Mit dem "Bauvertrag" und dem "Verbraucherbauvertrag" hat der Gesetzgeber zwei Vertragsarten definiert, die es vorher im Gesetz nicht gab – in der täglichen Praxis allerdings schon. Die geänderten Vorschriften erleichtern manches, werfen wegen einiger Unklarheiten aber auch neue Fragen auf. Außerdem gibt es viele Änderungen bei Details wie Rechnung, Nachtragsforderung oder Abnahme.
Checkliste: Antworten auf die wichtigsten zwölf Fragen!
1. Was ist ein Bauvertrag?
Bisher unterfielen alle Bauverträge dem allgemeinen Werkvertragsrecht. Nach der neu eingeführten Definition "Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon“ kann bei einigen Ausbauhandwerken die Abgrenzung schon mal schwierig werden. "Auf die Arbeit von Elektrotechnikern oder Kälteanlagenbauern etwa findet das Baurecht keine Anwendung“, erklärt Jurist Michael Bier, LL.M., Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf, "das gleiche gilt für das Gerüstbauerhandwerk.“
2. Welche ist die beste Änderung für Handwerker?
Zusammen mit dem Bauvertragsrecht wurde auch die Mängelgewährleistung neu geregelt. Und diese Reform ist ein großer Erfolg für das Handwerk: Händler, die mangelhaftes Material liefern, müssen Handwerkern, die dies verbaut haben, künftig nicht nur die Materialkosten, sondern auch die Ein- und Ausbaukosten erstatten.
Diese Haftung ist unabhängig von einem Verschulden des Verkäufers und so etwas gibt es im deutschen Recht nur sehr selten. Bislang verwehrte die Rechtslage den Handwerkern einen solchen Ersatz. Verlangen können ihn jetzt alle materialverarbeitenden Betriebe, auch beispielsweise Maler und Lackierer, die im Gesetzentwurf ursprünglich nicht abgedeckt waren. Außerdem haben Handwerker das Recht zur Wahl der Nachbesserung: Sie entscheiden, ob der Lieferant ihnen Geld zahlen oder die Mängelbeseitigung beim Kunden durchführen muss.
Den Ersatzanspruch können die Händler jedoch gegenüber Handwerkern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einschränken. Wie weit sie es in der Praxis tun werden, wird sich zeigen. Dann wird eine Rechtskontrolle durch die Gerichte stattfinden – nach den Grundsätzen des AGB-Rechts, die auch auf kleine Handwerksbetriebe ausstrahlen.
3. Was bedeutet das neue Anordnungsrecht des Bauherrn?
Foto: © Tatiana_Badaeva_123RF.com Ein häufiger Fall: Der Kunde hat Sonderwünsche, die eine Änderung des vereinbarten Werks bedeuten. Können Unternehmer und Kunde sich binnen 30 Tagen nicht auf einen Nachtrag verständigen, darf künftig auch der private Auftraggeber die Änderungen einseitig anordnen. Er muss seine Anordnung in Textform vorlegen, sonst ist sie nichtig. Der Handwerker muss dann zwingend ein Nachtragsangebot vorlegen, sofern es ihm zumutbar ist.
Kriterien für Unzumutbarkeit können die technischen Möglichkeiten oder terminliche Verpflichtung gegenüber einem anderen Auftraggeber sein. Der Auftragnehmer muss sein Angebot erst abgeben, wenn er die notwendigen Pläne kennt. "Das Anordnungsrecht ist gar nicht so neu, vielen Betrieben ist es schon aus der VOB/B bekannt. Im Gegenzug für das Anordnungsrecht des Bestellers bekommt der Auftragnehmer ein Recht auf Bezahlung. In den neuen Paragrafen sind die Voraussetzungen nun genau geregelt“, weiß Bier.
4. Wie hoch ist die Vergütungsanpassung?
Quasi als Gegenleistung für das Anordnungsrecht des Bestellers ist jetzt im Gesetz verankert, dass der Handwerker seine Vergütung entsprechend anpassen darf. Das heißt, er kann Abschlagszahlungen von bis zu 80 Prozent der vertraglichen Leistung fordern, selbst wenn man sich über den Nachtrag nicht einig ist. Dieser Anspruch darf nicht ausgeschlossen werden. Bei der Berechnung der Nachtragsvergütung dürfen Unternehmer auf ihre ursprüngliche Kalkulation zurückgreifen. "Vorteil der neuen Regelung ist, dass sie sich am Wert der erbrachten Leistungen orientiert, wie es schon in der VOB/B üblich ist“, freut sich der Experte.
5. Was ist die Abnahmefiktion?
Oft hört der Handwerker nach Ende seiner Arbeit vom Auftraggeber nichts mehr, vor allem, wenn es zuvor Streit gab. Die neue Regelung soll es Auftraggebern unmöglich machen, die Abnahme durch einfaches Schweigen zu verhindern. Der Unternehmer kann dem Kunden jetzt eine angemessene Frist zur Abnahme setzen, wenn er das Werk fertig gestellt hat. Verweigert der Besteller die Abnahme, gilt das Werk als abgenommen. Zwar kann der Kunde die Abnahmefiktion verhindern, indem er irgendeinen Mangel nennt, bei unwesentlichen Mängeln bleibt er aber zur Abnahme verpflichtet. Handelt es sich beim Besteller um einen Verbraucher, muss der Unternehmer ihn bei der Fristsetzung auf die Folgen seiner Verweigerung schriftlich hinweisen.
6. Was geschieht bei der Zustandsfeststellung?
Verweigert der Besteller die Abnahme, kann der Unternehmer ihn zu einer gemeinsamen Feststellung des Werkszustands auffordern und dazu einen Termin festsetzen. Nimmt der nicht daran teil – obwohl er nun gesetzlich dazu verpflichtet ist – stellt der Auftragnehmer alleine den Zustand fest. Danach entfällt seine Haftung für Folgeschäden. Bei einer gemeinsamen Zustandsfeststellung müssen beide Parteien unterzeichnen. Jurist Bier rät: "Die Zustandsfeststellung kann für den Handwerker hilfreich sein, den Besteller unter Druck zu setzen. Sie ist auch wichtig für die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozess.“
7. Wozu dient die einstweilige Verfügung?
Foto: stillfx/123RF.com Bei Streit über das Anordnungsrecht und die Nachtragsforderungen können beide Parteien eine einstweilige Verfügung im gerichtlichen Eilverfahren beantragen. So kann schon während der Bauphase eine Klärung herbeigeführt werden. "Gerade Projekte von öffentlichen Auftraggebern, bei denen die Prüfung strittiger Nachtragsleistungen oft viel zu lange dauert, stellen die neuen gesetzlichen Regelungen eine echte Verbesserung für den Auftragnehmer dar“, so Kammerjurist Bier. Die neu eingeführten, bundesweiten Baukammern bei den Landgerichten sollten ebenfalls dazu beitragen, dass Handwerker schneller an ihr Geld kommen können.
8. Welche Angaben muss der Unternehmer zur Bauzeit machen?
Beim Neubau und bei erheblichen Umbaumaßnahmen mit Verbrauchern (Verbraucherbauvertrag) muss der Auftragnehmer einen verbindlichen Termin für die Fertigstellung nennen, mindestens jedoch zur Dauer der Bauausführung. Hinzu kommen Informations- und Dokumentationspflichten.
9. Gibt es jetzt eine Kündigung aus wichtigem Grund?
Dieses Recht ist neu im Gesetz festgeschrieben: Beide Seiten können den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. Passiert das, müssen sie gemeinsamen den Leistungsstand feststellen. Dieser ist maßgeblich für den Werklohnanspruch. Wer nicht mitwirkt an der Feststellung, trägt die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Generell muss eine Kündigung jetzt schriftlich erfolgen, das heißt, eine einfache E-Mail genügt nicht.
10. Was sagt der neue Verbraucherbauvertrag?
Foto: Olena_Yakobchuk/123RF.com Foto: © Olena Yakobchuk/123RF.comAls neuer Vertragstypus ist im BGB nun der Verbraucherbauvertrag geregelt. Hier ist die Textform vorgeschrieben, das heißt, alles muss schriftlich festgehalten werden. Diese neuen Regeln gelten aber ausschließlich für Verträge, in denen ein Verbraucher einen Unternehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Gebäudes beauftragt. Einzelne Aufträge, wie etwa der Einbau einer neuen Heizung oder die Ausbesserung von Dachschäden, fallen nicht darunter. "Daher werden absehbar nur wenige Handwerksbetriebe von diesen Vorschriften betroffen sein, sondern in erster Linie Bauträger“, beruhigt Rechtsexperte Bier.
11. Wann gilt das Widerrufsrecht?
In Zukunft haben Verbraucher beim Neubau und bei erheblichen Umbaumaßnahmen ein Widerrufsrecht, über das der Unternehmer sie belehren muss. Das Widerrufsrecht gilt hier aber generell und unabhängig von der Situation des Vertragsschlusses – anders als das Widerrufsrecht bei den sogenannten Haustürgeschäften. Auch das gesetzliche Muster der Widerrufsbelehrung weicht etwas vom bekannten Verbraucherwiderruf außerhalb geschlossener Geschäftsräume ab.
12. Was ändert sich bei der Rechnungsstellung?
Im Bauvertrag mit privaten Bestellern muss der Auftragnehmer künftig eine prüffähige Rechnung stellen, allerdings ohne die 30-tägige Prüffrist, wie sie die VOB/B vorsieht.
Praxistipp
Die Rechtsberater Ihrer Handwerkskammer helfen Ihnen bei Fragen gerne weiter.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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