Schlüsseldienst: Wer zu teuer ist, riskiert Gefängnis
Wer sich aus der eigenen Wohnung aussperrt, muss meistens einen Schlüsseldienst zu Hilfe rufen. Diese Notlage wird immer wieder von unseriösen Anbietern ausgenutzt, die Wucherpreise verlangen. Zwei davon wurden jetzt zu Haftstrafen verurteilt.
1.000 Euro für eine Notfall-Türöffnung! Für diesen Wucher hat das Landgericht Kleve zwei Betreiber eines Schlüsseldienstes zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Angeklagt waren sie wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Steuerhinterziehung und Wuchers.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2020 erstmals geurteilt: Schlüsseldienste, die die Notsituation von Verbraucherinnen und Verbrauchern für weit überzogene Rechnungen ausnutzen, betreiben strafbaren Wucher (Az. 1 StR 113/19). Die Feststellung des BGH, dass ein bloßes Aussperren bereits eine Notlage darstellt, hat Signalwirkung. "Damit der Tatbestand von Wucher erfüllt ist, sieht das Gesetz das Vorliegen einer sogenannten Zwangslage vor", erklärt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Bislang waren nicht alle Gerichte der Auffassung, dass das Ausgesperrtsein aus der eigenen Wohnung allein eine solche Zwangslage darstellt. Weitere Gründe mussten hinzutreten, wie etwa ein Topf auf dem eingeschalteten Herd oder ein Kleinkind in der Wohnung.
Kunden oft unter Druck gesetzt
"Das Urteil des BGH, in dem das Ausgesperrtsein selbst zur Zwangslage erklärt wird, ordnet die Notsituation betroffener Verbraucher nun endlich auch strafrechtlich richtig ein und schafft für Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, effektiv gegen kriminelle Schlüsselnotdienste vorzugehen", fasst Rehberg die Bedeutung der Entscheidung zusammen.
Für eine einfache Türöffnung werden rund 100 Euro als angemessen angesehen, zuzüglich Material und Fahrtkosten. Bei einem Einsatz in der Nacht oder am Wochenende und an Feiertagen kann es auch schnell das Doppelte kosten. Abzocke durch unseriöse Schlüsselnotdienste ist ein Dauerärgernis. Oft setzen Monteure die Betroffenen vor Ort massiv unter Druck und fordern ein Vielfaches der angemessenen Summe. "Kunden, die in einer Notsituation den überhöhten Preisforderungen ausgesetzt sind, sollten nicht zahlen, die Polizei rufen und Strafanzeige erstatten", rät die Verbraucherschützerin.
Landgericht Kleve, Az. 118 KLs 1/20
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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