Bundesweit beklagen Kfz-Händler einen enormen Bearbeitungsstau in den Kfz-Zulassungsstellen. Die Kölner Innung hat sich jetzt mit einem offenen Brief an  Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt.

Bundesweit beklagen Kfz-Händler einen enormen Bearbeitungsstau in den Kfz-Zulassungsstellen. Die Kölner Innung hat sich jetzt mit einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt. (Foto: © Kfz Innung Köln)

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Stau in Zulassungsstellen: Frust bei Kfz-Händlern

Betriebsführung

Der Bearbeitungsstau in Kfz-Zulassungsstellen ist immens. Autohändler und ihre Kunden warten in Großstädten wie Köln bis zu vier Wochen auf die Fahrzeugzulassung.

In der Kfz-Zulassungsstelle Köln warten Autohändler und ihre Kunden aktuell bis zu vier Wochen auf die Fahrzeugzulassung. In anderen Großstädten sieht es ähnlich aus. In Berlin sind es sogar sechs bis acht Wochen. Durch die Corona-Einschränkungen gibt es einen enormen Bearbeitungsstau in den Zulassungsstellen.

Die Folge: Tausende Neu- und Gebrauchtwagen stehen bei den Händlern und können nicht an die Kunden übergeben werden. Der wirtschaftliche Schaden sei enorm, klagen die Autohändler. Die Branche macht ihrem Ärger jetzt Luft. Sie fordert eine schnelle Umsetzung der Online-Zulassung "i-Kfz". Und eine bessere personelle Ausstattung der Zulassungsstellen.

Offener Brief an die Oberbürgermeisterin

Obermeister Rolf Mauss Foto: © Kfz Innung KölnObermeister Rolf Mauss Foto: © Kfz Innung Köln

Die Kfz-Innung Köln hat einen offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker verfasst. Sie fordert Reker darin auf, das Thema zur Chefsache zu machen. "Die durch die Behörde verursachten Probleme treffen das Kfz-Gewerbe mitten in einer Zeit, in der die Betriebe auf eine Erholung der wirtschaftlichen Lage angewiesen sind", erklärt Obermeister Rolf Mauss.

Die Kunden würden auf die lange Wartezeit mit Unverständnis reagieren und seien zum Teil auch richtig verärgert. Für die Unternehmen sei das zudem ein hoher finanzieller Schaden und obendrein auch noch schlecht fürs Image, so die Innung. 

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Wochenlange Wartezeiten  

Das Thema sorgt nicht nur in der Domstadt, sondern bundesweit für Ärger. Der Verband der Automobilindustrie (VDA), der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) rufen deshalb jetzt in einer gemeinsamen Erklärung vom 24. August die Bundesländer und Kommunen auf, kurzfristig und entschlossen gegenzusteuern. Unter anderem sollte jetzt schnell und umfassend das digitale Zulassungsverfahrens "i-Kfz" eingeführt werden. Und zwar überall.

Die Online-Portale der Zulassungsstellen seien oft noch gar nicht vorhanden oder für Kunden nicht auffindbar, sie würden fehlerhaft arbeiten oder ein vollständiger Zulassungsprozess sei nicht möglich, kritisieren die Verbände.

Zulassungsdienste befürchten, dass sich die Lage verschlechtert

Wie kommt es zu der langen Wartezeit? Wenn das Autohaus die Fahrzeugzulassung über eigene Mitarbeiter abwickelt, müssen sie sich wie Privatleute um einen Termin bei der Kfz-Zulassungsstelle bemühen. Das kann über zwei Wochen dauern.

Fast alle befragten Autohäuser beauftragen aber Zulassungsdienste. Dann dauert der Zulassungsprozess laut der Kölner Kfz-Innung  um die zehn Tage, er beansprucht aktuell aber auch regelmäßig zwei bis drei Wochen oder sogar 30 Tage. Zulassungsdienste wie Premium Zulasser, Kroschke und Marisol würden diese Zahlen bestätigen. "Sie befürchten sogar, dass sich die Lage weiter verschlechtert."

"Ein wirtschaftliches Desaster"

Für Kfz-Unternehmer seien die langen Wartezeiten "ein wirtschaftliches Desaster". Sie bekommen ihr Geld vom Kunden erst, wenn die Fahrzeuge auch zugelassen sind, so der Kölner Kfz-Obermeister Rolf Mauss. Das seien Millionenbeträge, die der Händler dann zwischenfinanzieren muss.

Die Innung hat im August zwölf Kölner Autohändler befragt. Insgesamt vertritt sie über 180 Unternehmen, vom großen Autohändler bis hin zur kleinen freien Werkstatt. Zum Zeitpunkt der Blitzumfrage warten allein in den zwölf befragten Autohäusern 220 Pkw, 43 Nutzfahrzeuge und 16 sonstige Fahrzeuge, also Wohnmobile oder Motorräder, auf die Zulassung in der Kfz-Zulassungsstelle Köln.

Durch den Rückstand seien insgesamt über 7,7 Millionen Euro Kapital allein in den befragten Unternehmen gebunden.

Das sind die Hauptkritikpunkte der Händler

  • Am meisten bemängeln die Autohäuser die fehlende Planungssicherheit für das Geschäft. Auf einer Skala von eins (trifft gar nicht zu) bis zehn (trifft voll zu) bewerten sie diese mit 9,3.
  • Die allermeisten sprechen auch von einem Imageschaden und Vertrauensverlust beim Kunden (8,3).
  • Gewerbliche Kunden erleiden zudem wirtschaftliche Schäden, weil sie auf eine zeitgerechte Zulassung angewiesen sind (8,1).
  • Hinzu kommen der weitere finanzielle Schaden der fabrikatsgebundenen Autohäuser durch Verfehlen von Volumenzielen (6,8) und
  • sogar durch Rücktrittserklärungen (5,6) vom Fahrzeugkauf.
  • Einige bewerten die Folgen sogar als existenzbedrohend für ihr Unternehmen (5,5) oder sehen zumindest Arbeitsplätze in Gefahr (3,8).

Quelle: Kfz-Innung Köln

Aus diesen Gründen appelliert der Kölner Obermeister an die Stadt, die Zulassungsstelle umgehend in den Normalbetrieb zurückzuführen. Bei der Einführung der Online-Zulassung "i-Kfz" bietet die Kölner Kfz-Innung der Stadt "jede Unterstützung" an.

"Unsere Händler können den Kunden nicht erklären, weshalb sie etliche Wochen warten sollen, bis sie ihr fahrbereites Fahrzeug endlich nutzen können", sagt ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. 

Das ist i-Kfz Über das internetbasierte "i-Kfz"-Verfahren können Privatkunden, Erstzulassungen oder Umschreibungen ohne Vorort-Termine bei einer Behörde vornehmen. Die rechtlichen Voraussetzungen für Online-Zulassungen sind durch die Bundesregierung im Oktober 2019 geschaffen worden. In vielen Zulassungsstellen sind sie aber bis heute nicht nutzbar. Quelle: ZDK

 

Text: / handwerksblatt.de

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