Eigentlich sind Arbeitgeber schon heute verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Belegschaft zu erfassen.

Eigentlich sind Arbeitgeber schon heute verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Belegschaft zu erfassen. Das Gesetzgebungsverfahren läuft aber noch. (Foto: © Sornranison Prakittrakoon/123RF.com)

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Zeiterfassung: Handwerk plädiert für flexible Lösung

Die Erfassung der Arbeitszeiten darf die Handwerksbetriebe nicht zu stark belasten und sollte daher so bürokratiearm wie möglich gestaltet werden. Das forderte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales.

Am 9. Oktober 2023 fand im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales eine öffentliche Anhörung zur Arbeitszeiterfassung statt. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat als Sachverständiger daran teilgenommen und für die Arbeitgeber des Handwerks Stellung bezogen. Der ZDH plädierte dabei für eine moderate Ausgestaltung der geplanten gesetzlichen Vorgaben, die sowohl die berechtigten Interessen der Handwerksbetriebe als auch die der Beschäftigten angemessen berücksichtigten. Dies werde in erster Linie durch den Antrag der CDU/CSU-Fraktion erreicht.

Bürokratie belastet die Betriebe schon jetzt übermäßig

Jan Dannenbring, Abteilungsleiter für den Fachbereich Arbeitsmarkt /Tarifpolitik des ZDH, betonte den Grundsatz der Formfreiheit in den zugrundeliegenden Entscheidungen des EuGH und des Bundesarbeitsgerichts. Er forderte, die Zeiterfassung müsse flexibel gehandhabt werden können. Im Baugewerbe gebe es Arbeitsplätze, die der elektronischen Zeiterfassung Grenzen setzen, etwa bei wechselnden Einsatzorten. Viele kleinere Unternehmen würden dadurch überfordert. Dannenbring plädierte dafür, in Tarifverträgen flexible Regelungen aufzunehmen. Er wünschte, dass der Gesetzgeber Tarif-Öffnungsklauseln ermöglicht.

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Der ZDH-Vertreter wies darauf hin, dass gerade in den aktuell schwierigen wirtschaftlichen Zeiten alles darangesetzt werden müsse, um vor allem die kleinen Betriebe des Handwerks nicht zusätzlich zu belasten. So beklagten schon jetzt die Unternehmen die immer neuen Dokumentations- und Berichtspflichten, die aus nationalen und europäischen Regelungen stammen. Als Beispiel nannte er Umwelt, Nachhaltigkeit oder Lieferketten. Eine pauschale Vorgabe einer taggenauen, elektronischen Zeiterfassung würde zu wenig Rücksicht auf die in den unterschiedlichen Branchen und Betrieben etablierten Verfahren zur Arbeitsaufzeichnung nehmen.

Auch Papier und Stift sollen zur Aufzeichnung möglich sein

Im Einzelnen sei der Antrag der Unionsparteien vor allem in diesen Punkten zu begrüßen:

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  • Vertrauensarbeitszeit bleibt möglich
  • Alternative Formen der Zeiterfassung sind zugelassen (auch Papier und Stift)
  • keine Pflicht zur taggenauen Arbeitszeiterfassung
  • Delegation der Arbeitszeiterfassung bleibt weiterhin möglich
  • Wöchentliche Höchstarbeitszeit als Maßstab der Arbeitszeiterbringung
  • Öffnung der Ruhezeiten für tarifliche Vereinbarungen auch dort, wo der Gesetzgeber sie derzeit im deutschen Arbeitszeitgesetz nicht vorsieht

Gebäudereiniger für Wochen-Erfassung

Für eine flexible Arbeitszeiterfassung machte sich auch Wolfgang Molitor vom Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks stark. Eine Wochen-Erfassung der Arbeitszeit hielt er für richtig. Eine taggenaue elektronische Zeiterfassung sei nicht überall möglich, weil verschiedene Dienstleistungen an verschiedenen Orten erbracht werden müssten. Viele Beschäftigte seien demnach skeptisch gegenüber dieser Art der Zeiterfassung.

Auch andere Sachverständige äußerten sich, die Stellungnahmen reichten dabei von einer möglichst detaillierten bis hin zu einer möglichst flexiblen Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes.

Hintergrund

Eigentlich sind Arbeitgeber schon heute verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Belegschaft zu erfassen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits in einer viel beachteten Entscheidung im September 2022 verkündet. Die bloße Bereitstellung eines Zeiterfassungssystems genügt nicht. Vorangegangen war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das eine Erfassung der Arbeitszeiten verlangt ("Stechuhr-Urteil"). Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung wird derzeit innerhalb der Ressorts abgestimmt und war Anlass der Anhörung im Bundestagsausschuss.

Gesetzentwurf Elektronische Zeiterfassung wird Pflicht – aber nicht für Kleinbetriebe! > Hier mehr lesen!Das "Stechuhr-Urteil" des EuGH Die Arbeitszeiten der Beschäftigten müssen durch ein verlässliches System gemessen werden. Das sagt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 14. Mai 2019, Az C-55/18. Alle EU-Mitgliedstaaten der EU müssten die Unternehmen verpflichten, die tägliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Nur so ließe sich überprüfen, ob die zulässigen Höchstarbeitszeiten überschritten würden. Bekannt wurde der Richterspruch in den Medien als das "Urteil zur Rückkehr der Stechuhr".
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)  verlangt vom deutschen Gesetzgeber Ausnahmen für kleine Betriebe und betont, dass der EuGH diese ausdrücklich für kleinere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugelassen hat. In dem EuGH-Urteil heißt es, dass die nationalen Gesetze "den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung tragen" könnten.

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Text: / handwerksblatt.de

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