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Kümmert sich die Politik genug ums Handwerk?

In gut einem Jahr wird ein neuer Landtag in Brandenburg gewählt. Wir ziehen eine Zwischenbilanz zur Frage: Was hat die Landesregierung seit der letzten Wahl für das Handwerk getan?

Vor der letzten Landtagswahl im Herbst 2019 hatte das märkische Handwerk klare Erwartungen an die künftige Landesregierung. Sie wurden seinerzeit in "Wahlprüfsteinen" fixiert. Im wirtschaftlichen Bereich etwa forderten die drei HWK, die "bewährten Förder- und Unterstützungsangebote für das Handwerk (Meistergründungsprämie, Meisterbonus)" beizubehalten und "bedarfsgerecht weiterzuentwickeln". Darüber hinaus wurde eine spürbare Bürokratieentlastung angemahnt.

Vielfältiger Austausch zwischen Handwerk und Landesregierung

In den vergangenen Jahren gab es einen vielfältigen Austausch zwischen Handwerk und Landesregierung. Sowohl Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) als auch andere Kabinettsmitglieder folgten wiederholt der Einladung der Kammern. Insofern zieht Woidke auf DHB-Nachfrage auch eine positive Zwischenbilanz: "Das Handwerk ist ein Kernstück der brandenburgischen Wirtschaft. Trotz aller Krisen der letzten Jahre hat das Handwerk einen wesentlichen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung im Land geleistet. Die digitale, ökologische und soziale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft wird ohne das Handwerk nicht klappen. Aufgrund der demografischen Situation stehen gerade auch für das Handwerk große Herausforderungen, wie die Nachwuchsgewinnung und die Nachfolgesuche in den Betrieben an."

Das Land unterstützt, so der Ministerpräsident, das Handwerk mit Förderinitiativen, wie etwa dem Brandenburgischen Innovationsgutschein. "Seit dem Jahr 2019 haben damit bisher insgesamt 191 Handwerksunternehmen bei der Durchführung von 196 Innovationsprojekten Zuschüsse in Höhe von rund 11 Millionen Euro erhalten. Im Zeitraum 2019 bis 2022 wurden in einem Förderprogramm für Meistergründungsprämien in mehr als 400 Fällen Mittel im Umfang von 4,7 Millionen Euro ausgereicht." Um die digitalen Kompetenzen in vielen kleinen und mittleren Handwerksunternehmen durch eine moderne Aus- und Fortbildung zu fördern, wurde das Programm zur Digitalisierung der überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks aufgelegt. Woidke: "Das Gesamtvolumen betrug hierbei sechs Millionen Euro. Wichtig ist es, mit Ausbildungskampagnen auch die vielfältigen Perspektiven für das Handwerk aufzuzeigen. Hier wirbt das Land mit dem Motto 'Brandenburg will Dich! Hier hat Ausbildung Zukunft.'"

Regierung: Viele Aufträge fürs Handwerk

Guido Beermann (CDU), Minister für Infrastruktur und Landesplanung (MIL), konstatiert: "Einen Fokus hat das MIL in den letzten Jahren auf klimafreundliche Mobilitätsangebote gelegt und damit auch einen wichtigen Beitrag für die Wirtschaft geleistet. Seit dem Fahrplanwechsel 2022 fahren wir mit moderneren Fahrzeugen und mehr Komfort viele Millionen Schienenkilometer mehr. Das MIL hat zudem kontinuierlich in den Erhalt und den Neubau von Landes- und Bundesstraßen sowie Radwegen investiert. Darüber hinaus flossen Landesmittel in den kommunalen ÖPNV und innovative Mobilitätsangebote. 2020 hat das MIL die Brandenburgische Bauordnung novelliert und damit verschiedenen Handwerksberufen mehr Kompetenzen bei der Erstellung von Bauvorlagen eingeräumt. Unsere Wohnbauoffensive und die Städtebauförderung mit einem breiten Aufgabenspektrum für das Handwerk haben wir weiter fortgesetzt."

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Finanz- und Europaministerin Katrin Lange (SPD) sagt: "Wir haben unter anderem sichergestellt, dass die Kofinanzierung der EU-Strukturfonds sowohl in der abgelaufenen (2014-2020) wie in der aktuellen Förderperiode 2021-2027 gewährleistet war bzw. wird. Hiervon profitieren viele Handwerksbetriebe, wie auch von den enormen Mitteln, mit denen der Strukturwandel in der Lausitz begleitet wird. Mit dem so genannten Arm 1 werden über Landesprojekte aus der Bundesförderung mehr als 3,6 Milliarden Euro umgesetzt. Dabei wurden bislang 65 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. In der auslaufenden EU-Förderperiode konnten auch aus den deutsch-polnischen INTERREG A-Kooperationsprogrammen verschiedene grenzüberschreitende Projekte mit Handwerksbezug realisiert werden. Dabei ging es etwa um die Aus- und Weiterbildung von Handwerkern. Wir wollen solche Projekte auch künftig fördern. Und es hilft unseren Handwerksbetrieben, dass der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) Ausschreibungen durch Losaufteilung und das Streuungsgebot mittelstandsfreundlich gestaltet."

Im Handwerk werden die Aktivitäten der Landesregierung begrüßt, dennoch sieht man in Sachen Unterstützung noch deutliche Reserven. Zudem wird bedauert, dass der Meisterbonus – als Zeichen der Wertschätzung gegenüber dem Handwerk – nicht mehr ausgezahlt wird.

Kritik an zu viel Bürokratie

Robert Wüst, Präsident der HWK Potsdam und des Brandenburgischen Handwerkskammertages: "Die letzten Jahre waren auch für das Handwerk in Brandenburg von anhaltenden Krisen und vielen Herausforderungen geprägt. Im Rahmen des Krisenmanagements der Landesregierung gab es gute Hilfsangebote für die Betriebe. Dennoch bleiben aus Sicht des Handwerks viele Aufgaben ungelöst. In den ländlichen Regionen müssen neue Impulse gesetzt und die Verkehrsvorhaben für wachsende Pendlerströme und zunehmende Wirtschaftsverkehre vorangebracht werden. Die erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels in der Lausitz hat für ganz Brandenburg große Bedeutung, darf aber die Situation in strukturschwachen Regionen wie der Prignitz oder der Uckermark nicht außer Acht lassen. Die Fortschritte beim Breitbandausbau in den letzten Jahren bieten viel Potential für Wirtschaft und Verwaltung, die nun auch genutzt werden müssen, um Genehmigungsprozesse zu beschleunigen und die viel zu hohen Bürokratiebelastungen unserer Betriebe spürbar zu reduzieren. Die Landesregierung darf jetzt nicht in den Wahlkampfmodus schalten und muss weiter an den Aufgaben arbeiten."

Ähnlich sieht es Wolf-Harald Krüger, Präsident der HWK Frankfurt (Oder): "Förderprogramme für Unternehmen bedürfen einer zügigen Umsetzung sowie einer grundlegenden Planbarkeit und Verlässlichkeit. Bedingungen sind so zu gestalten, dass sie passgenau und mit geringstem bürokratischen Auswand zu bewältigen sind. Hier gibt es leider immer wieder Probleme, was dazu führt, dass Betriebe die Angebote nicht wahrnehmen. Ebenso ärgerlich sind Brüche zwischen Förderperioden, die zum zwischenzeitlichen Aussetzen guter Angebote, wie z. B. dem Brandenburgischen Innovationsgutschein, führen. Grundsätzlich positiv anzumerken ist, dass Fördermittel in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen umfangreich bereitgestellt werden. Diese müssen aber auch KMU erreichen. Gründungen in der Region Schwedt müssen ebenso wie in der Lausitz von einem Startgeld profitieren und Transformationsberatung nutzen können."

Corina Reifenstein, Präsidentin der HWK Cottbus, richtet das Brennglas auf die Berufsorientierung: "Wir fordern schon lange, dass die Berufsorientierung einen höheren Stellenwert bekommt. Wann immer wir dieses Thema anbringen, bekommen wir viel Zuspruch. Vonseiten der Lehrer ist häufig zu hören, dass sie ja gerne möchten, ihnen aber im Lehrplan die Zeit dafür fehlt. Unser Vorschlag ist daher, dass die Schüler einen Tag pro Woche einen Lernort außerhalb der Schule besuchen. Unser Angebot: Wir würden die Werkstätten in unseren Bildungseinrichtungen für das Praxislernen öffnen. Dort bekommen die Schüler einen Einblick in verschiedene Handwerksberufe. Sie können sich ausprobieren und eigene Projekte bearbeiten. Regelmäßig. Das erleichtert ihnen später die Berufswahl."

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Text: / handwerksblatt.de

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