Wenn ein Messestand Verbrauchern den Eindruck vermittelt, hier werde nur informiert und nichts verkauft, haben sie ein Widerrufsrecht.

Wenn ein Messestand Verbrauchern den Eindruck vermittelt, hier werde nur informiert und nichts verkauft, haben sie ein Widerrufsrecht. (Foto: © Nuwat Chanthachanthuek/123RF.com)

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Kaminofen vom Messestand: Widerrufsrecht des Kunden?

Wer einen Kaminofen auf einer Messe kauft, hat unter Umständen kein Verbraucher-Widerrufsrecht. Das hängt davon ab, ob der Messestand als Verkaufsraum gestaltet ist.

Verbraucher können zwar prinzipiell Verträge widerrufen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden – also an einem Ort, wo sie nicht mit Angeboten rechnen und sich möglicherweise überrumpeln lassen. Verbraucher sind dort auf die Vertragsverhandlungen nicht vorbereitet und haben häufig keine Möglichkeit, Qualität und Preis mit anderen Angeboten zu vergleichen. Das Widerrufsrecht soll sie damit vor unüberlegten Vertragsabschlüssen schützen.

Ob dies auch bei einem Messestand gilt, hängt aber von dessen äußerlichem Eindruck ab sagt der Bundesgerichtshof (BGH).

Der Fall

Die "Internationale Grüne Woche" ist eine Publikumsmesse in Berlin mit Schwerpunkt Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Am Messestand eines Anbieters für Kamine und Kachelöfen unterschrieb ein Ehepaar einen Kaufvertrag: Das Unternehmen sollte einen Kaminofen für 5.400 Euro liefern und montieren. Einige Tage später widerriefen die Kunden den Vertrag.

Der Kaminbauer wehrte sich und verlangte die vereinbarte Summe: 1.763 Euro nach Abzug von Steuer, Material- und Montagekosten. Der Kunde sei nicht zum Widerruf berechtigt gewesen, argumentierte er. Der Kauf an dem Messestand falle nicht unter die Regelung zum Widerrufsrecht.

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Das Urteil

Der Bundesgerichtshof sah das genauso. Der Begriff "Raum" sei nicht physikalisch/bautechnisch zu verstehen. Ein Gewerberaum liege vielmehr auch vor, wenn die Verkaufstätigkeit von einem Stand aus betrieben werde. Maßgeblich sei, ob eine Überrumpelung des Verbrauchers vorliege oder ob dieser mit entsprechenden Angeboten zum Vertragsschluss habe rechnen müssen.

Für einen aufmerksamen und verständigen Messebesucher sei der offensichtliche Verkaufscharakter der Messe erkennbar, das spreche gegen ein Widerrufsrecht. Jeder Besucher sehe sofort, dass hier Händler Waren verkaufen, so dass von einer Überrumpelung nicht gesprochen werden könne.

Zwar sei die "Grüne Woche" überwiegend eine Ausstellung der Ernährungs- und Landwirtschaft. Darauf beschränke sich aber die Produktpalette nicht. Für Haustechnik gebe es sogar einen eigenen Ausstellungsraum – auch hier müssten die Kunden mit kommerziellen Angeboten rechnen. Der Kamin stelle daher kein fachfremdes Produkt auf der "Grünen Woche" dar und es liege keine Überrumpelung vor. 

Aussehen des Standes entscheidet

Die Bundesrichter verwiesen den Rechtsstreit daher an die Vorinstanz, das Landgericht Frankfurt/Oder zurück. Dieses soll nun die Frage klären, ob auch das konkrete Erscheinungsbild des Messestandes gegen ein Widerrufsrecht gesprochen habe. Das sei der Fall, wenn der Messestand des Unternehmens Verbrauchern eher den Eindruck vermittle, hier werde nur über Kaminöfen informiert und nichts verkauft. Dann wäre der Widerruf wirksam und die Kunden müssten nicht zahlen.

Hätte ein informierter, verständiger Verbraucher wegen des äußerlichen Eindrucks vom Messestand und der hier verbreiteten Informationen vernünftigerweise den Schluss gezogen, dass das Unternehmen dort seine übliche Tätigkeit ausübe, also Kaminöfen verkaufe, sei der Vertrag wirksam und es gebe kein Widerrufsrecht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. April 2019, Az. VIII ZR 244/16 

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Text: / handwerksblatt.de

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