Handwerk kocht: Rheinischer Schnibbelbohneneintopf
Er beherrscht sein Handwerk, zerstört es, erfindet es wieder neu und beweist ganz nebenbei mit überschäumender Lebenslust, wie viel Kreativität im Beruf des Metzgers steckt.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Handwerk kocht
"Pet Eri Nho Ven" – was habe ich und was kann ich daraus machen? Mit einem glücklichen Grinsen im Gesicht zeigt Pet er/I_nho_ven auf seine schwarze Schürze mit den großen goldenen Buchstaben. Für das aktuelle Firmenlogo hat der Düsseldorfer kurz seinen Namen aufgedröselt und wieder neu zusammengesetzt. Damit zeigt sich der Fleischstylist einmal mehr als Jongleur der Worte. "Ich liebe Wörter, weil ich dadurch ein wenig interessieren und ein bisschen kontrovers sein kann.
Beruf wie ein Künstler betrachten
Foto: Inga Geiser Ich finde, man sollte seinen Beruf ähnlich wie ein Künstler betrachten. Das Werk beherrschen, zerstören und neu erfinden. Von einer anderen Perspektive darüber schauen, Kraft daraus schöpfen und eine neue Interpretation den Leuten zeigen. Das ist das Schöne daran. Zu zeigen, dass man ein einfaches Handwerksprodukt auch anders präsentieren kann."
Geliebte Handwerkskunst
Das gelingt dem Handwerksmeister vorzüglich in der Manege seines Wurstzirkus. Seit Jahren tourt Peter Inhoven mit der appetitlichen Bratwurstshow erfolgreich durch Deutschland. Besucht angesagte Events ebenso wie Kitas. Ohne Netz und doppelten Boden offenbart der sprachgewandte Inhoven einem meist hungrigen Publikum, dass eine Bratwurst viel mehr sein kann als nur eine Phosphatstange. Witzig. Eloquent. Handwerklich. "Es ist schön zu beweisen, wie gut ein so grundlegender Artikel wie eine Bratwurst vom deutschen Fleischerhandwerk schmeckt", begeistert Peter Inhoven mit seiner "geliebten Handwerkskunst" Jung und Alt für die fein gewürzten Gourmetstängchen mit so ausgefallenen Namen wie Politbüro, Shanghai Tiger, King of Laos oder Transsylvanische.
Auftritt in den Medien
Foto: Inga Geiser Liegt es am magischen Duft der Würstchen? Dem extravaganten Erscheinungsbild in der blütenweißen Uniform eines Schiffsstewards? Oder einfach an der fröhlich rheinischen Art? Mit der "mobilsten Wurstmanufaktur der Republik" schafft es Inhoven regelmäßig in die Medien. Schnell ist die Rede vom "Kultmetzger", stellt die Presse den Vergleich zu Karl Lagerfeld her. Übertrieben, findet der bodenständige Handwerker mit dem markanten Zopf. "Den Vergleich mit Karl Lagerfeld empfinde ich als überheblich. Zuerst war mein Friseur lange krank. Ich habe den Ratschlag angenommen, die Haare zusammenzubinden. Dabei habe ich es belassen. Es ist einfacher und ordentlicher."
Kraft schöpfen aus Handwerk und Tradition
Foto: Inga Geiser Zum Thema Kultmetzger hat der 48-Jährige auch eine Meinung: "Kultmetzger finde ich völlig daneben. Das schreiben Leute, denen nichts Besseres einfällt. Warum nicht mal neue Wortschöpfungen der Kollegen aus dem Friseurhandwerk adaptieren? Wurstschöpfer, Wurstkreateur oder Fleischstylist finde ich amüsant", sagt Peter Inhoven. "Und wenn schon, dann mag ich lieber die Bezeichnung Metzgermeister, um so das Handwerk und die Tradition zu unterstreichen". Handwerk, Tradition mit einem guten Schuss Heimatverbundenheit. Das sind die Zutaten, aus denen Peter Inhoven Kraft für seinen Fulltime-Job schöpft. Im Stadtteil Wersten führt er in dritter Generation den Familienbetrieb.
Unterstützung durch ein super Team
Kulinarisch unterstützt wird er von Ehefrau Ulli Sylvester, die einen Cateringbetrieb führt. "Und einem super Team." Die Liebe zum Kochen stand bei der Berufswahl für Inhoven allerdings nicht an erster Stelle. "Ich darf einen Beruf ausüben, bei dem alles verwertet wird, also praktisch einen Ökoberuf", entscheidet er sich nach der Schule bewusst, das Fleischerhandwerk zu lernen. Durch den Beruf ist die Affinität zum Kochen längst hergestellt.
Handwerklich und reell
Foto: Inga Geiser Zu Hause ist es aber Ehefrau Ulli, die als gelernte Köchin den Kochlöffel schwingt. "Wir als Metzger kochen mehr untereinander. Meine Frau kocht nebeneinander, mit so einer Leichtigkeit und vielen französischen Elementen. Sensationell." Für das Kochbuch der Verlagsanstalt Handwerk zaubert der Wurstmagier Inhoven dennoch ein Rezept aus dem Hut. Schnibbelbohneneintopf. "Das macht Spaß. Das ist nachvollziehbar. Das ist echt. Das ist rheinisch. Das ist handwerklich und reell."
Fotos: Inga Geiser
Rezept Schnibbelbohneneintopf für vier Personen
300 bis 400 gr. Lammschulter, Lammhals oder ein Zungenstück
1 bis 2 Beutel von milchsäurevergorenen Bohnen (nur beste Qualität nehmen)
8 Drillinge
1 Chillischote
1/2 dicke Metzgerzwiebel oder drei Schalotten
120 Gramm Speck
2/3 Zweige Thymian
Schmalz zum Anbraten (feines Schmalz, finde ich total lecker)
Zubereitung
Ich bereite das Gericht gerne in einem richtig dicken Gusstopf zu. Das Schmalz volle Kanne heiß werden lassen. Zwiebeln und Speck anbraten. Das Fleisch gewürfelt dazugeben. Die klein gedibbelten (geschnittenen) Kartoffeln, etwa so groß wie ein Fingernagel, daruntermischen. Die Kartoffeln roh etwas mit anrösten. Dann die Chillischote hinzufügen und das Ganze mit einem Schuss Brühe ablöschen.
In der Zwischenzeit die Schnibbelbohnen zweimal richtig mit brühend heißem Wasser abspülen. Direkt die Bohnen auf Zwiebeln, Speck und Kartoffeln geben. Noch einmal umrühren. Durch die leichte Feuchtigkeit der Bohnen brutzelt das so ein bisschen. Dann kann man ganz salopp mit Wasser oder Brühe auffüllen. Die Bohnen müssen leicht bedeckt sein, so dass sie nicht schwimmen. Man kann sie in circa 15 Minuten turbodämpfen. Mir sind die Bohnen dann aber zu knackig. Ich mag es lieber "rheinisch-mangs". Dafür lasse ich das Wasser zur Hälfte reduzieren. Nach dem Vorgang stelle ich den Herd auf ganz kleine Flamme, so dass das Gericht nur noch köchelt. Deckel drauf.
Die Bohnen verbinden sich mit den Kartoffeln. Aufpeppen kann man das noch mit einer schön geräucherten Mettwurst, einer Scheibe Kassler oder einer Räucherbacke. Einfach oben auflegen. Noch ein paar Minuten durchziehen lassen. Fertig, es kann serviert werden. Peffer, Salz nicht vergessen. Wer es mag, auch Knoblauch. Natürlich schmeckt am besten ein frisch gezapftes Altbier dazu. Selbstverständlich aus dem Hause Uerige. Und international: ein Pilsner Urquell.
Text:
Brigitte Klefisch /
handwerksblatt.de
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