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Pflichtversicherung für Meister abschaffen

Die Handwerkerpflichtversicherung gilt als nicht mehr zeitgemäß. Der ZDH fordert ihre Abschaffung und stattdessen eine allgemeine Vorsorgepflicht für alle Selbstständigen.

Viele selbstständige Handwerker der Anlage A warten nur darauf, dass sie nach 18 Jahren endlich frei sind und selbst wählen können, wie und wo sie sich fürs Alter absichern. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) macht sich für die Abschaffung der Handwerkerrentenpflichtversicherung stark. "Selbstständige Handwerker möchten von Anfang an selbst entscheiden, wie sie fürs Alter vorsorgen. Die Handwerkerrentenpflichtversicherung wird als nicht mehr zeitgemäß empfunden", sagt Dr. Marlene Schubert von der Abteilung Soziale Sicherung beim Berliner ZDH.

Kein Wunder: Die Ursprünge der Handwerkerpflichtversicherung liegen in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals galt sie als ein Privileg für Handwerker, heute gilt sie oft als eine Last. "Die Altersvorsorge eines Selbstständigen – ob in der gesetzlichen Rentenversicherung oder durch private Vorsorge – sollte eine individuelle Entscheidung sein, vor allem abhängig von den Präferenzen des Unternehmers", sagt die ZDH-Vertreterin.

Eine Befreiung nach 18 Jahren sollte gut überlegt sein

Nach 18 Jahren oder umgerechnet 216 Beitragsmonaten kann sich ein selbstständiger Handwerker auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen. Zu den 18 Jahren zählen auch die Zeiten der Berufsausbildung oder der Kindererziehung. Sind die Pflichtjahre vorbei, stellt sich die Frage: Soll ich die Versicherungspflicht wie bisher fortführen und weiter Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rente einzahlen, soll ich freiwillige Beiträge leisten oder zahle gar nicht mehr weiter ein und setze komplett auf die private Vorsorge? "Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht sollte gut überlegt sein", gibt Marlene Schubert zu bedenken. "Damit geht auch der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente oder auf Reha-Maßnahmen verloren."

Der ZDH empfiehlt deshalb jedem, sich vor dem Austritt erst einmal Rat bei den Rentenversicherungsträgern einzuholen. Zusätzlich sollte man sich auch von Anbietern privater Vorsorge beraten lassen und schließlich ganz in Ruhe eine an die individuelle Lebenssituation angepasste Entscheidung treffen. Denn ganz gleich, ob gesetzlich oder privat – vorsorgen muss jeder. Altersarmut trifft oft Selbstständige und Solo-Selbstständige, die überhaupt nicht oder zu wenig vorsorgen. Der ZDH kann sich deshalb eine verpflichtende Altersvorsorge für alle Selbstständigen vorstellen.

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Selbstständige wollen selbst wählen, wie sie vorsorgen

Allerdings unter einer Voraussetzung: Die Betroffenen sollen wählen dürfen, ob sie in die gesetzliche oder in die private Rentenversicherung, wie etwa die Versorgungswerke des Handwerks, einzahlen. Für Existenzgründer sollten dabei Sonderregeln gelten, heißt es. Da die Handwerkerrentenversicherung ohnehin verfassungsrechtlich bedenklich sei, müsse sie dann in einer generellen Altersvorsorgepflicht für Selbstständige aufgehen.

Aber: "Ob eine Abschaffung der Handwerkerpflichtversicherung und im Gegenzug eine Einführung der allgemeinen Vorsorgepflicht noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird, ist fraglich", sagt Jörg Hagedorn, Leiter der Abteilung Soziale Sicherung beim ZDH. 

Der Beitrag zur Handwerkerrentenpflichtversicherung wird jedes Jahr neu festgelegt. Aktuell (Stand: 2016) liegt der Regelbeitrag bei monatlich 543,24 Euro West (471,24 Euro Ost). In den ersten drei Kalenderjahren nach der Existenzgründung kann man den halben Regelbeitrag zahlen. Dieser beträgt zurzeit 271,62 Euro West (235,62 Euro Ost). Alternativ kann man auf Antrag einen einkommensgerechten Beitrag zahlen, also mehr oder weniger als den Regelbeitrag.

Text: / handwerksblatt.de