So wird der Betrieb kein Scheidungsopfer
Zugewinnausgleich, Ehevertrag, Betriebsbewertung: Wenn die Ehe zerbricht, müssen Unternehmer viele neue Vokabeln lernen. Damit die Firma keinen Schaden nimmt, gibt es einiges zu beachten.
Böse Überraschung am Morgen: Berge von Müll findet Friseurmeisterin Manuela Hainke aus Bad Belzig vor ihrem Friseurladen verstreut. Ihr Ex-Mann hat ihn aus Rache für die Trennung dort verteilt, wie sie in der Märkischen Allgemeinen berichtet. Schon seit Monaten terrorisiert er sie mit immer neuen Methoden, die Nerven der Friseurin liegen blank.
Scheiden tut immer weh, selbst wenn es weniger dramatisch zugeht als bei dem Ex-Ehepaar aus Brandenburg. Umso schlimmer, wenn nicht nur das Herz, sondern auch der Betrieb darunter leidet. Muss nämlich der Unternehmer bei einer Scheidung seinem Ex-Gatten Zugewinnausgleich zahlen (siehe auch: Was passiert bei einer Scheidung?), kann ihn das in Liquiditätsprobleme bringen oder sogar die Existenz bedrohen. Damit es betrieblich nicht zum Fiasko kommt, sollten sich Inhaber und Ehegatte in guten Zeiten ein paar Gedanken machen.
Experten rieten Unternehmern früher meistens dazu, einen Ehevertrag abzuschließen und darin eine Gütertrennung zu vereinbaren. Dann behält jeder Ehegatte auch nach der Trennung sein eigenes Vermögen. "Das kann aber besonders Ehefrauen, die Kinder großziehen, finanziell benachteiligen", erklärt Rechtsanwältin Christiane Greskamp, Fachanwältin für Familienrecht, "denn sie haben während der Ehe oft keinen oder nur Teilzeitjobs und können dadurch kaum eigenes Vermögen aufbauen." Deshalb sollte sich keine Frau auf einen Ehevertrag einlassen, der ihr diesen Nachteil nicht aufwiegt.
Gütertrennung als Falle
Aber auch andere Fälle sind denkbar, in denen Gütertrennung keine gute Lösung ist. Wie bei dieser häufigen Konstellation: Der Ehemann gründet einen Handwerksbetrieb und die Ehefrau übernimmt die Büroarbeiten. Nach 15 Jahren hat das Unternehmen einen Verkehrswert von 500.000 Euro, die Ehe geht in die Brüche. Da Gütertrennung vereinbart war, hat die Frau keinen Anspruch auf die von ihr mit aufgebaute Firma und kann auch keinen finanziellen Ausgleich für ihre Leistungen verlangen.
Oder: Der Ehemann gibt seiner Gattin aus seinem Vermögen 80.000 Euro als Startkapital zur Gründung des Unternehmens. Dann hat er wegen der Gütertrennung keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals, das er in den Betrieb seiner Frau investiert hat.
Und auch das kommt nicht selten vor: Der Frau gehört ein Grundstück, auf das die Eheleute ein Haus bauen wollen. Der Ehemann ist Bauhandwerker und führt die meisten Arbeiten am Haus selbst aus. Hier hat der Mann durch seine Arbeit nur das Vermögen seiner Partnerin vermehrt. Ihr allein gehört das Grundstück und damit auch – das von ihm darauf gebaute – Haus.
Modifizierte Zugewinngemeinschaft
In diesen drei Beispielsfällen führt die Gütertrennung zu ungerechten Ergebnissen. Sie wird von den Gerichten aber meistens über die sogenannte Ehegatten-Innengesellschaft gelöst. Die Voraussetzungen dafür sind komplex und sollten unbedingt von einem Fachanwalt geprüft werden. Dann hat der Partner, der scheinbar den Kürzeren gezogen hat, doch noch eine Chance. Am besten ist aber, man macht sich schon vorher Gedanken, wie man diese Situation regeln will und hält das vertraglich fest.
Oft ist es sinnvoll, eine modifizierte Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren. Das heißt, das Unternehmen wird vom Zugewinn ausgeklammert, aber am Rest des Vermögens bleibt die Zugewinngemeinschaft bestehen. Der Schutz des Betriebes bedeutet hier nicht, dass alle familienrechtliche Ansprüche ausgeschlossen werden müssen. "Ehegatten sollten das Thema offen diskutieren und gemeinsam eine faire Lösung für beide Seiten suchen", rät die Anwältin.
Was ist der Betrieb wert?
Ein weiterer wichtiger Punkt: In einem Scheidungsprozess stellen die Richter den Wert eines Betriebes fest. Die Betriebswirtschaft hat unterschiedliche Verfahren für die Bewertung von Unternehmen entwickelt, die auch zu jeweils anderen Ergebnissen führen. Die Gerichte müssen den "wirklichen Wert" des Betriebes ermitteln.
"Das Problem dabei ist, dass es keinen wirklichen, objektiven Wert eines Unternehmens gibt, denn jede Methode ergibt einen anderen Wert, und jeder Sachverständige gewichtet einzelne Faktoren anders", erklärt Rechtsanwältin Greskamp. Jeder Richter muss in jedem Einzelfall die richtige Bewertungsmethode finden. Deshalb nehmen die Gerichte oftmals den Mittelwert aus mehreren Methoden. "Die Ertragswertmethode ist aber wohl das Verfahren, das am häufigsten von der Rechtsprechung angewendet wird", weiß die Expertin. Vieles ist abhängig von der jeweiligen Risikobeurteilung durch das Gericht, das macht es schwer, die Entscheidung vorherzusehen.
Bewertungsmethode für Handwerksbetriebe: AWH
Fachanwältin Greskamp empfiehlt, zuerst eine außergerichtliche Einigung zu suchen. In vielen Fällen kann man mit Mediation eine für alle Beteiligten gerechte Lösung finden. Dabei können die Eheleute auch gemeinsam eine Bewertungsmethode festlegen. Speziell für Handwerksunternehmen hat die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk (AWH) ein Verfahren zur Bestimmung des Unternehmenswerts entwickelt. Handwerkskammern und Fachverbände bieten ihren Mitgliedern eine kostenlose AWH-Betriebsbewertung, allerdings nur im Rahmen einer Betriebsnachfolge-Beratung. Diese Bewertungen werden aber häufig auch in Streitfällen genutzt. Ebenso arbeiten viele freie Unternehmens- und Steuerberater mit dem AWH-Verfahren.
Stundung ist möglich
Kommt eine außergerichtliche Einigung nicht zustande, kann der Inhaber sich trotzdem vor einer finanziellen Ausblutung seines Betriebes schützen. Das Gesetz gibt die Möglichkeit, die Zugewinnzahlung zu stunden. Der ausgleichspflichtige Ehepartner kann vor Gericht beantragen, seine Zahlungen aufzuschieben, wenn "die sofortige Zahlung zur Unzeit" erfolgen würde. "Die drohende Insolvenz und der Verlust von Arbeitsplätzen sind gute Gründe für eine solche Stundung", weiß Greskamp. Dann würde das Gericht die Abzahlung in zumutbaren Raten erlauben.
Für die Friseurmeisterin Manuela Hainke ist eine gütliche Einigung nicht mehr denkbar. Aber andere Paare können in guten Zeiten vorsorgen, um am Ende wenigstens den Betrieb zu retten.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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