für Arbeit, die Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt bietet. Andreas Peeters, Vorsitzender des Kommunalpolitischen Ausschusses von Handwerk.NRW, stellte die für die Veranstaltung relevanten Akteure vor. Alles seien auf eine "bestmögliche Ausschöpfung der inländischen und der ausländischen Potenziale" angewiesen.
Zehn Jahre nach Beginn der Flüchtlingskrise gebe es ein zweigeteilte Sicht auf, das, was passiert sei: eine sehr positive Darstellung, die ein harmonisches Bild zeichnet und die Erfolge betone und sehr negative Darstellung, die Gefahren und Risiken in den Fokus rücke. "Beide Sichtweisen vereinfachen die Realität, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen." Die positive Perspektive blende viele Herausforderungen für das Bildungssystem, für den Arbeitsmarkt, für den Sozialstaat aus, die mit Migration einhergehen. Die negative Darstellung klammere die erfolgreichen Integrationsbeispiele aus, von denen besonders das Handwerk berichten könne.
"Wir haben sehr viel geschafft, auch dank des Handwerks"
"Wir haben sehr viel geschafft, auch dank des Handwerks, aber liegt auch noch eine ganze Reihe vor uns" so die erste Bilanz aus Sicht von Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Die Beschäftigungsquote der geflüchteten Menschen, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, liege bei 64 Prozent. Das sei angesichts alle der Maßnahmen, die dafür nötig sind, ein guter Wert. Für die Gesamtbevölkerung liege die Quote bei 70 Prozent. Die Prozesse im Bereich der Migration seien aktuell viel zu komplex und dauerten teils viel zu lange. Immer wieder gehe es deswegen um Einzelfälle. Das müsse sich ändern.
Michael Rüscher, Beigeordneter für Wirtschaft und Integration der Stadt Duisburg, sagte, dass innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums viele Menschen nach Deutschland gekommen seien. Die Stadt sei darauf nicht vorbereitet gewesen und vieles musste improvisiert werden. Das habe zu großen Teilen funktioniert, auch weil die Zuwanderer freundlich empfangen wurden und sich viele ehrenamtlich für deren Integration engagiert hatten. "Das hat sich im Laufe der Jahres zum Negativen gewandelt." Die Beschäftigungsquote der Menschen, die nach 2015 gekommen sind, liege deutlich unter 50 Prozent. Sie kommen nicht mehr so schnell in Arbeit wie vorher. Hier müsse die Integration schneller funktionieren.
Welcome Center soll Prozesse beschleunigen
Es gebe 95 verschiedene Regelungen, die das Thema Aufenthaltsrecht betreffen. Griechenland komme mit fünf aus. "Wir müssten hier politisch zu einer zu einer Reduzierung dieses komplexen Systems kommen", so Rüscher. Das könnte mit viel weniger Regelungen gelingen: Zuwanderung aus humanitären Gründen, Zuwanderung in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Zuwanderung ins Akademiesystem, eine Regelung für Familien und noch Regelungen für Personengruppen, die nicht in diese anderen Regime hineinpassen.
Die Integration zu beschleunigen und die Prozesse dafür zu vereinfachen sei Aufgabe das Welcome Centers für internationale Fachkräfte und kleinere und mittlere Unternehmen im Rheinischen Revier, erkärte Marco Hervartz, Präsident der Handwerkskammer Aachen. Es solle als Anlaufstelle sowohl für Migranten als auch für Betriebe aus Deutschland dienen, in der viele Kompetenzen gebündelt werden. Ziel ist es, die Erwerbsmigration zu vereinfachen und zu beschleunigen. "Ich persönlich bin der festen Überzeugung, Dass das genau der richtige Ansatzpunkt ist", betonte Herwartz.
"Zuwanderung ist eine Notwendigkeit"
Er stimme zu: 2015 kamen sehr schnell sehr viele Menschen und trafen auf eine unvorbereitete Gesellschaft und Behörden. Das Welcome Center sei nun der Versuch, die Prozesse zu vereinfachen. Herwartz betonte auch, dass Zuwanderung mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel eine Notwendigkeit sei. Das sei zwar auch ein Kostenfaktor, aber in Deutschland qualifizierte Zuwanderer sollten verpflichtet sein, eine gewisse Zeit zu bleiben und hier zu arbeiten. Damit könne zumindest ein Teil der Finanzen wieder reinkommen.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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