Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Arbeitnehmer im Original zugehen.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Arbeitnehmer im Original zugehen. (Foto: © filmfoto/123RF.com)

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Nicht leicht: Betriebsbedingte Kündigung wegen der Corona-Krise

Die Covid-19-Pandemie hat viele Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage gebracht. Chefs, die deshalb Mitarbeiter entlassen wollen, müssen eine Kündigung trotzdem gut begründen.

Die Corona-Krise wird zur Zerreißprobe für viele Wirtschaftszweige. Deutschlandweit sind weiterhin 10,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation denken immer mehr Arbeitgeber über Entlassungen nach.

Wie sehen die rechtlichen Voraussetzungen dafür aus? Sind betriebsbedingte Kündigungen wegen der Corona-Krise überhaupt möglich? Das erläutert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel.

Zunächst mildere Mittel wählen

Kündigungen sollten für den Arbeitgeber stets das letzte Mittel der Wahl sein. Grundsätzlich ist er gehalten, sich zunächst Gedanken über Alternativen zu machen. Derzeit gibt es vom Staat umfangreiche Finanzhilfen und die Möglichkeit, Kurzarbeitergeld zu beantragen.

Sollte es im Anschluss einer Kündigung zu einem Kündigungsschutzprozess kommen, werden bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung mögliche Alternativen geprüft. Das Arbeitsgericht fragt, ob auch ein milderes Mittel als die Kündigung des Arbeitnehmers zur Verfügung gestanden hätte, das ebenfalls geeignet gewesen wäre, den Betrieb zu retten.

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Kündigungsschutzgesetz macht Vorgaben

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sichert Arbeitnehmer ab. Ist dieses Gesetz anwendbar, so kann der Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Das kann entweder ein verhaltensbedingter, personenbedingter oder betriebsbedingter Kündigungsgrund sein.

Bei Kündigungen wegen wirtschaftlicher Probleme infolge der Corona-Pandemie ist entscheidend, ob ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt.

Grundsätzliches zur betriebsbedingten Kündigung

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Das Kündigungsschutzgesetz verlangt für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung, dass dringende betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im betroffenen Betrieb dauerhaft unmöglich machen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis können Auftragsmangel oder Umsatzrückgang, aber auch interne Gründe wie etwa Umstrukturierungen oder Organisationsänderungen sein.

Wichtig: Zum Zeitpunkt der Kündigung muss feststehen, dass der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfällt. Gerade die Dauerhaftigkeit des Wegfalls dürfte derzeit im Einzelfall schwer zu begründen sein, da noch unklar ist, wie lange die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie andauern werden. Daher ist es für die Unternehmer zumindest derzeit noch schwierig vorherzusagen, wie lange ihnen Aufträge wegbrechen oder Betriebsschließungen aufrecht erhalten bleiben. Deshalb muss der Arbeitgeber mit gewichtigen Gründen nachweisen, dass der Wegfall des Arbeitsplatzes dauerhaft sein wird.

Alternativer Arbeitsplatz im Betrieb?

Außerdem muss der Chef vor einer betriebsbedingten Kündigung prüfen, ob andere freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden sind, die die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters ermöglichen. Sind freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden und könnte der Arbeitnehmer auf einem davon weiterbeschäftigt werden, so ist keine wirksame betriebsbedingte Kündigung möglich!

Sozialauswahl treffen

Fällt der Arbeitsplatz dauerhaft weg, ohne dass der Mitarbeiter in einem anderen Bereich weiterbeschäftigt werden kann, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Das heißt, anhand von sozialen Kriterien wird festgelegt, welche Mitarbeiter von einer Kündigung betroffen sind.

Innerhalb der Vergleichsgruppen werden üblicherweise für folgende Kriterien Sozialpunkte vergeben:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten (verheiratet und/oder Kinder)
  • Schwerbehinderung

Die Sozialauswahl soll sicherstellen, dass nicht jeder ältere, verheiratete, schwerbehinderte, unterhaltsverpflichtete oder einfach auch nur unliebsame Arbeitnehmer in Krisenzeiten wirksam gekündigt werden kann. 

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In einem möglichen Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber die Auswahl anhand der Kriterien der Sozialauswahl darlegen. Regelmäßig werden von einer betriebsbedingten Kündigung daher eher junge, unverheiratete und gesunde Mitarbeiter betroffen sein, die noch nicht lange im Unternehmen beschäftigt sind.

Grundsätzlich ist es aber möglich, einzelne Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herauszunehmen, die etwa spezielle Kenntnisse besitzen oder besondere Leistungen erbracht haben.

Spezielle Vorgaben bei Massenentlassungen

In Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern kann bei der Entlassung von mehreren Mitarbeitern (Massenentlassung) eine entsprechende Anzeige bei der Agentur für Arbeit nötig sein.

Form und Frist einer betriebsbedingten Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Empfänger im Original zugehen. Wirksamkeit entfaltet sie zudem erst bei Zugang bei Betroffenen. Dass die Kündigung tatsächlich auch beim Arbeitnehmer zugegangen ist, muss grundsätzlich vom Arbeitgeber bewiesen werden.

Außerdem muss der Chef die Kündigungsfrist einhalten. Diese ist regelmäßig in den Arbeitsverträgen festgelegt. Soweit dies nicht der Fall ist finden die gesetzlichen Fristen Anwendung (§ 622 Bürgerliches Gesetzbuch):  Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

  - zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
  - fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  - acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  - zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  - zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  - 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  - 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

 

Bei bestimmten Mitarbeitern kann außerdem die Anhörung des Betriebsrats notwendig sein oder bei Arbeitnehmern mit einer attestierten Schwerbehinderung in der Einholung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

Themen-Special Kündigung: So geht´s richtig

Text: / handwerksblatt.de

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