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Mit den Akkreditierungen sollen Produkte, Verfahren und Dienst­leistungen sicherer und der Handel auf europäischer und globaler Ebene einfacher werden.

Mit den Akkreditierungen sollen Produkte, Verfahren und Dienst­leistungen sicherer und der Handel auf europäischer und globaler Ebene einfacher werden. (Foto: © Felix Pergande/123RF.com)

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Wirtschaft kritisiert Defizite bei der Deutschen Akkreditierungsstelle

Ein Bündnis aus verschiedenen Verbänden, darunter der ZDH, fordert Reformen bei der staatlich organisierten Akkreditierung in Deutschland. Es gebe strukturelle Defizite bei der Deutschen Akkreditierungsstelle. Auch die Politik sei gefordert, zeitgemäße gesetzliche Grundlagen zu schaffen.

Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) hat den gesetzlichen Auftrag, mit ihren Akkreditierungen zu bestätigen, dass diese Organisationen ihre Arbeit nach den Anforderungen international gültiger Normen, gesetzlicher Grundlagen und relevanter Regeln kompetent erbringen können. Damit sollen Produkte, Verfahren und Dienst­leistungen sicherer und der Handel auf europäischer und globaler Ebene einfacher werden. Das liegt nach Aussage der DAkkS im Interesse des Staates, der Wirtschaft und diene dem Schutz von Gesellschaft und Umwelt.

Ein Bündnis aus Wirtschafts-, Handels-, Agrar-, Prüf- und Laborverbänden, dazu gehört der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), macht jetzt auf aus seiner Sicht strukturelle Defizite bei der DAkkS aufmerksam. In einem Positionspapier fordert es Reformen und appelliert gleichzeitig an die Politik und zuständige Stellen, moderne gesetzliche Grundlagen und Ressourcen zu schaffen und damit das System zukunftsfest zu machen. Für eine wirtschaftsorientierte öffentliche Akkreditierungsdienstleistung in Deutschland für Wirtschaft, Verbraucher und Staat seien die Leistungen qualifizierter Prüf-, Labor- und Zertifizierungsinstitutionen unverzichtbar.

DAkkS als limitierender Faktor

Neben der Konformitätsbewertung sei die Akkreditierung ein weiterer wesentlicher Teil und Garant der Qualitätssicherungsinfrastruktur Deutschlands und Europas. Die DAkkS spiele dabei, als einzige nationale Akkreditierungsstelle, die zentrale Rolle, heißt es im Positionspapier. Jedoch wirke das nationale Akkreditierungssystem und besonders die DAkkS 15 Jahre nach der Gründung als "limitierender Faktor für die Konformitätsbewertungsbranche und ihre Kunden aus Industrie, Markt und Staat mit gravierenden Auswirkungen". 

Das Bündnis bemängelt lange Bearbeitungszeiten, hohe Bürokratiekosten und ein formalistisches Prüfverständnis. "Die Konformitätsbewertungsbranche ist systemrelevant, wird aber derzeit gründlich ausgebremst." Es gebe eine Abwanderung deutscher Konformitätsbewertungsstellen ins Ausland und den Ausstieg von Standardgebern und Bewertungsstellen aus der Akkreditierung bei maßgeblichen Qualitätssystemen in Deutschland. Ein Problem seien auch die stark verzögerten Produkteinführungen und Marktzugänge deutscher Hersteller durch lange Akkreditierungszeiten. Die DAkkS sei in ihrer jetzigen Ausrichtung und Praxis kein Treiber, sondern eher ein limitierender Faktor.

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Das sind die Forderungen des Bündnisses:

  • Kulturwandel und Selbstverständnis
    Im Akkreditierungssystem, insbesondere bei der DAkkS, sollte eine konsequent am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Balance zwischen hoheitlicher Kontrollaufgabe einerseits sowie professioneller und effizienter Akkreditierungsdienstleistung andererseits gelingen. Verwaltungsrecht und verengte Behördenlogik dürfen nicht länger die Zusammenarbeit der DAkkS mit ihren Kunden im operativen Geschäft und mit den Stakeholdern auf übergeordneter Gremienebene dominieren. Die DAkkS benötigt daher ein "Memorandum of Understanding" mit ihren Stakeholdern zur Stärkung von Qualität, Professionalität und Kundenorientierung der Akkreditierungsdienstleistung.
  • Bürokratieabbau & gesetzlicher Rahmen
    Der Abbau unnötiger Bürokratie zählt zu den Prioritäten bei der Stärkung des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Deutschlands. Auf Bundesebene sind sogenannte Praxis-Checks vorgesehen, um "unnötige Belastungen über alle politischen Ebenen und im Zusammenspiel verschiedener Regelungen und Normen" zu identifizieren und hiermit "Potenziale für die Reduzierung bürokratischer Belastungen" transparent zu machen. Die deutsche Akkreditierungspraxis muss einem solchen Check unterzogen werden. Nicht nur auf dieser Basis ist das Akkreditierungsstellengesetz (AkkStelleG) zu überarbeiten. Dazu gehören die Klärung der Zuständigkeiten und Kompetenzen der DAkkS sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Ministerien und Behörden auf Bundes- und Landesebene, um Doppelbürokratie und Verfahrensverzögerungen zu vermeiden. Insbesondere gilt es, die konsequente Wahrnehmung der Fachaufsicht sicherzustellen und den Akkreditierungsbeirat in seiner Rolle als Kontroll- und Beratungsinstanz deutlich zu stärken sowie klare Regelungen für das Setzen von Akkreditierungsvorgaben unter Berücksichtigung der Stimme und Expertise des Beirats zu schaffen.
  • Interpretation und Formalismus
    Gesetzliche Grundlagen sowie internationale und europaweit harmonisierte Normen bilden die Basis einerseits für die Konformitätsbewertung, vor allem aber auch für die Akkreditierung. Entscheidend für die Logik und das Funktionieren einer gemeinsamen europäischen Qualitätsinfrastruktur bzw. eines einheitlichen EU-Akkreditierungssystems sind gemeinsame Auslegungen und einheitliche Anwendungen dieser Vorgaben. Generell muss darauf geachtet werden, dass europäische wie nationale Akkreditierungsanforderungen nicht zum Selbstzweck werden, praxisgerecht und bewältigbar gestaltet sind und insbesondere den Fokus auf Qualität und Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen behalten. Um ein Level-Playing-Field zu fördern und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der deutschen Wirtschaft zu verhindern, muss die DAkkS verpflichtet werden, internationales und europäisches Regelwerk einzuhalten und keine zusätzlichen nationalen Anforderungen ("Gold Plating") zu setzen sowie keine regelverschärfenden Interpretationen und Auslegungen vorzunehmen. Ein besseres Monitoring und Benchmarking auf nationaler und internationaler Ebene sind erforderlich, um die Harmonisierung im europäischen Binnenmarkt voranzutreiben und nationale Sonderwege zu verhindern. Dies sollte auch in der Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 berücksichtigt werden.
  • Prozesse und Kommunikation
    Effizienz, Transparenz und Professionalität sollen die Akkreditierungsprozesse prägen. Bei allen verwaltungsrechtlichen Vorgaben müssen Kunden- und Serviceorientierung das Handeln der DAkkS prägen. Information und Kommunikation auf Augenhöhe, agil und möglichst papierlos, spielen dabei eine wichtige Rolle. Entscheidend sind jedoch eine deutliche Optimierung und Beschleunigung der Prozesse und Verfahren unter effizientem Einsatz der verfügbaren Mittel. Die DAkkS muss aber auch in der Lage sein und über entsprechende rechtliche Voraussetzungen verfügen, diesen hohen Erwartungen und Leistungen gerecht zu werden.
  • Ressourcen und Finanzen
    Akkreditierung ist in der Europäischen Union eine hoheitliche Aufgabe, die mit der staatlichen Verpflichtung einer auskömmlichen Finanzierung verbunden ist. Die Akkreditierung muss bezahlbar bleiben, damit das Instrument auch und gerade für kleine und mittlere Konformitätsbewertungsstellen nutzbar bleibt. Um dies zu erreichen und auch Beschleunigungs- und Optimierungsanreize zu setzen, ist eine Reform der Gebührenverordnung (AkkStelleGebV) dringend erforderlich, um ein gedeckeltes Gebührensystem nach Bearbeitungsfortschritt einzuführen. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der öffentlichen Finanzierung der DAkkS erforderlich, um die finanziellen Belastungen der Aufbauphase und Erfordernisse der Zukunft zu stemmen und vor allem effiziente, insbesondere auch digitale Verfahren und Prozesse forcieren zu können sowie gerade kleine und mittelständische KBS zu entlasten.
  • Dialog, Transparenz und Kooperation
    Der Dialog auf "Augenhöhe" mit den Betroffenen und Beteiligten im nationalen wie internationalen Akkreditierungssystem ist und bleibt eine Kardinalfrage. Die Nutzung der Expertise der Stakeholder wird dabei helfen, Verfahren und Prozesse zu optimieren, ambitionierte, aber praxisgerechte Akkreditierungsvorgaben zu schaffen sowie Servicequalität und Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die Zusammenarbeit und der kontinuierliche Dialog zwischen der DAkkS und ihren Kunden sowie die Einbindung von Fachbehörden, Wissenschaft und Wirtschaft müssen jedoch gewollt, gefördert und notfalls auch gesetzlich verankert werden.

PositionspapierHier finden Sie das Positionspapier des Bündnisses aus Wirtschafts-, Handels-, Agrar-, Prüf- und Laborverbänden.

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Text: / handwerksblatt.de

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