Die Fotoausstellungen sind an ­verschiedenen Orten in Zingst zu sehen und am einfachsten mit dem Fahrrad zu erreichen.

Die Fotoausstellungen sind an ­verschiedenen Orten in Zingst zu sehen und am einfachsten mit dem Fahrrad zu erreichen. (Foto: © Marion Schwarzmann)

Vorlesen:

Horizonte Zingst: Fotografie trifft Umweltbewusstsein

Panorama - Reise

Einmal im Jahr wird Zingst an der Ostsee zum Mekka der Fotografen. Dann trifft sich 
die Branche zum Umweltfotofestival "horizonte". Ein internationales Event, von dem die Urlauber im quirligen Seebad ein ganzes Jahr profitieren.

Spektakulärer kann ein Ausstellungsort kaum liegen. Direkt am Strand bei der Seebrücke in Zingst sind riesige Fototafeln aufgestellt, die von Kindern gestaltet wurden. "Regenbogenroboterweltraumeis" hat Jan von Holleben diese knallbunte Installation überschrieben. Der renommierte Fotograf hatte im Vorfeld Postkarten an Schüler in der Region mit Fragen zur Zukunft verschickt: Was haben wir zu viel, was zu wenig, und was muss unbedingt noch erfunden werden? 489 Grundschulkinder schickten ihm eine Antwort, und mit rund 150 von ihnen setzte er ihre Ideen in fantasievolle Fotografien um.

Ali zum Beispiel wünscht sich dringend Raketenschuhe, "damit ich mit dem schweren Schulranzen schneller vorankomme und nicht so viele Kilometer laufen muss", wie er bei der Ausstellungseröffnung munter erzählt. "Bei Kindern geht’s immer um Schnelligkeit", hat Holleben bei seiner originellen Arbeit erfahren und präsentiert bahnbrechende Maschinen wie den Universalhilfsroboter, den Hyperraketenwow oder den Wassermüllsauger.

Die Prerower Seebrücke ist der Ostsee. Foto: © Marion SchwarzmannDie Prerower Seebrücke ist der Ostsee. Foto: © Marion Schwarzmann

"Ressourcen" hieß in diesem Jahr das Thema des Umweltfotofestivals "horizonte zingst", das bereits zum 18. Mal ausgerichtet wurde. Auf der Suche nach etwas Besonderem entdeckte der traditionelle Badeort in den 2000er Jahren die Liebe zur Fotografie. Was 2008 als enger Partner des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft bescheiden begann, entwickelte sich rasch zum größten Branchentreffen Deutschlands. "Das Fotofestival strahlt wie ein Leuchtturm", findet Rico Nowicki von der Kur- und Tourismus GmbH Zingst.

34 internationale Fotografen ­wurden ein­­ge­laden, ­ihre Werke zu ­zeigen

Diesmal hat die Kuratorin Edda Fahrenhorst aus Hamburg 34 internationale Fotografen eingeladen, die in zwölf Ausstellungen ihre zum Nachdenken anregenden Werke zeigen. So hat der Franzose Stéphan Gladieu in den Slums von Kinshasa fotografiert, in denen eine Künstlergruppe aus Müll verblüffende Ganzkörpermasken baut. Die Demokratische Republik Kongo ist zwar reich an Rohstoffen und Bodenschätzen wie Gold, Diamanten, Kobalt und Öl, aber trotzdem eines der ärmsten Länder Afrikas und wird mit Abfällen überschwemmt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Münchner Tom Hegen dokumentiert mit seinen überdimensionalen, klaren, grafischen Bildern, die er aus der Luft fotografiert, wie der Mensch die Erde ausbeutet. Ob der Marmorabbau in Carrara, die Ablagerungen einer Braunkohlegrube im Osten Deutschlands oder die Mineralgewinnung in einem ausgetrockneten See in den USA – die Narben, die wir der Erde zugefügt haben, sind unübersehbar und werden kaum verheilen.

Von Zingst nach Prerow mit dem Rad


 René Roloff fertigt im Familienbetrieb sowohl klassische Motive als auch individuelle nach Kundenwunsch an. Die Lieferzeit für eine Tür liegt zur Zeit bei bis zu einem Jahr. Foto: © Marion Schwarzmann René Roloff fertigt im Familienbetrieb sowohl klassische Motive als auch individuelle nach Kundenwunsch an. Die Lieferzeit für eine Tür liegt zur Zeit bei bis zu einem Jahr. Foto: © Marion Schwarzmann

Mit dem Fahrrad lassen sich die Open-Air-Ausstellungen an verschiedenen Plätzen in Zingst bequem erkunden. Die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, die sich zwischen Rostock und Stralsund in die ­Ostsee erstreckt, bietet aber auch ein weitläufig ausgebautes Fahrradwegenetz. Auf dem Deich radelt man je nach Wind rund eine halbe Stunde von Zingst ins benachbarte Prerow, das seit Oktober 2024 über die längste Seebrücke im Ostseeraum verfügt. 720 Meter ragt der beeindruckende Steg hinaus ins Meer, an dessen Ende ein Nothafen mit 33 Liegeplätzen Segelbooten Schutz für eine Nacht bietet. Natürlich ist hier auch ein modernes Seenotrettungsschiff stationiert. Es war ein langer, zäher Kampf, bis endlich die alte Seebrücke abgerissen und neu gebaut werden konnte, erinnert sich der ehemalige Bürgermeister René Roloff, der das kostenintensive Projekt zehn Jahre lang begleitet hat.

"Wir haben hier eine bewegte Landschaft mit einer dynamischen Küste", erklärt Katrin Bärwald vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. "Durch die Strömungen verlieren und gewinnen wir ständig neue Fläche." Zu DDR-Zeit durfte hier übrigens keiner segeln. Das Militärgelände war Sperrgebiet. "Dadurch haben wir nach der Wende eine schöne Natur geerbt, die in Ruhe gelassen wurde", sagt Bärwald. Wie faszinierend diese Natur ist, kann man bei einem Spaziergang durch den Darßer Wald zum Meer erleben, das auf den naturbelassenen, weiten Sandstrand so allerlei anschwemmt. Jedes Jahr holt sich die Ostsee anderthalb Meter Land vom Weststrand. So wandert der Darß langsam weiter Richtung Osten.

Traditionelles Handwerk: Darßer Türen erobern Europa

Die Motive der traditionellen Türen sind eng mit der maritimen Kultur der Darßer Segelschifffahrtszeit im 19. Jahrhundert verbunden. Foto: © Marion SchwarzmannDie Motive der traditionellen Türen sind eng mit der maritimen Kultur der Darßer Segelschifffahrtszeit im 19. Jahrhundert verbunden. Foto: © Marion Schwarzmann

René Roloff hat sich entschlossen, einen Gang runterzuschalten. Nach zehn Jahren gab er sein Bürgermeisteramt in Prerow auf und widmet sich seitdem wieder intensiv und mit Leidenschaft seinem aussterbenden Handwerk. Zusammen mit seinem Bruder Dirk führt er in der alten Familientischlerei die Tradition der handgeschnitzten Darßer Haustüren weiter.

Die beiden können sich vor Aufträgen kaum retten: Bis in die Schweiz und nach Norwegen werden die massiven Holztüren mit ihrer bunt bemalten Dekoration wie Blumensträuße, Sonne, Kraniche und Schiffe verschickt. "Das Böse sollte draußen bleiben", erläutert Roloff die durchweg positiven Motive. So gilt ein Tulpenstrauß als Lebensbaumsymbol. "Hinter jeder Tür steht eine Geschichte", weiß der 60-Jährige. Gelebte Historie, die man auf dem Darß bei zahlreichen reetgedeckten Häusern noch heute entdecken kann.

Weitere InformationenÜbernachtung: 
strandhotel-zingst.de

Restaurants:
strandkate-zingst.de
caferosengarten.net

Ausstellung:
zingst.de/fotofestival-horizonte

Region:
fischland-darss-zingst.de
auf-nach-mv.de

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: