Ein bewusster Verzicht auf die Kürzung kann die Rückkehrmotivation nach der Elternzeit fördern.

Wer während der Elternzeit sein Urlausbsgeld behält, ist nach der Rückkehr womöglich motivierter bei der Arbeit. (Foto: © photobac/123RF.com)

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Urlaub während der Elternzeit kürzen: Was Sie wissen müssen

Darf der Arbeitgeber den Urlaub während einer Elternzeit kürzen? Und wenn ja, wie wird die Kürzung berechnet? Und ist sie immer sinnvoll? Eine Expertin erklärt die Rechtslage.

Darf der Arbeitgeber während der Elternzeit den Urlaub kürzen? "Ja – das ist erlaubt, erklärt Fachanwältin für Arbeitsrecht Julia Kleymann. "Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG darf der Arbeitgeber den Jahresurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen."

Das Bundesarbeitsgericht hat dies bestätigt (Az. 9 AZR 362/18). Es stellte klar, dass diese Regelung auch mit europäischem Recht vereinbar ist. Die Kürzung ist dabei eine Anpassung des Urlaubsanspruchs an die während der Elternzeit ruhende Arbeitspflicht. 

Wichtig: Der Chef darf den Jahresurlaub nur für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit reduzieren. Das bedeutet, dass einem Arbeitnehmer, der Mitte eines Monats für zwei Monate in Elternzeit geht, weder für den Eingangs- noch für den Ausgangsmonat Urlaub abgezogen werden darf. Nur der dazwischen liegende, volle Kalendermonat seiner Abwesenheit darf zu einem Zwölftel abgezogen werden (Bundesarbeitsgericht, Az. 9 AZR 197/10 →  Hier weiterlesen!)

Wann muss der Arbeitgeber die Kürzung mitteilen?

Die Kürzung passiert nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss eine eindeutige Erklärung abgeben, dass er den Urlaub kürzen will. Diese Mitteilung muss dem Arbeitnehmer zugehen und kann vor, während oder nach der Elternzeit erfolgen. Wichtig ist aber: Die Erklärung darf erst abgegeben werden, nachdem der Arbeitnehmer offiziell mitgeteilt hat, dass er Elternzeit nehmen will. Die Mitteilung kann schriftlich oder auch stillschweigend erfolgen. Ein stillschweigendes Vorgehen liegt zum Beispiel vor, wenn die gekürzten Urlaubstage klar in der Gehaltsabrechnung oder der Urlaubsübersicht erkennbar sind. 

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Wie wird die Kürzung berechnet? 

Die gesetzliche Formel ist einfach: Für jeden vollen Monat Elternzeit wird der Jahresurlaub um ein Zwölftel gekürzt. Beispiel: Hat ein Arbeitnehmer 24 Urlaubstage pro Jahr und nimmt acht volle Monate Elternzeit, reduziert sich der Anspruch um 8/12 von 24 = 16 Tage. Es bleiben also acht Urlaubstage übrig.

Praxistipp

Diese Punkte sollten Arbeitgeber beachten: 

  • Dokumentation: Die Mitteilung zur Elternzeit sollte in der Personalakte abgelegt werden.

  • Kürzung klar mitteilen: Möglichst verständlich, nachvollziehbar und schriftlich erklären. 

  • Zugang nachweisbar machen: Zum Beispiel per Einwurf-Einschreiben oder persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung. 

  • Rechtzeitig informieren: Frühzeitig über den gekürzten Urlaubsanspruch sprechen, um Missverständnisse zu vermeiden. 

  • Wirtschaftlich abwägen: Ist die Kürzung strategisch sinnvoll?

 "Aus wirtschaftlicher Sicht sollte die Kürzung des Urlaubsanspruchs immer sorgfältig abgewogen werden", rät die Fachanwältin. "Zwar ist die Kürzung rechtlich zulässig, sie ist jedoch nicht zwingend geboten. Arbeitgeber sollten prüfen, ob eine Kürzung tatsächlich strategisch sinnvoll ist. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Bindung qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein entscheidender Erfolgsfaktor. Menschen sind die wichtigste Ressource jedes erfolgreichen Unternehmens – weit wichtiger als Prozesse oder kurzfristige Kosteneinsparungen. Eine wertschätzende Personalpolitik, die Vertrauen und Loyalität stärkt, kann langfristig wesentlich rentabler sein als eine formale Reduzierung einzelner Ansprüche. Ein bewusster Verzicht auf die Kürzung oder eine kulante Regelung kann daher ein starkes Signal der Anerkennung senden und die Rückkehrmotivation nach der Elternzeit fördern. Langfristig kann dies zu geringerer Fluktuation, höherer Produktivität und einem positiven Arbeitgeber-Image führen – wirtschaftliche Vorteile, die eine kurzfristige Einsparung oft übersteigen."

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Text: / handwerksblatt.de

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