Handwerkskonjunktur: Der Motor springt nicht an
Auch in diesem Herbst tritt die Handwerkskonjunktur auf der Stelle und die Stimmung in den Betrieben bleibt gedämpft. Das die Ergebnisse des aktuellen Konjunkturberichts des ZDH. Der Verband fordert nun "spürbare Reformimpulse" von der Bundesregierung.
In seinem Konjunkturbericht für das dritte Quartal dieses Jahres spricht der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) von einer anhaltenden "konjunkturellen Tristesse" in den Betrieben. Auch im Herbst trete die Konjunktur auf der Stelle. "Die Konjunkturbremsen bleiben, wie in den letzten Jahren, strukturelle Probleme der deutschen Wirtschaft, die durch zunehmende Nachteile im Standortwettbewerb und die anhaltende handelspolitische Verunsicherung verstärkt werden." Neben dem Export durchliegen auch Beschäftigung und privater Konsum eine Schwächephase. Auch der Wohnungsbau, der für viele Handwerkszweige entscheidend sei, komme nicht wieder in Gang.
Von der Bundesregierung fordert der ZDH nun "ein klares wirtschaftspolitisches Aufbruchsignal". Sie müsse die angekündigten standortstärkenden Reformen nun auch endlich umsetzen. Ansonsten sei die Gefahr groß, dass die Stimmung im Handwerk auf lange Sicht schlecht bleiben könne. "Die Zuversicht, die in weiten Teilen des Handwerks mit dem Regierungswechsel verbunden war, ist weitgehend aufgebraucht", erklärt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. "Die Stimmung in den Betrieben bleibt gedrückt. Das ist keine konjunkturelle Momentaufnahme, sondern Ausdruck tiefsitzender struktureller Probleme."
Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit
Holger Schwannecke Foto: © ZDH / Henning SchachtDie Standortbedingungen für Handwerksbetriebe hätten sich weiter verschlechtert. "Die strukturellen Bremsen sind seit Jahren dieselben: überbordende Bürokratie, lange Genehmigungsverfahren, hohe Energiepreise, eine hohe Steuer- und Abgabenlast und eine unklare wirtschaftspolitische Linie mit zu geringer Mittelstandsorientierung." Folge sei eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die Betriebe, eine echte Vereinfachung bei Dokumentations- und Berichtspflichten und mehr Tempo bei der Genehmigung von Bau- und Infrastrukturprojekten."
Wegen sinkender Auftragsbestände und schwacher Umsätze hielten viele Handwerksbetriebe Investitionen bei weiter unklaren wirtschaftlichen Perspektiven zurück. Schwannecke: "Unter solchen Bedingungen droht der notwendige Modernisierungsschub etwa in Digitalisierung, Energieeffizienz und Qualifizierung auf der Strecke zu bleiben. Gleichzeitig belasten steigende Material-, Energie- und Lohnkosten das Handwerk erheblich und das bei stagnierenden oder rückläufigen Erlösen. Wer unter diesen Bedingungen weiter investieren soll, braucht Mut und Vertrauen in stabile Rahmenbedingungen."
Investitionsbedingungen verbessern
Die Politik sei nun gefordert, die Investitionsbedingungen zu verbessern, steuerliche Anreize für Modernisierung und Digitalisierung zu setzen und für planbare und wettbewerbsfähige Energiepreise zu sorgen. "Auch bei den Sozialabgaben und Lohnzusatzkosten brauchen wir dringend Entlastungen, damit Betriebe Beschäftigung halten und Ausbildung weiter finanzieren können." Sie bräuchten gezielte Entlastungen: eine Senkung der Bürokratie-, Steuer- und Abgabenlast, eine deutliche Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge und eine kluge Energiepreisstrategie, die den Mittelstand wettbewerbsfähig hält.
Neben der schwachen Konjunktur erschwerte die zurückgehende Beschäftigung den Betrieben das Leben. "Wo Personal fehlt, bleiben Aufträge liegen. Zudem springt der Wohnungsbau, der traditionell viele handwerkliche Betriebe trägt, einfach nicht wieder an. Es braucht daher eine Doppelstrategie: erstens gezielte Wachstumsimpulse für den Wohnungsbau und die Bauwirtschaft, etwa durch eine Reform der Förderprogramme, eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und eine Senkung der Baukosten. Zweitens braucht es eine Fachkräfteoffensive, die Fachkräftesicherung und Wachstum zusammen denkt."
Wichtige Ergebnisse der Konjunkturumfrage:
- Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilen die Handwerksbetriebe etwas schlechter als vor einem Jahr aber als auf niedrigem Niveau stabil. Der Geschäftslageindikator geht um zwei Zähler auf 26 Punkte zurück. Gegenüber dem Vorjahr minimal besser aber bereits wieder deutlich schwächer als im Frühjahr fallen die Erwartungen aus (Geschäftserwartungsindikator: plus drei Zähler auf minus vier Punkte). Der Vertrauensvorschuss in die neue Bundesre-gierung, die mit großen Ambitionen die Konjunkturwende einleiten wollte, ist damit bereits wieder weitgehend aufgebraucht. Der Geschäftsklimaindikator für das Handwerk, der Lage und Erwartungen bündelt, setzt mit 110 Punkten (plus ein Zähler) seine Seitwärtsbewegung auf schwachem Niveau fort.
- Weiter rückläufig sind die Umsätze im Gesamthandwerk. Der Umsatzindikator, der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen zur Umsatzentwicklung, verharrt mit elf Punkten im Minusbereich. Die Umsatzerwartungen für das Winterhalbjahr lassen keine Trendwende erkennen.
- Die Beschäftigung im Handwerk sinkt wie vor einem Jahr leicht. Neben der Konjunktur-flaute ist dafür aber mindestens ebenso die demografische Entwicklung maßgeblich. In vielen Betrieben bleiben weiterhin viele Stellen unbesetzt, weil Fachkräfte und Auszubildende fehlen. Der Beschäftigungsindikator tritt trotz einer Verbesserung um ein Zähler auf minus zwei Punkte auf der Stelle.
- Die Auftragspolster im Gesamthandwerk gehen erneut zurück. Der Auftragsbestandsindikator liegt unverändert bei minus 13 Punkten. Zugleich verringert sich die Auslastung der betrieblichen Kapazitäten leicht um einen Prozentpunkt (79 Prozent). Die durchschnittlichen Auftragsreichweiten liegen nur noch bei 8,3 Wochen (III/2024: 8,9 Wochen). Auch für das laufende Quartal rechnen die Betriebe mit sinkenden Auftragsbeständen.
- Fast schon folgerichtig bleibt die Investitionsneigung schwach ausgeprägt. Der Investitionsindikator zeigt weiterhin einen deutlichen Rückgang der Investitionsaktivitäten an, die sich oft auf das Notwendigste beschränken (Investitionsindikator plus ein Zähler auf minus zwölf Punkte).
- Trotz der schwachen Konjunktur kämpfen die Betriebe weiter mit steigenden Material- und Rohstoffkosten sowie hohen Energiepreisen. Hinzu kommen steigende Lohnkosten, die bei rückläufigem Umsatz erst einmal erwirtschaftetet werden müssen. Die Absatzpreisdynamik bleibt auch deshalb hoch (Verkaufspreisindikator: minus zwei Zähler auf 23 Punkte).
- Prognose 2025: Aktuelle BIP-Prognosen erwarten ein weiteres Jahr der weitgehenden Stagnation der deutschen Wirtschaft. Dabei sollte der private Konsum erneut als wesentliche Stütze der Konjunktur fungieren – infolge der in diesem Jahr geringeren Lohndynamik und des schwachen Arbeitsmarktes aber weiter nur verhalten wachsen. Die Exporte sollen sich ein Stück weit erholen, werden aber weiter von einer abnehmenden preislichen Wettbewerbsfähigkeit, der US-Zollpolitik und starken Wettbewerbern aus China gebremst. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen ihren Sinkflug infolge eines leichten Aufwärtstrends bei der Industrieproduktion, steigende Fahrzeugverkäufe und wachsende Bestellungen aus dem Rüstungsbereich beenden. Beim Wohnungsbau soll der Abwärtstrend endgültig durchbrochen werden. Infolge hoher Zinsen und Baukosten steigt die Wohnungsbauaktivitäten aber auf niedrigem Niveau nur sehr moderat. Für das Handwerk bleiben die konjunkturellen Rahmenbedingungen bis zum Jahresende 2025 eine Herausforderung. Die Konjunkturumfragen im dritten Quartal 2025 lassen keine Konjunkturbelebung in den Folgequartalen erwarten – stattdessen dürfte sich die Stagnationsphase fortsetzen. Die Konjunkturexperten der Handwerksorganisationen prognostizieren für 2025 eine Stagnation der Umsätze im Gesamthandwerk. Die Beschäftigungsentwicklung wird dabei erneut rückläufig sein. Dafür sind aber vor allem demografische Faktoren verantwortlich. Trotz der schwächeren aktuellen Handwerkskonjunktur suchen viele Betriebe weiterhin händeringend nach Fachkräften, und die Zahl der offenen Stellen im Handwerk ist nur leicht zurückgegangen.
- Prognose 2026: Ab dem kommenden Jahr soll die deutlich expansivere Finanzpolitik das Konjunkturbild positiv beeinflussen. Die Mittel aus den Sondervermögen sollen der Produktion im verarbeitenden Gewerbe und den Bauinvestitionen einen deutlichen Schub geben. Wachsende Staatsausgaben stärken zudem die Nachfrage nach Dienstleistungen und die Forcierung der Staatsmodernisierung sollte in der ITK-Branche für einen Wachstumsimpuls sorgen. Für das Handwerk erwarten die Konjunkturexperten der Handwerksorganisationen unter diesen Voraussetzungen eine moderate Belebung des Umsatzwachstums, die bei etwa einem Prozent liegen soll. Gespeist wird diese durch die Belebung der Bauaktivitäten (insbesondere im Wohnungs- und Infrastrukturbau), einer anziehenden Nachfrage nach handwerklichen Vorleistungsgütern, steigenden Absatzzahlen für Pkw und einer erneuten moderaten Zunahme des privaten Konsums. Trotz der Konjunkturbelebung werden die Beschäftigtenzahlen im Handwerk mit hoher Wahrscheinlichkeit auch 2026 weiter zurück-gehen, da altersbedingt weiter viele Beschäftigte aus dem Erwerbsleben ausscheiden und die Betriebe nicht hinreichend viele Fachkräfte und Auszubildende finden werden, um diese Lücken zu schließen oder gar zusätzliche Beschäftigung im Handwerk zu schaffen.
Quelle: ZDH
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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