Nach dem Tarifwerk von iGZ und ver.di erhalten Leiharbeiter auch in verleihfreien Zeiten ihr Geld. Das ist ein Ausgleich für den geringen Lohn, sagt das BAG.

Nach dem Tarifwerk von iGZ und ver.di erhalten Leiharbeiter auch in verleihfreien Zeiten ihr Geld. Das ist ein Ausgleich für den geringeren Lohn, sagt das BAG. (Foto: © lculig/123RF.com)

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Geringerer Lohn für Leiharbeiter muss ausgeglichen werden

Für dieselbe Arbeit dürfen Leiharbeitnehmer schlechter bezahlt werden als die Stammbelegschaft, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Diese Ungleichbehandlung werde im Tarifvertrag der Branche nämlich kompensiert.

Betriebe müssen Leiharbeitern und Stammarbeitnehmer eigentlich das gleiche Geld für die gleiche Tätigkeit zahlen. Tarifverträge können davon abweichen, sie müssen aber einen Ausgleich anbieten. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Vorangegangen war ein Urteil des Europäische Gerichtshofs (EuGH).

 

Der Fall

Eine Leiharbeiterin im Einzelhandel bekam 9,23 Euro die Stunde. Vergleichbaren Stammarbeiternehmern zahlte der Entleiher 13,64 Euro für dieselbe Arbeit. Die Mitarbeiterin verlangte später den Ausgleich der Differenz von rund 1.300 Euro.

Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) steht Leiharbeitnehmern grundsätzlich der gleiche Lohn zu wie vergleichbarem Stammpersonal zu (Equal Pay). Aber nach § 8 Abs. 2 AÜG kann ein Tarifvertrag davon abweichen. Viele Tarifverträge für Leiharbeit sehen eine schlechtere Entlohnung von Zeitarbeitern vor. Die Frau argumentierte, dass diese Regelung im AÜG und der Tarifvertrag der Leiharbeitsbranche nicht mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Artikel 5 der europäischen Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG vereinbar sei.

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Die deutschen Vorinstanzen hatten die Klage der Frau abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht legte die Frage dem EuGH vor. Die Europarichter hatten im Dezember 2022 klar gestellt: Ein Tarifvertrag, der für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt festlegt, muss diese Ungleichbehandlung auf andere Weise wieder ausgleichen.

Das Urteil

Einen solchen Ausgleich sieht das BAG hier, weshalb es die Klage der Frau abwies. Sie habe zwar einen Nachteil, weil sie eine geringere Vergütung erhalten habe; ihr Ausgleich liege aber darin, dass sie auch in der verleihfreien Zeit bezahlt werde. Das stehe so im  Tarifwerk der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) mit der Gewerkschaft ver.di  und sei auch bei ihrem befristeten Vertrag anwendbar. Das Tarifwerk genüge im Zusammenspiel mit den gesetzlichen Schutzvorschriften für Leiharbeitnehmer den Anforderungen der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG. Der Ausgleich sei ihr auch sicher und könne nicht einfach umgegangen werden.

Außerdem habe der deutsche Gesetzgeber mit § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zwingend sichergestellt, dass die Verleiher das Wirtschaftsrisiko für verleihfreie Zeiten tragen.  Hinzu komme, dass die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten dürfe, so das Urteil. Außerdem dürfe nur in den ersten neun Monaten des Leiharbeitsverhältnisses vom Equal Pay abgewichen werden.

Da die Leiharbeiterin in diesem Fall ausreichenden Ausgleich für ihre geringere Entlohnung erhalte und sie zudem gesetzlich geschützt sei, habe sie keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages, erklärten die Erfurter Richter.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Mai 2023, Az. 5 AZR 143/19

Leiharbeiter in DeutschlandAm 30. Juni 2021 hat es in Deutschland rund 788.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Leiharbeitskräfte gegeben. Das sind 2,3 Prozent der rund 33.802.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Am 30. Juni 2016 hat dieser Anteil noch 3,0 Prozent betragen. Diese Zahlen nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke. Weiter heißt es, dass von den Leiharbeitskräften rund 225.000 keinen Berufsabschluss, 407.000 einen anerkannten Berufsabschluss und 74.000 einen akademischen Abschluss gehabt hätten. Üblicherweise könne angenommen werden, dass Beschäftigte mit einem anerkannten Berufsabschluss, die eine Helfer-Tätigkeit ausüben, und Beschäftigte mit einem akademischen Abschluss, die eine Helfer- oder Fachkraft-Tätigkeit ausüben, unterhalb ihres Qualifikationsniveaus eingesetzt würden. Dies treffe auf rund 188.000 der 407.000 sozialversicherungspflichtigen Leiharbeitskräfte mit einem anerkannten Berufsabschluss und auf 36.000 der 74.000 sozialversicherungspflichtigen Leiharbeitskräfte mit einem akademischen Abschluss zu.

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Text: / handwerksblatt.de

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