Reinhard Quast, Bauunternehmer aus Siegen und Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, vor der Presse in Berlin. (Foto: © ZDB)

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Bauhandwerk und Bauindustrie erwarten 2020 ein solides Wachstum

Handwerkspolitik

Der Aufschwung in der Bauwirtschaft hält im neunten Jahr in Folge an. Für 2020 rechnen die Verbände mit einem Umsatzwachstum im Bauhauptgewerbe von 5,5 Prozent auf 145 Milliarden Euro.

Die Bauwirtschaft erwartet für das laufende Jahr 2019 ein Umsatzwachstum im Bauhauptgewerbe von 8,5 Prozent auf 137,2 Milliarden Euro. Das Baugewerbe übertrifft damit seine eigene Prognose. Man hatte zunächst einem Umsatzwachstum von sechs Prozent gerechnet und dies im Laufe des Jahres diese auf ein Plus von 8,5 Prozent nach oben korrigiert.

Auch im Jahr 2020 gibt es viel zu tun. Die Verbände rechnen mit einem Umsatzplus von 5,5 Prozent auf dann 145 Milliarden Euro. Die Dynamik der Preisentwicklung für Bauleistungen habe sich im Jahresverlauf 2019 von knapp sechs Prozent auf 4,5 Prozent abgeschwächt. Der Umsatz in 2020 könnte angegesichts dieser Entwicklung real um ein Prozent wachsen. 

Dies berichteten der Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, Peter Hübner, und des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Reinhard Quast, am 18. Dezember vor der Presse in Berlin.

Der Fachkräftebedarf der Bauunternehmen sei entsprechend weiter hoch. Man rechne mit einem Personalbestand von 870.000 Beschäftigten im Jahresdurchschnitt (plus 1,5 Prozent). Im Jahr 2009 zählte das Baugewerbe noch 705.000 Beschäftigte

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Der Aufschwung sei letztlich eine Gegenreaktion auf die 15 Jahre anhaltende Zurückhaltung bei Investitionen in die Infrastruktur und im Wohnungsbau, "die zu einem immensen Investitionsstau geführt hat, den wir nun sukzessive abarbeiten", so die Präsidenten. 

Die Betriebe des Bauhandwerks und der Bauindustrie stellen jedes Jahr neue Beschäftigte ein – sofern sie Fachkräfte finden. Außerdem treiben sie ihre Investitionen in Ausrüstungen stärker voran als die übrigen Wirtschaftsbereiche. Seit hätte die Bauwirtschaft ihre realen Investitionen in Ausrüstungen und Maschinen kontinuierlich mehr als verdoppelt, hieß es.

Die Zahlen im Einzelnen

Wohnungsbau: "Endlich die Afa auf drei Prozent erhöhen"

"Die Grundpfeiler im Wohnungsbau sind weiter stabil", betonte ZDB-Präsident Reinhard Quast.  Um Planungssicherheit für die Unternehmen zu schaffen, müssten allerdings langfristige Impulse gesetzt werden, zum Beispiel die dauerhafte Erhöhung der linearen Afa von zwei Prozent auf drei Prozent. Hierbei handele es sich nicht um eine Subvention, sondern um eine Anpassung der Abschreibungsfristen an die tatsächliche Nutzungsdauer.  

Sowohl vom Baukindergeld also auch von der Sonder-Afa würden hingegen nur kurzfristige Impulse ausgehen.  

Für mehr bezahlbaren Wohnraum in den Ballungsgebieten fordern die Bauverbände mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. "Mietendeckel und Mietpreisbremsen sind vor allem auch Investitionsbremsen. Denn Investoren gehen dorthin, wo die Rahmenbedingungen gut sind", so Quast.

Im Wohnungsbau wird ein Umsatz von etwa 54,2 Milliarden Euro erwartet. 2019 waren das noch 51 Milliarden Euro. Das würde eine Steigerung um sieben Prozent bedeuten. "Wir gehen für 2020 von der Fertigstellung von zirka 310.000 Wohnungen aus. Bis zum Oktober 2019 wurden für insgesamt fast 290.000 Wohnungen Baugenehmigungen erteilt, genauso viele wie im Vorjahr," so HDB-Präsident Hübner.

Wirtschaftsbau: Ambivalente Entwicklung

Während die (Hoch)-Baugenehmigungen bei Fabrik- und Werkstattgebäuden seit drei Monaten rückläufig sind, zeigen die Baugenehmigungen für Lager- und Handelsgebäude sowie Büro- und Verwaltungsgebäude aufsteigende Tendenz. Die stabile Entwicklung bei den Handels-und Lagergebäuden sei vom privaten Konsum angetrieben.

Einen positiven Trend gibt es im Wirtschaftstiefbau: Die monatlichen Auftragseingänge liegen hier seit Ende des ersten Quartals 2019 im Vorjahresvergleich kumulativ stabil bei plus zen Prozent. Damit sei die Reichweite der Aufträge deutlich angestiegen.

"Dieses führen wir vor allen Dingen auf die Investitionen für Bahnstrecken, Brücken- und Tunnelbauten der Deutschen Bahn zurück. Der Bundeshaushalt sieht hier für das kommende Jahr noch einmal eine Erhöhung der Investitionszuschüsse um 1,1 Milliarden Euro auf 6,6 Milliarden Euro (plus 18 Prozent) vor," so Peter Hübner.

Für 2020 erwarten die Verbände im Wirtschaftsbau einen Umsatz von etwa 51,3 Milliarden Euro; nach 48, Milliarden Euro in 2019, also ein Plus von 5,5 Prozent.

Öffentlicher Bau: Fast 40 Milliarden Euro Umsatz

Die Bauverbände begrüßten die Investitionsoffensive im Bereich der Bundesfernstraßen. Sie fordern weiterhin eine Verstetigung der öffentlichen Investitionen. "Denn die aufgrund der Bauoffensive erlebbaren Baustellen und damit einhergehen Stau- und Wartezeiten wären mit einer bedarfsgerechten Finanzausstattung in früheren Jahren vermeidbar gewesen," betonte Quast.

"Mit rund 17 Milliarden Euro pro Jahr, davon über zehn Milliarden Euro für Straße und Wasserstraße, kann es gelingen, dem Wirtschaftsstandort Deutschland wieder eine adäquate Infrastruktur zu verschaffen. Dies ist an sich ein Signal der Planungssicherheit für unsere Bauunternehmen."

Peter Hübner warnte in dem Zusammenhang davor, das Vertrauen der Bauunternehmen auf langfristige Investitionen zu zerstören, indem sich die Länder im Hinblick auf die Gründung einer Autobahn GmbH vom Markt zurückziehen und keine Ausschreibungen mehr veröffentlichen.

 "Kapazitätsaufbau braucht stabile Rahmenbedingungen. Es ist uns besonders wichtig, dass der Übergang von der Auftragsverwaltung der Länder zurück zum Bund, zur Autobahn GmbH, reibungslos gestaltet wird. Wir benötigen eine verstetigte Vergabe durch die Auftragsverwaltung der Länder – und zwar bis zum 31. Dezember 2020 – und keinen Tag weniger."

Insgesamt erwarten die Verbände im öffentlichen Bau für 2020 einen Umsatz von 39,5 Milliarden Euro; nach 38 Milliarden Euro in 2019; (plus vier Prozent).

Beschäftigung: 14.061 neue Ausbildungsverträge

Das Baugewerbe stellt jedes Jahr mehr Beschäftigte ein, so auch in 2019: Gegenüber 2018 haben die Unternehmen ihre Belegschaften um weitere  20.000 Mitarbeiter auf insgesamt etwa 857.000 Beschäftigte erhöht. Im Jahr 2009 waren es noch ca. 705.000 Beschäftigte.

Zum 31. Dezember 2018 konnten 14.061 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen werden (plus 8,6 Prozent). Das war bereits der fünfte Anstieg in Folge, berichten die Verbandschefs in Berlin.

Ein Bauingenieurstudium hätten im Wintersemester 2019/2020 knapp 11.000 Studentinnen und Studenten aufgenommen.

Der Personalzuwachs im Bauhauptgewerbe werde auch durch ausländische Arbeitnehmer generiert. So sei der Anteil ausländischer sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer an allen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern nach Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Bauhauptgewerbe von etwa acht Prozent im Jahr 2008 auf zirka  20 Prozent angestiegen.

Westbalkan-Regelung über 2020 hinaus verlängern

Jeder fünfte Arbeitnehmer habe mittlerweile einen ausländischen Pass. "Über 80 Prozent kommen dabei aus den mittel- und südosteuropäischen Ländern." Hier spiele die sogenannte Westbalkan-Regelung eine herausragende Rolle.

"Es ist für uns wichtig, dass die Westbalkan-Regelung über 2020 hinaus verlängert wird. Denn das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet für berufserfahrene Arbeitnehmer keine Möglichkeit, auch nur befristet, auf den deutschen Arbeitsmarkt zu kommen," so Quast.

 

Text: / handwerksblatt.de

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