Die aktuelle und die neue BauPVO gelten für eine Übergangszeit gleichzeitig.

Die aktuelle und die neue BauPVO gelten für eine Übergangszeit gleichzeitig. (Foto: © sornranison prakittrakoon/123RF.com)

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Bauprodukte: Neue Verordnung ist in den Startlöchern

Die neue Bauprodukteverordnung kommt voraussichtlich noch dieses Jahr. Das Handwerk erklärt die wichtigsten Neuerungen.

Ob Zement, Ziegelsteine oder Klebstoffe: Bauprodukte benötigen verschiedene Genehmigungen auf dem EU-weiten Markt. Im Dezember 2023 einigten sich die europäischen Gesetzgeber über die neue Bauprodukteverordnung (BauPVO), im Februar 2024 nahmen die zuständigen Ausschüsse des EU-Parlaments sie an. Die abschließende formelle Annahme wird voraussichtlich im März 2024 erfolgen. Damit kann die neue BauPVO noch in diesem Jahr in Kraft treten. Hier lesen Sie die Änderungen gegenüber der alten BauPVO.

Für welche Produkte gilt die neue BauPVO?

Die Bauprodukteverordnung gilt künftig nur für die Vermarktung von Bauprodukten. Die Direktinstallation – also die Vorfertigung von Bauteilen auf der Baustelle, um sie direkt einzubauen – ist nicht mehr betroffen. Das entspricht der Forderung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Neu ist, dass auch gebrauchte Produkte geregelt werden. 

Welche Ausnahmen macht die neue BauPVO?

In zwei Fällen kann der Hersteller auf ein technisches Bewertungsverfahren und die Ausstellung einer Leistungs- und Konformitätserklärung verzichten:

1. Wenn das Produkt eine Einzel- oder Sonderanfertigung ist. Dafür müssen diese Bedingungen erfüllt sein:
- Es gibt kein standardisiertes Herstellungsverfahren.
- Das Produkt wird in ein bestimmtes Bauwerk eingebaut.
- Der Hersteller ist auch für den Einbau verantwortlich. Dabei muss er die nationalen Vorschriften beachten und die Arbeit von Personen beaufsichtigen lassen, die für die Sicherheit des Bauwerks verantwortlich sind.

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2. Wenn das Bauprodukt hergestellt wird, um kulturelles Erbe (Denkmäler und Kulturgüter) zu erhalten.

Diese Ausnahmen entsprechen Artikel 5 a) und c) der aktuellen BauPVO. Der Ausnahmeartikel wurde klarer formuliert, wie es der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gefordert hatte.

Welche Entlastungen gibt es?

Die neue BauPVO soll kleine und mittlere Unternehmen durch Vereinfachungen beim Verwaltungsaufwand entlasten. Dazu zählen:
- Gemeinsames Nutzen von Prüfergebnissen
- Anerkennung von Bescheinigungen
- Ableitung der Leistung aus anderen Quellen
- Erklärungen ohne Bewertung.

Die Vereinfachung für Kleinstunternehmen wurde geändert, was der ZDH kritisiert. Früher durften Kleinstunternehmen ein weniger strenges Prüfsystem nutzen. Jetzt müssen sie eine benannte Stelle oder eine Technische Bewertungsstelle beauftragen. Diese Stelle bescheinigt nicht die technische Bewertung der Produktleistung, sondern stattdessen, dass der Betrieb seine Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt.

Ausnahme für nicht serienmäßig hergestellte Bauprodukte

Bei nicht serienmäßig hergestellten Bauprodukten kann der Hersteller eine Ausnahme nutzen. Er kann die Bewertung der Produktleistung durch einen Teil der technischen Dokumentation ersetzen. Diese Dokumentation muss die Übereinstimmung mit den Anforderungen zeigen. Eine benannte Stelle oder eine Technische Bewertungsstelle muss die Einhaltung der Herstellerpflichten bestätigen.

Was bedeutet "harmonisierte Zone"?

Die BauPVO definiert wichtige Eigenschaften, die die Hersteller deklarieren müssen. EU-Mitgliedstaaten dürfen nur für Merkmale, die außerhalb der harmonisierten Normen liegen, nationale Anforderungen festlegen. Solche nationalen Regeln müssen in der TRIS-Datenbank veröffentlicht werden. Das CE-Kennzeichen bleibt das einzige Zeichen für die europäische Konformität.

Was muss der Hersteller angeben?

Die alte BauPVO sagte, dass die Leistungserklärung mindestens ein Leistungsmerkmal enthalten muss. Der Hersteller muss jetzt zu allen Pflicht-Leistungsmerkmalen Stellung nehmen und eine komplette Liste aller wichtigen Eigenschaften vorlegen. Das entspricht dem Wunsch des ZDB. Der Anbieter muss auch prüfen, ob das Produkt diesen Anforderungen entspricht. Dabei geht es sowohl um die Pflichtmerkmale als auch um zusätzliche Eigenschaften. Alle diese Informationen fließen in eine kombinierte Leistungs- und Konformitätserklärung ein. Diese Erklärung muss auch Details zur Umweltleistung des Produkts enthalten.

Gibt es zusätzliche Umweltpflichten?

Nein. Umweltpflichten, die die EU-Kommission vorgeschlagen hatte, wurden nicht in die neue BauPVO aufgenommen. Die EU-Kommission darf jedoch für bestimmte Bauproduktfamilien Rechtsakte zur Nachhaltigkeitskennzeichnung erlassen. Eine Rücknahmepflicht für überschüssige Bauprodukte gibt es ebenfalls nicht.

Was ist der digitale Produktpass?

Der digitale Produktpass wurde kürzlich durch die Ökodesign-Verordnung eingeführt. Er gilt künftig auch für Bauprodukte. Die EU-Kommission kann nun besondere Regeln dafür festlegen. Nachdem eine solche Regel festgelegt ist, gibt es sechs Monate Zeit, um das System zu testen. Wirtschaftsakteure haben dann 18 Monate Zeit, um sich darauf einzustellen. Danach ist der digitale Produktpass Pflicht.

Wann tritt die neue BauPVO in Kraft?

Die neue BauPVO wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt gültig. Ihre Anwendung erfolgt schrittweise. So haben die Mitgliedstaaten Zeit, ihre Gesetze anzupassen. Die aktuelle und die neue BauPVO gelten für eine Übergangszeit gleichzeitig, das heißt, bestimmte Regeln gelten parallel. Die aktuelle BauPVO (EU) Nr. 305/2011 wird im Jahr 2039 zurückgezogen – sechs Jahre früher als von der EU-Kommission vorgeschlagen.

Fazit des Handwerks

Insgesamt sei ein Regelwerk entstanden, das den verschiedenen Forderungen der Beteiligten im Bausektor entgegenkomme, meint der ZDH. "Das Handwerk sieht das grundsätzliche Ziel der Kommission durchaus positiv, den freien Verkehr mit Bauprodukten auf dem EU-Binnenmarkt zu fördern und Handelshemmnisse abzubauen", erklärte ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte. Die Akzeptanz in der Praxis werde sich frühestens mit der ersten Bewertung sieben Jahre nach ihrer Anwendung zeigen. 

Quelle: ZDH

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Text: / handwerksblatt.de

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