Auch 2019 lief der Handwerksmotor auf Hochtouren. Die Branche meldete ein Umsatzplus von vier Prozent. Entsprechend gut war die Stimmung der Betriebe, insbesondere aus den Bau- und Ausbaugewerken, bei der aktuellen Creditreform-Umfrage zur Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk. Welche Auswirkungen die Corona-Krise haben wird, weiß zurzeit niemand. (Foto: © Wavebreak Media Ltd/123RF.com)

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Konjunktur im Handwerk: Rezession verhindert, Zukunft ungewiss

Das Handwerk war 2019 eine zentrale Stütze der deutschen Konjunktur. "Das Handwerk konnte eine Rezession bislang verhindern", so die aktuelle Creditreform-Analyse. Ein Ausblick auf 2020 ist angesichts der Corona-Krise kaum möglich.

Als die Creditreform Anfang des Jahres rund 1.150 Handwerksbetriebe zu ihrer Geschäftslage, zur Personal- und Finanzierungssituation und zu ihren Umsatzerwartungen für 2020 befragte, da war Corona noch kein Thema beziehungsweise weit weg. 

Deshalb hier erst einmal die guten Nachrichten: Das Handwerk war auch 2019 wieder eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur. Ja es lag sogar am Handwerk, dass eine Rezession verhindert werden konnte.

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Das geht aus der aktuellen Analyse zur Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk hervor, die die Creditreform Wirtschaftsforschung seit rund 35 Jahren immer anlässlich der Internationalen Handwerksmesse in München vorstellt (die in diesem Jahr zum ersten Mal in ihrer 72-jährigen Geschichte abgesagt werden musste).  

Die anhaltende positive Entwicklung im Handwerk lag vor allem am Niedrigzinsumfeld, an den günstigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. "Der klare Gewinner ist das baunahe Handwerk", betonte Creditreform-Pressesprecher Patrik-Ludwig Hantzsch vor Medienvertretern in München.

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Günstige Finanzierungen und fehlende alternative Anlegemöglichkeiten sorgen nach wie vor dafür, dass die privaten Haushalte, aber auch die öffentliche Hand und Unternehmen in Gebäude investieren.

Zulieferer leiden mit, wenn die Industrie schwächelt

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"Das Handwerk zeigt Stärke", heißt es da. 76,2 Prozent der der befragten Betriebe schätzten die aktuelle Geschäftslage sehr gut oder gut ein. Gegenüber dem Vorjahr habe sich der Positivtrend nur wenig abgeschwächt (77,5 Prozent).

Allerdings ist die Stimmung nicht in allen Branchen so gut wie im Baugewerbe, wo die Zahl der positiven Bewertungen 2019 noch einmal zulegte. 84  Prozent der Unternehmen aus dem Bauhauptgewerbe aus dem Ausbauhandwerk beurteilten ihre Geschäftslage als hervorragend. 

Dem können die Kollegen aus dem Metallgewerbe nicht zustimmen. In der Branche trübt sich die Stimmungslage weiterhin ein. Die Betriebe hängen häufig als Zulieferer von der Industriekonjunktur ab und leiden mit, wenn die Industrie schwächelt. Knapp 70 Prozent der Befragten bezeichneten ihre die aktuelle Geschäftslage mit gut oder sehr gut. Vor einem Jahr waren das noch 77 Prozent.

Auch im Nahrungsmittelhandwerk ist die Stimmungslage der Unternehmen, also der Bäcker, Fleischer oder Konditoren, schlechter als im Vorjahr. Damals sei der Anteil der Positivmeldungen allerdings auch der hoch gewesen. "Die Branche musste Federn lassen", berichtet Hantzsch.

Das gilt auch für das Kfz-Gewerbe, wo lediglich 61,2 Prozent der Betriebe die Noten "gut" oder "sehr gut" vergeben haben und es im Vorjahr immerhin noch knapp 64 Prozent waren. 4,3 Prozent der Kfz-Betriebe sind sogar überhaupt nicht mehr zufrieden. 

Umsatzentwicklung: Die Dynamik lässt nach

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Weiterhin positiv, aber nicht mehr so dynamisch, entwickeln sich die Umsätze im Handwerk. Etwas mehr als 38 Prozent der Befragten berichteten von einem Umsatzplus (Vorjahr: 40,7 Prozent) und jeder Neunte (11,2 Prozent) verzeichnete einen Umsatzrückgang (Vorjahr: 9,5 Prozent).

"Während im Bauhandwerk nur wenige Betriebe Umsatzeinbußen hinnehmen mussten, nahm dieser Anteil in den übrigen Wirtschaftsgruppen des Handwerks spürbar zu", berichtet Creditreform. Das betraf das Metallhandwerk, das Dienstleistungshandwerk und das Nahrungsmittelgewerbe. "Der Anteil der Unternehmen, die Umsatzsteigerungen meldeten, überwiegt aber weiterhin.  

Umsatzsteigerungen gab  es zum Beispiel im Nahrungsmittelhandwerk, im Bauhauptgewerbe, dem Handwerk für die personenbezogenen Dienstleistungen und dem Kfz-Gewerbe. 

Eine merkliche Abschwächung sei im Metallgewerbe zu beobachten, heißt es. Hier verzeichneten nur noch 22,2 Prozent der Betriebe ein Umsatzplus. Im Vorjahr waren das noch 35,2 Prozent. 

Höhere Angebotspreise

Gestiegen sind die Angebotspreise im Handwerk. Fast 60 Prozent aller befragten Betriebe gaben an, dass sie ihre Preise erhöht haben. Vor allem im Bauhandwerk zogen die Preise an. "Preissteigerungen ergaben sich aus den gestiegenen Beschaffungskosten und den höheren Personalkosten", so Creditreform. Auch der Gesetzgeber mit seinen höheren bürokratischen Auflagen und Anforderungen an die Betriebe sei 2019 ein Preistreiber gewesen.

Personalsituation ist gespalten

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Das Handwerk konnte die Zahl seiner Beschäftigten  in den zurückliegenden Monaten weiter aufstocken. Jedoch meldeten mit 26 Prozent weniger Betriebe als in der Vorjahresumfrage (28,9 Prozent) einen Personalaufbau

Etwas zugenommen habe der Anteil der Befragten, die ihre Belegschaft verkleinert haben (von 12,8 auf 14,9 Prozent). Insbesondere Betriebe aus dem Metallgewerbe mussten ihre Teams verkleinern. Auch im Nahrungsmittelgewerk wurde mehr Personal abgebaut. 

Im Baugewerbe wiederum hat aktuell Probleme, Mitarbeiter zu finden (Stichwort Fachkräftemangel). 

Umsatzerwartung: So schlecht wie lange nicht

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Die Umsatzerwartungen im Handwerk hatten sich schon zur Zeit der Konjunkturbefragung durch die Analysten der Creditreform verschlechtert. Offenbar hatten die Handwerksbetriebe da schon Sorge, die Industrieschwäche könnte zunehmend auf den Handwerkssektor übergreifen.

Gut jeder dritte Betrieb rechnete zur Zeit der Umfrage mit steigenden Umsätzen in 2020. Jeder Elfte (9,1 Prozent) erwartet Umsatzrückgänge. Vor einem Jahr war das Handwerk optimistischer. Damals rechneten noch 42,7 Prozent der Befragten mit einem Umsatzplus und nur 6,2 Prozent mit einem Minus.

Auch die Erträge dürften nicht stark zulegen. Im Gegenteil, hier sieht es eher düster aus. Drei von zehn Befragten (30,8 Prozent) rechnen mit einem Ertragsanstieg. Im Vorjahr hatten das noch 36,1 Prozent gesagt. 

 "So schlecht waren die Ertragsprognosen der Handwerksbetriebe zuletzt vor vier Jahren." Mal abgesehen vom Baugewerbe, dort ist man weiterhin optimistisch.

Doch das war vor der Pandemie. "Corona wird den Trend noch einmal vertiefen", ist Michael Bretz, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung überzeugt.  

Personalplanung: Baugewerbe gegen den Rest

Jeder vierte Handwerksbetrieb (23,5 Prozent) will sein Personal in den nächsten Monaten aufstocken. Nur 5,2 Prozent wollen Stellen abbauen. Entlassungen bei der Stammbelegschaft sollen vermieden werden. Das trifft dann insbesondere 450-Euro-Jobs und Teilzeitbeschäftigte.  

Investitionsbereitschaft sinkt

Der hohe Investitionsbedarf seit 2015 scheint jetzt gestillt. Die Investitionsbereitschaft im Handwerk ist laut Creditreform auf den niedrigsten Stand seit 2015 gefallen. Aktuell planen demnach nur 53 Prozent der Betriebe ein Investitionsvorhaben. Im Vorjahr waren das noch knapp 60 Prozent). Deutlich eingebrochen ist die Investitionsbereitschaft zuletzt im Metallhandwerk (41 Prozent; Vorjahr: 61 Prozent).

Zahlungsverhalten der Kunden

Weiterhin gut sieht es beim Zahlungsverhalten der Kunden aus. Fast alle Handwerksbetriebe berichten, dass ihre Kunden Rechnungen innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Privatkunden zahlen etwas schneller als die öffentliche Hand.

Forderungsausfälle hatten wenige Betriebe zu beklagen. Allerdings musste jeder zehnte Betrieb Verluste von über 1,0 Prozent des Jahresumsatzes hinnehmen. Michael Bretz: "Das schlägt dann direkt durch auf die Ertragssituation."

Diese größeren Verluste von über 1,0 Prozent des Umsatzes traten übrigens eher im Bauhauptgewerbe auf. Das Metallgewerbe wiederum hat offenbar sein Forderungsmanagement verbessert. "Wenn es einer Branche schlechter geht, dann ist man beim Forderungsmanagement forcierter."

Eigenkapital: Leichte Schleifspuren

Die sich – abgesehen vom Baugewerbe – abschwächende Handwerkskonjunktur zeigt auch erste Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote. "Leichte Schleifspuren sind hier zu sehen", so Bretz. Das sei aktuell noch nicht dramatisch, aber in Indiz.  

Fast jeder dritte Befragte hat eine Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent – ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. 21,5 Prozent der Betriebe verzeichneten eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent.

Eigenkapitalschwach sind eher die Betriebe im Baugewerbe. "Sie sollten sich noch ein bisschen Speck ansetzen", rät der Creditreform-Experte. 

Insolvenzen im Handwerk

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Weiterhin rückläufig war auch 2019 die Zahl der Insolvenzen im Handwerk. 3.900 Betriebe mussten Insolvenz anmelden, 2018 waren das noch 4.100. Zum Vergleich: 2009 zählte Creditreform noch 44,5 Prozent mehr Insolvenzen im Handwerk.

Der Anteil des Handwerks an allen Unternehmensinsolvenzen beträgt aktuell ein Viertel.

Wie sich das entwickelt ist aktuell nicht absehbar. "Man wird sehen, was die Corona-Krise bringt."

Text: / handwerksblatt.de

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