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Ein spektakuläres architektonisches Denkmal: das Weinmuseum "Cité du Vin" in Bordeaux. (Foto: © picsol)
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Mai 2017
Bordeaux zählt zu den schönsten Städten Frankreichs. Zu recht, wie ein Spaziergang durch die städtischen Quartiere entlang der Garonne zeigt. Ohne Wein ist Bordeaux nicht denkbar.
Das neue Weinmuseum "Cité du Vin" setzt dem Wein im Hafenviertel Bacalan ein spektakuläres architektonisches Denkmal. Ein Höhepunkt der Landschaftsarchitektur ist der "Miroir d'Eau", das Wasserspiel gegenüber der alten Börse.
Die frühen Gäste im Bistrot "Chez Fred" in der historischen Altstadt von Bordeaux genießen die Sonne, die es gerade erst über die Dächer der hohen Steinhäuser am "Place du Palais" geschafft hat. Anwohner tauschen ein paar Neuigkeiten aus, lesen Zeitung, telefonieren. Es ist die beste Zeit für einen ersten Kaffee. Die "Porte Cailhau", das Verteidigungstor vom Ende des 15. Jahrhunderts, liegt im Schatten, die Restauranttische sind noch leer. "Bonne promenade", einen schönen Spaziergang, wünscht die Kellnerin dem Touristen, der danach mit seiner Kamera an der Hand Bordeaux erkunden möchte. Hier, im eleganten Viertel "Saint Paul", nahe am Zentrum, sind es die Bistrots und Restaurants, Weinbars, Architekturbüros, Spezialitätenläden und Designstudios, die ihm ins Auge fallen.
Die zwischen Wohnhäusern eingezwängten Türme der "Grosse Cloche", der großen Glocke, markieren den Übergang zum Quartier Saint Michel, einem Bordeaux der eher kleinen Leute. Wenn die fast acht Tonnen schwere Glocke, die im Jahr 1775 gegossen wurde, läutete, dann wussten die Menschen: Entweder es brennt in der Stadt - oder die Weinlese hat begonnen. Die Häuser werden niedriger, parkende Autos, die in St. Pierre fast ganz fehlen, bestimmen wieder das Straßenbild. Die Schilder an den Lebensmittelläden und Bäckereien weisen auf die Herkunft der Besitzer aus Nordafrika oder Asien, die sich hier eine kleine Existenz aufgebaut haben.
Den täglichen "Markt der Kapuziner", den "Marché des Capucins", riecht man nach einer halben Stunde des Schlenderns eher als dass man ihn sieht. Hier sammelt sich das reichhaltige Angebot aus den ländlichen Regionen rund um die Stadt, die nur eine halbe Stunde Autofahrt vom Atlantik entfernt ist. Die Stände quillen über von Salat in jeder Form und Größe, frischen Tomaten, weißen, gelben und roten Zwiebeln, Gewürzen, grünem und weißem Spargel, Rhabarber, Knoblauch, frischem Hummer, Thunfisch und Crevetten. An einfachen Tischen genießen die Menschen ein erstes Glas Wein, vielleicht auch ein halbes Dutzend Austern. Zeit also für eine Rast, beispielsweise an einem Stand mit Tapas. Mit schwarzen, roten und gelben Stäbchen hat der Patron seine Kreationen gekennzeichnet: geröstete Zwiebeln auf Ziegenkäse, Oliven und Pepperoni auf Salami, Blutwurst. Den Weißwein dazu, einen aus dem Gebiet Graves, hat der Chef selbst ausgesucht, wie er betont.
Der Kirchturm von St. Michel, der höchste der Stadt, markiert das nächste Ziel des Spaziergangs, den "Place Canteloup". Auch hier ist Markt, nicht von Fisch und Gemüse, sondern von Tand und Trödel. Die Tische sind bestückt mit gebrauchter Kleidung, Gürteln, rostigem Werkzeug und Baumaterial. Die Haushalts- und Elektrogeräte haben ihre besten Tage hinter sich und wecken Zweifel an ihrer Funktionsfähigkeit. Ölschinken aus Amateurhand bilden einen starken Kontrast zur fein gegliederten Fassade der Basilika auf dem riesigen Platz. Nur noch wenige Schritte sind es von hier zur Haltestelle der Tram-Linie C, die den Spaziergänger ins historische Zentrum bringt, zur Haltestelle direkt vor der historischen Börse, zurück auf die weltmännische Seite Bordeaux.
Morgens, so gegen neun Uhr oder früher, das ist die beste Zeit, um das Prachtstück Bordeaux, den Börsenplatz zu genießen. Die Morgensonne hebt die Konturen der Fassade und des Brunnens hervor. Er ist das Zentrum der Platzes, der von drei Seiten von Gebäuden begrenzt wird und an der vierten Seite vom Straßenzug entlang der Garonne. Dort sind am Morgen erst wenige Menschen unterwegs, um ein Schauspiel zu bewundern, das sich seit 2007, als das gesamte Garonne-Ufer neu gestaltet wurde, in kurzen Abständen wiederholt. Etwa in der Größe eines Fußballfeldes hat Landschaftsarchitekt Michel Courajoud schwarze Steinplatten gegenüber der Börse platziert, den "Miroir d’Eau", den Wasserspiegel. Wasser steigt zwischen den Ritzen empor und bildet einen dünnen Film, in dem sich die Fassade der Börse spiegelt. Minuten später dringt Sprühnebel aus Düsen und lassen den Platz und den Autoverkehr dahinter im Dunst verschwimmen.
Kilometerlang folgt von hier aus die Uferpromenade der Biegung des Flusses, flussaufwärts begrenzt von der ältesten Brücke der Stadt, der "Steinernen", flussabwärts von ihrem modernen Gegenstück, der Brücke "Jacques Chaban-Delmas" mit ihren vier weißen Riesenpfeilern, benannt nach dem langjährigen Bürgermeister der Stadt. Jogger traben das Geländer entlang. Radler gelangen über die Promenade an das andere Ende der Stadt. Nach einiger Zeit sind die ehemaligen Lagergebäude des Hafens erreicht, in denen die "negociants", die Weinhändler Bordeaux, früher ihre gut gefüllten Fässer lagerten. Die Hangars sind heute umfunktioniert zu einem Gemisch kleiner Läden mit internationalen Marken von Bekleidung, Schmuck und Haushaltswaren.
Spätestens jetzt ist es Zeit für einen Abstecher ins Viertel von Chartrons, dem ehemaligen Quartier der Weinhändler aus England, Flamen und Irland, die sich hier im 17. Jahrhundert niederließen. Bis heute strahlt das Viertel um die sanierte "Halle des Chartrons" die Wohlhabenheit aus, die Bordeaux dem Wein verdankt. Unter dem Dach, das von gusseisernen Pfählen getragen wird, herrscht Bistroatmosphäre. Cafés, Blumenläden, Teegeschäfte und Antiquitätenhändler drängen sich in den Straßen. Ein paar Schritte weiter kündigen Vater und Sohn stolz an, dass sie gemeinsam als Möbelrestaurateure arbeiten. Daneben bietet ein Designerladen Sessel an, so tief und niedrig, dass es kein rückengeplagter Büromensch je wieder hinaus schafft. In der vergitterten Werkstatt eines Uhrmachers quillen die vermackten, ölbefleckten Holztische über von Stechuhren, Armbanduhren, Wanduhren und Stehuhren jeden Alters und jeden Stils.
Zurück an der Garonne drängt sich schnell das neue Wahrzeichen Bordeaux in den Blick, die "Cité du Vin", das 2016 eröffnete Weinmuseum mit seiner Fassade aus 2500 grün und gelb-gold reflektierenden Aluminiumplatten. Der hingeschlängelte Baukörper, der in einen Turm übergeht, erinnert manchen Betrachter an eine Weinkaraffe, andere an einen gekrümmten Rebstock. Unübersehbar markiert das mehrstöckige Bauwerk den Übergang zum alten Hafenviertel Bacalan. Es ist ein mächtiges Zeichen für den Neubeginn des Quartiers, das städtebaulich von Grund auf saniert wird. Es dauert gute zwei Stunden, um sich an den 19 multimedialen Themenstationen des Museums wenigstens einen ersten Überblick über die Vielfalt des Weins in dieser Welt zu verschaffen. Dann endlich geht es in den achten Stock, wo die Weinbar warten und die Aussicht auf den Fluss, die Promenade, den alten Hafen und die Stadt mit ihren vielen Quartieren, die noch zu erkunden sind.
Fotos: © picsol
Mehr Infos zu Bordeaux finden Sie unter Bordeaux-Tourismus.
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