Mit einer aktuellen Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Arbeitgebern beim Thema Urlaub.

Mit einer aktuellen Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Arbeitgebern beim Thema Urlaub. (Foto: © freeartist/123RF.com)

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Geld statt Urlaub: Nach drei Jahren ist Schluss

Wer aus dem Job ausscheidet und noch Resturlaubstage hat, kann sich diese auszahlen lassen. Aber nur drei Jahre lang, danach verjährt der Anspruch. Das Bundesarbeitsgericht hat damit seine Urlaubs-Rechtsprechung weiter präzisiert.

Endet das Arbeitsverhältnis, ist nicht genommener Urlaub abzugelten, also in Geld an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Dieser sogenannte Urlaubsabgeltungsanspruch kann aber nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden, er unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist. Mit einer aktuellen Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Arbeitgebern und präzisiert seine wegweisende Rechtsprechung aus Dezember 2022. Die Rechtslage stellt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott dar.

Arbeitgeber muss auf Resturlaub hinweisen

Regelungen zum Urlaub finden sich im deutschen Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Nicht genommener Urlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Das deutsche Urlaubsrecht wird aber maßgeblich durch EU-Vorgaben geprägt: Die europäische Arbeitszeit-Richtlinie enthält weitere Regelungen, die die deutschen Gerichte zu beachten haben. Über deren Auslegung und Einhaltung wacht der Europäische Gerichtshof (EuGH). Dieser hatte Arbeitgebern bereits mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 eine Aufklärungspflicht ins Stammbuch geschrieben: Wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nicht "durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt" werde, seinen Urlaub tatsächlich zu beanspruchen, dürfe der Urlaub nicht verfallen.

Das Bundesarbeitsgericht setzte diese Entscheidung 2019 um und schuf eine Hinweis- und Aufklärungspflicht des Arbeitgebers. Nur, wenn der Arbeitgeber diese erfüllt hatte, durfte Urlaub nach den Vorgaben des BUrlG zum Jahresende bzw. zum 31. März des Folgejahres verfallen. "Beliebter Rettungsanker für Unternehmen war in solchen Fällen aber weiterhin das Berufen auf die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist", erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott: "Auch Unternehmen, die ihre Hinweispflicht nicht erfüllt hatten, konnten weitergehenden Urlaubswünschen der letzten Jahre einen Riegel vorschieben."

Keine Verjährung des Urlaubsanspruchs

Mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom Dezember 2022 hatten die höchsten deutschen Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter diese Rechtsprechung aber geändert. Denn sie entschieden, dass Urlaub nur dann verjähren kann, wenn Unternehmen zuvor ihre Mitarbeiter darauf hingewiesen hatten, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt. "Unternehmen, die dem nicht nachgekommen waren, durften sich nach der Entscheidung nicht mehr auf Verjährung berufen. Damit können auch noch Urlaubsansprüche aus den letzten Jahren geltend gemacht werden", so der Fachanwalt. "Der Arbeitnehmerschutz stach hier die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist." Das deutsche Verjährungsrecht müsse in einem solchen Fall hinter den Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie zurücktreten.

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Zeitliche Grenze für die Auszahlung nicht genommenen Urlaubs

"Unklar war nach dieser Entscheidung aber noch, ob dies auch für die Abgeltung nicht genommener Urlaubsansprüche gilt", erklärt Fuhlrott. "Wäre dies der Fall, hätten Arbeitnehmer ihren vormaligen Arbeitgeber auf Auszahlung nicht genommener Urlaubsansprüche der letzten 20 oder 30 Jahre verklagen können. Damit bestand die Gefahr einer Klagewelle von Arbeitnehmern gegen ihre vormaligen Arbeitgeber."

Dem schob das Bundesarbeitsgericht in seiner aktuellen Entscheidung  nun aber einen Riegel vor: Danach unterliegt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung weiterhin der dreijährigen Verjährungsfrist. Diese beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, zu laufen. "Das Gericht begründet dies damit, dass die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses entfällt. Ab dann gelten die normalen Vorschriften – und damit auch die regelmäßige Verjährungsfrist", betont Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Hinzu kommt: Sehen Tarifverträge außerdem engere Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen vor, so gelten diese ebenfalls. Auch dies entschied das Bundesarbeitsgericht am 31. Januar 2023 in einem weiteren Urteil.

Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 31. Januar 2023, Az. 456/20 und 9 AZR 244/20

Praxistipp

"Arbeitgeber haben nach den heutigen Entscheidungen Grund zum Aufatmen: Denn das Bundesarbeitsgericht schiebt der zeitlich unbegrenzten Inanspruchnahme von Altarbeitgebern auf Auszahlung nicht genommener Urlaubsansprüche der Vorjahre einen deutlichen Riegel vor. Der durch Verjährung und Verfallfristen bezweckte Rechtsfrieden sticht unionsrechtliche Hinweispflichten jedenfalls bei Zahlungsansprüchen", fasst Arbeitsrechtsprofessor Fuhlrott die Entscheidungen abschließend zusammen.

Das Handwerk begrüßt die Urteile

"Die Urteile sind aus Sicht der Arbeitgeber des Handwerks zu begrüßen, schreibt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Sie stellten klar, dass Urlaubsabgeltung hinsichtlich Verjährung und tariflicher Ausschlussfristen anders zu behandeln sei als Urlaub in laufenden Arbeitsverhältnissen. Denn im Gegensatz zu Letztgenannten unterliegen die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung regulären Fristen auch dann, wenn der Arbeitgeber keine Hinweise gegeben habe. "Die Urteile sorgen für die notwendige Rechtssicherheit im Umgang mit den mittlerweile sehr komplexen Urlaubsregeln und entlasten Arbeitgeber, die sich bisher wegen unterlassener Hinweisobliegenheiten in der Vergangenheit potenziellen Leistungsklagen ehemaliger Arbeitnehmer ausgesetzt sahen."

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Text: / handwerksblatt.de

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