Schufa löscht Daten jetzt nach sechs Monaten
Die Auskunftei Schufa verkürzt ab sofort die Speicherzeit für Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. Grund sind schlechte Erfolgsaussichten in Gerichtsverfahren vor BGH und EuGH.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. März 2023 das Verfahren zur dreijährigen Schufa-Speicherung nach einer erledigten Privatinsolvenz ausgesetzt. Die deutschen Richter wollen bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) warten. Damit wird im Sommer 2023 gerechnet. Der Generalanwalt des EuGH hatte sich am 16. März 2023 für eine verkürzte Speicherung der Restschuldbefreiung ausgesprochen.
Der Kläger des BGH-Falls hat sein Ziel aber erreicht: Angesichts der schlechten Erfolgsaussichten hat die Schufa bekanntgegeben, dass sie Einträge abgeschlossener Privatinsolvenzen ab sofort nur noch sechs Monate lang speichert. Ziel sei es damit "Klarheit und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen". Die Schufa will alle Einträge zu einer Restschuldbefreiung, die zum Stichtag 28. März 2023 länger als sechs Monate gespeichert waren sowie alle hiermit verbundenen Schulden nach sechs Monaten rückwirkend automatisch löschen.
Aktualisierung vom 27. April 2023: Die Schufa hat nach eigenen Angaben die Einträge von rund 250.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern gelöscht, die eine Privatinsolvenz hinter sich haben. Dies teilte das Unternehmen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Von Restschuld befreit nach sechs Monaten
Durch eine Verbraucherinsolvenz können sich Privatleute von ihren Schulden befreien, selbst wenn sie nicht alles zurückzahlen können. Am Ende steht die sogenannte Restschuldbefreiung. Die Information darüber wird sechs Monate lang auf einem amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa und andere Auskunfteien speicherten diese Bekanntmachungen aber bisher drei Jahre lang. Früher war das zulässig, seit Mai 2018 gilt jedoch der neue Datenschutzstandard der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Private Unternehmen dürfen Daten nicht länger speichern als öffentliche Register, ist die Meinung verschiedener Gerichte.
Deutsche Gerichte sehen Verstoß gegen DSGVO
Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hatte dem EuGH zwei Fälle vorgelegt (Rechtssachen C-26/22 und C-64/22). Es bittet den EuGH darin, zu klären, ob die Eintragungen, die in den Verzeichnissen beim Gericht geführt werden, auch von privaten Vereinigungen übernommen werden dürfen. Die Wiesbadener Richter beanstandeten, dass es normalerweise keinen konkreten Anlass zur Speicherung der Daten gebe. Die Speicherung erfolge nur zu dem Zweck, solche Daten bei einer Anfrage verwenden zu können. Ob diese Daten jemals abgefragt würden, sei völlig offen. Insoweit handele es sich um eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung. Das Gericht hat darüber hinaus Zweifel, ob es überhaupt zulässig ist, dass Privatunternehmen Daten länger speichern als sie in den öffentlichen Registern vorgehalten werden (Verwaltungsgericht Wiesbaden, Beschluss vom 31. August 2021, Az. 6 K 226/21).
Keine rechtliche Grundlage
Auch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig sieht einen Verstoß gegen die DSGVO. Die aus dem Insolvenz-Bekanntmachungsportal entnommenen personenbezogenen Daten werden nur dann rechtmäßig im Sinne von Art. 6 DSGVO verarbeitet, wenn es eine gesetzliche Grundlage gibt oder der Betroffene eingewilligt hat. Das OLG sieht keine solche Befugnis. Der Kläger hatte auch keine Einwilligung gegeben. Deswegen durfte nach Ansicht der OLG-Richter die beklagte Wirtschaftsauskunftei (hier nicht die Schufa) die Daten nicht weiter verwenden. Das gilt auch für die Information über die Schuldbefreiung nach einem Insolvenzverfahren. Auf jeden Fall ist sie nach Ansicht des OLG rechtswidrig, wenn die Speicherung länger als sechs Monate dauert. Nur so lange werden nämlich die Daten im Insolvenz-Bekanntmachungsportal angezeigt. Im Ergebnis müssten also private Wirtschaftsauskunfteien die sechsmonatige Löschungsfrist nach der InsOBekanntmachungsVerordnung beachten (Oberlandesgericht Schleswig, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21).
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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