Faustformel: 0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit – letztlich ist die Höhe aber reine Verhandlungssache.

Faustformel: 0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit – letztlich ist die Höhe aber reine Verhandlungssache. (Foto: © bacho12345/123RF.com)

Vorlesen:

Arbeitsrecht: Das sollte man über die Abfindung wissen

Betriebsführung

Viele Arbeitnehmer glauben, dass sie bei einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag automatisch Geld bekommen. Das ist falsch! Diesen und andere Irrtümer klärt ein Experte auf.

"Kein Gesetz sagt: Der Chef muss zahlen!" erklärt Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel und gibt einen Überblick, wann der Arbeitgeber eine Abfindung leisten muss – und wann nicht.

Kein gesetzlicher Anspruch

Es gibt keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf Abfindung. In vielen Fällen werden Abfindungen freiwillig gezahlt – oder sie sind das Ergebnis intensiver Verhandlungen oder gerichtlicher Auseinandersetzungen. Eine Ausnahme liegt vor, wenn ein Sozialplan oder ein Arbeitsgericht eine Abfindung anordnet. Auch in diesen Fällen gelten jedoch verbindliche Regeln.

Sozialplan: Bindung trotz Klage

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass ein im Sozialplan festgelegter Anspruch auf Abfindung verbindlich bleibt – selbst dann, wenn der Arbeitgeber dagegen klagt. Damit gilt: Wurde eine Zahlung vereinbart, ist diese auch tatsächlich und fristgerecht zu leisten.

Kommt es zu einer betriebsbedingten Kündigung, kann eine Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz in Betracht kommen, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind:

Das könnte Sie auch interessieren:

  • Der Arbeitgeber bietet die Abfindung bereits in der Kündigungserklärung an.

  • Der Arbeitnehmer erhebt keine Kündigungsschutzklage.

  • Die Kündigungsfrist läuft ordnungsgemäß ab.

Die gesetzliche Berechnung sieht vor: 0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. Allerdings gilt diese Regelung nur, wenn der Arbeitgeber diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmt.

Aufhebungsvertrag: Verhandlungssache

Wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen, handelt es sich um eine reine Verhandlungssituation. Mit der Unterschrift verzichten Arbeitnehmer meist auf bestimmte Rechte. Um dies auszugleichen, wird häufig eine Abfindung angeboten. Ein gesetzlicher Anspruch existiert hier jedoch auch nicht. Als Orientierung dient häufig die Faustformel: 0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit – letztlich ist die Höhe aber reine Verhandlungssache.

Kündigungsschutzklage: Anordnung durch Gericht

Wird Kündigungsschutzklage erhoben und der Arbeitnehmer gewinnt, kann das Arbeitsgericht dennoch entscheiden, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr zumutbar ist. In einem solchen Fall wird das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Höhe bestimmt das Gericht anhand von Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstatus und Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Vergleich vor dem Arbeitsgericht

Ein großer Anteil der Kündigungsschutzverfahren endet nicht mit einem Urteil, sondern mit einem gerichtlichen Vergleich. Dieser sieht häufig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vor. Für Arbeitgeber entsteht dadurch ein Vorteil: Sie vermeiden Risiken, etwa die Rückkehr einer unerwünschten Arbeitskraft in den Betrieb.

Abfindung bei Missachtung des Betriebsrats

Verstößt ein Arbeitgeber gegen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats – etwa durch Täuschung oder Ignorieren der Mitbestimmung –, kann dies erhebliche finanzielle Folgen haben, legt § 113 BetrVG fest. In einem solchen Fall kann das Gericht eine Abfindung anordnen, unabhängig von Kündigungsgrund oder Verhandlungssituation.

Fazit

Ein gesetzlicher Automatismus für eine Abfindung besteht nicht. Abfindungen beruhen meist auf Verhandlungen oder gerichtlichen Entscheidungen. Wer taktisch verhandelt, kann dadurch einen finanziellen Vorteil erzielen.

Die Berater in den Handwerkskammern helfen Ihnen bei Rechtsfragen gerne weiter!

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: