Eine Schallschutzverglasung fehlte dem Haus, obwohl es an einer großen Straße lag.

Eine Schallschutzverglasung fehlte dem Haus, obwohl es an einer großen Straße lag. (Foto: © Dmitry Kalinovsk/123RF.com)

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Wer den Schallschutz unterschreitet, muss das vorher klarstellen

Bei der Bauplanung kurz auf "Schalldämmung nach DIN 4109" zu verweisen, genügt nicht. Der Unternehmer muss dem Auftraggeber die Regelwerke erläutern.

Bauherren, die fachliche Laien sind, muss der Unternehmer über die üblichen Qualitätsstandards des Schallschutzes aufklären. Gerade weil die DIN 4109 veraltet ist. Nach den anerkannten Regeln der Technik zu arbeiten, heißt auch, im Planungsstadium über die technischen Details der Regelwerke zu sprechen.

Der Fall

Ein Ehepaar hatte ein Fertighaus an einer viel befahrenen Straße errichten lassen und reklamierte später: Der Schallschutz von Wänden und Fenstern sei unzureichend. Laut Vertrag sollte das Haus nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet werden. Das Paar weigerte sich, den restlichen Werklohn zu zahlen. Es forderte einen Kostenvorschuss, um die Mängel zu beseitigen zu lassen.

Über Schallschutzmaßnahmen sei nie verhandelt worden, meinte der Auftragnehmer. Bei einem Gespräch habe eine Mitarbeiterin gesagt, die Fenster seien dreifach verglast. Auch bei dieser Gelegenheit hätten die Bauherren nicht nach deren Schalldämmung gefragt. "Schallschutzverglasung nicht gewünscht", wurde deshalb im Verhandlungsprotokoll notiert.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken stellte sich auf die Seite der Bauherren. Eine verbindliche Norm gebe es für Schallschutz zwar nicht, denn die einschlägige DIN 4109 sei veraltet und enthalte nur Mindeststandards. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger hatte aber festgestellt: Nicht einmal die DIN 4109 wurde hier eingehalten. Durch die Fassade werde doppelt so viel Schall übertragen, wie es zulässig sei. 

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Abweichen "nach unten" braucht ausdrückliche Vereinbarung

Die Schalldämmung müsse prinzipiell üblichen Qualitätsstandards entsprechen, betonten die Richter. Wer vom Standard abweiche, müsse die Auftraggeber über die Folgen informieren. Fachlich nicht vorgebildete Bauherren müssten die Konsequenzen unterschiedlicher Regeln verstehen. Einige gingen über die Anforderungen der DIN 4109 hinaus. Sich nach den anerkannten Regeln der Technik zu richten, bedeute auch, dass der Auftragnehmer im Planungsstadium mit den Bauherren die Regelwerke bespreche. Kurz auf "Schalldämmung nach DIN 4109" zu verweisen, genüge zur Information der Auftraggeber nicht – ganz abgesehen davon, dass deren Vorgaben nicht erfüllt seien.

Wer aber von den anerkannten Regeln der Technik abweichen wolle, müsse erst informieren und dann eine ausdrückliche Vereinbarung darüber treffen – was  hier fehle.

Auch die schlichte Frage danach, ob sie Schallschutzfenster wünschten, sei keine korrekte Aufklärung. Der Fertighaus-Unternehmer hätte den Auftraggebern diese fachlich komplexe Materie erläutern und diese mit ihnen erörtern müssen. 

Der Unternehmer musste daher die Beseitigung der Schallschutzmängel finanzieren.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 30. Juli 2020, Az. 4 U 11/14 

Praxistipp

Rechtsanwalt Dr. Achim Olrik Vogel, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht: "Will der Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik 'nach unten' abweichen, muss eine solche Vereinbarung zum einen ausdrücklich erfolgen. Zum anderen muss er den Besteller auf die mit der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln verbundenen Risiken und Konsequenzen verständlich hinweisen, es sei denn, sie sind diesem bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ob eine solche Vereinbarung in vorformulierten Baubeschreibungen wirksam möglich ist, ist ungeklärt und meines Erachtens zu verneinen."

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