Das Verhalten in der Freizeit hat manchmal Einfluss auf den Job
Beim Karnevalszug ordentlich einen über den Durst getrunken: Hat das, was man nach Feierabend tut, Auswirkungen auf den Job? Ein Arbeitsrechtsexperte beantwortet die wichtigsten Fragen.
Parties, Sport, politischer Aktivismus oder Soziale Medien: Ist die Freizeitbeschäftigung reine Privatsache oder kann der Chef dabei mitreden? Die Rechtslage stellt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott dar. "Im Grundsatz sind Freizeitaktivitäten Sache des Arbeitnehmers, Ausnahmen gelten aber dann, wenn die Handlungen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben können", fasst er zusammen.
Im Job gibt es Nebenpflichten
Das Arbeitsverhältnis regelt den Austausch von Leistung ("Arbeiten") und Gegenleistung ("Lohn zahlen"). Dies sind die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten, für die das Arbeitsverhältnis geschlossen wird. Zusätzlich gibt es im Arbeitsverhältnis aber auch Nebenpflichten: Jede Partei muss auf die Rechtsgüter der jeweils anderen Seite Rücksicht nehmen.
Genauso wie der Arbeitgeber seine Beschäftigten etwa nicht an defekten Maschinen arbeiten lassen darf, schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein Mindestmaß an Treue. "Auch im Arbeitsverhältnis steht dem Arbeitnehmer daher im Grundsatz seine Meinungsäußerungsfreiheit zu: Danach ist selbst öffentliche Kritik am Arbeitgeber erlaubt, diese muss aber maßvoll erfolgen", erklärt Fuhlrott. Die Pflicht zur Loyalität steige zudem mit der Position: Eine Prokuristin ist stärker zur Rücksichtnahme verpflichtet als der Pförtner.
Lebensführung ist keine Sache des Arbeitgebers
Wie ein Arbeitnehmer seine Freizeit gestaltet, ist aber seine Sache. Der Arbeitnehmer schuldet keine "redliche" oder "tadellose" Lebensführung. In dessen Privatleben darf der Arbeitgeber nicht durch betriebliche Vorgaben hineinregieren.
An einem extremen Beispiel aufgezeigt: "Selbst das Begehen von Straftaten durch den Arbeitnehmer in seiner Freizeit hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren. Für das Arbeitsverhältnis dürfen hieraus im Grundsatz keine Konsequenzen folgen, auch wenn das Verhalten natürlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann", betont Arbeitsrechtler Fuhlrott.
Ausnahme: Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis
Hiervon gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Gibt es Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, darf der Arbeitgeber selbstverständlich handeln. In der Rechtsprechung sind hierzu etwa folgende Fälle entschieden worden:
- Einer Busfahrerin, die volltrunken in der Freizeit Auto fährt, ihren Führschein verliert und dann nicht mehr die berufliche Tätigkeit ausüben kann, droht die Kündigung (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Az. 5 Sa 27/14).
- Der Bahnschaffner, der in seiner Dienstuniform ausländerfeindliche Parolen grölt oder in sozialen Medien mit einem Foto in Dienstuniform oder unter Nennung seines Arbeitgebers im Profil volksverhetzende Äußerungen tätigt, riskiert ganz schnell seinen Job (Landesarbeitsgericht Sachsen, Az. 1 Sa 515/17).
- Der Mitarbeiter, der auf dem Betriebsgelände Betäubungsmittel verkauft und dealt, kann gekündigt werden (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Az. 23 Sa 1381/20).
- Der Lehrer im öffentlichen Dienst, der sich wiederholt ablehnend gegenüber der Demokratie äußert und gegen den Staat hetzt, wird arbeitsrechtliche Konsequenzen erfahren (Arbeitsgericht Berlin, Az. 60 Ca 7170/18).
- Der Manager, der auf der betrieblichen Weihnachtsfeier Kolleginnen sexuell belästigt, muss ebenfalls mit einer Kündigung rechnen (Arbeitsgericht Berlin, Az. 28 BV 17992/11).
Keine Kosequenzen, wenn kein Bezug zum Job
Fehlt es an einem solchen "Bezug" zum Arbeitsverhältnis, geht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten aber regelmäßig den Interessen des Arbeitgebers vor. Das findet seine Grenze erst dann, wenn das außerdienstliche Verhalten die Eignung für den Job entfallen lässt.
Ansonsten gilt: "Peinliche Partyfotos, die im Betrieb kursieren, die Teilnahme an Fan-Krawallen oder am Dschungel-Camp mögen zwar für die Karriere nicht förderlich sein, einen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag stellen sie regelmäßig nicht dar", fasst Arbeitsrechtler Fuhlrott die Grundsätze der Rechtsprechung zusammen. "Die Volksweisheit "Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps" gilt daher tatsächlich in den meisten Fällen."
Quelle: Verband Deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA)
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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