Arbeitgeber im Baugewerbe zahlen ihren Beschäftigten ab diesem Jahr eine Wegezeitentschädigung. Die Gewerkschaft IG BAU bezeichnet dies als "Zeitenwende".

Arbeitgeber im Baugewerbe zahlen ihren Beschäftigten ab diesem Jahr eine Wegezeitentschädigung. Die Gewerkschaft IG BAU bezeichnet dies als "Zeitenwende". (Foto: © Vadim Guzhva/123RF.com)

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Neuer Zuschuss für Fahrten zur Baustelle

Betriebsführung

Arbeitnehmer in Bauunternehmen erhalten ab diesem Jahr eine Entschädigung für Fahrten zu weit entfernten Baustellen - die neue Wegezeitentschädigung. Dabei wird zwischen Fahrten mit und ohne tägliche Heimfahrt unterschieden.

Im Baugewerbe beginnt und endet die tägliche Arbeitszeit bei den meisten Beschäftigten nicht in der Werkstatt oder im Büro, sondern auf den Baustellen. Und die wechseln permanent, was für die Beschäftigten unterschiedliche Fahrzeiten für die An- und Abfahrt bedeutet. Nur selten ist die Baustelle direkt vor der Haustür. Oft brauchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine Strecke eine Stunde Fahrtzeit oder länger.

"Um eine angemessene Entschädigung für diese Wegezeit haben die Tarifpartner lange gerungen", erzählt Rechtsanwältin Kathrin Brösicke vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) . Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten schon länger einen prozentualen Zuschlag in Höhe von 2,5 Prozent auf ihren Stundenlohn, der als ein Anteil im sogenannten Bauzuschlag enthalten ist.

"An diesem Bauzuschlag ändert sich nichts", erklärt Brösicke. Im neuen Tarifvertrag für das Baugewerbe gibt es aber erstmals zusätzlich ab diesem Jahr eine Neuregelung des Verpflegungszuschusses und eine neue Wegezeitentschädigung für gewerbliche Arbeitnehmer sowie Angestellte und Poliere.

Je weiter die Anreise, desto höher fällt der Zuschuss aus

"Diese Wegezeitent­schädigung differenziert zwischen Baustellen mit und ohne täglicher Heimfahrt", betont Kathrin Brösicke. Je weiter die Anreise, desto höher fällt der Zuschuss aus. Die neuen Regelungen gelten für alle Beschäftigten, ­also auch solche in nicht-tarifgebundenen Firmen, da der Bundesrahmentarifvertrag für gewerbliche Beschäftigte allgemeinverbindlich ist.

Ist die Baustelle bis zu 50 Kilometer vom Betrieb entfernt, zahlt der Arbeitgeber sechs Euro. Bei 51 bis 75 Kilometer gibt es sieben Euro und über 75 Kilometer acht Euro. Ab 2024 steigt die Entschädigung um jeweils einen Euro.

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Wenn die Beschäftigten nicht mit einem Sammeltransporter, sondern mit dem eigenen Auto zum Arbeitsort fahren, erhalten sie zusätzlich noch Kilometergeld. Alternativ werden die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel erstattet.  

Neuer Ausgleich für Baustellen mit Übernachtung

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht täglich nach Hause fahren, gibt es ebenfalls einen Ausgleich. Bei einer Entfernung von 75 bis 200 Kilometer pro Fahrt neun Euro, bis zu 300 Kilometer 18 Euro und bis 400 Kilometer 27 Euro. Für jede Anfahrt über 400 Kilometer gibt es 39 Euro. "Bisher gab es einen Anspruch auf Vergütung der Reisezeit für die An- und Abreise zur Baustelle mit dem Gesamttarifstundenlohn ohne Zuschläge. Dieser Anspruch fällt mit der neuen Regelung weg", so Rechtsanwältin Brösicke.

Den Anspruch auf Wegezeitentschädigung haben die Beschäftigten aber nur bei tatsächlich zurückgelegten Wegstrecken und er ist auf zwei Tage pro Woche sowie auf vom Arbeitgeber angeordnete An- und Abreisen beschränkt.

Ist die Baustelle mehr als 500 Kilometer entfernt, muss der Arbeitgeber zusätzlich alle vier Wochen eine bezahlte Freistellung für Wochenendheimfahrten gewähren.

Zur Berechnung der Wegezeitentschädigung wird immer der kürzeste, mit einem PKW befahrbaren öffentlichen Weg zwischen Betrieb und Arbeitsstelle zugrunde gelegt. Und ein Anspruch auf Erstattung von Sachkosten sei von dem Anspruch auf Verpflegungszuschuss beziehungsweise ­Wegezeitentschädigung unberührt, so die Expertin.

Und noch eine Neuerung gibt es seit diesem Jahr: "Ist ein Arbeitnehmer auf einer Baustelle ohne tägliche Heimfahrt tätig und übernachtet er nicht in einer Baustellenunterkunft, dann erhöht sich der tarifvertragliche Anspruch auf einen Verpflegungszuschuss um vier Euro je Arbeitstag." Der Verpflegungszuschuss liegt bei 24 Euro pro Tag.

Seminare zur Wegezeitentschädigung bei der BRZ-AkademieDie BRZ Akademie als Weiterbildungsanbieter für ­Bauunternehmen unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Regelungen im Baulohn und ­bietet auch Seminare speziell zur neuen Wegezeitentschädigung – beispielsweise als Online-Schulung – an.  Auch die Änderungen bei Mini- und Midijobs, die  elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und neue Grenzwerte im Steuerrecht werden in den Jahreswechsel-Seminaren behandelt. Link zu den Seminaren

IG-BAU spricht von "Zeitenwende in der Bauwirtschaft"

Arbeitnehmervertreter hatten lange für eine Wegezeitentschädigung gekämpft. Die IG BAU bezieht sich auf eine Untersuchung des Pestel-Institutes, wonach rund 56 Prozent der Beschäftigten bis 50 Kilometer, 17 Prozent bis 75 Kilometer und 15 Prozent mehr als 75 Kilometer täglich auf die Baustelle fahren. Zwölf Prozent der Baubeschäftigten würden auf Montage arbeiten.

Bei 200 Arbeitstagen seien das 15,9 Milliarden Kilometer Fahrweg. "Das sind mehr als 20.000 Reisen von der Erde zum Mond und zurück", sagt IG-BAU-Vorstand Carsten Burckhardt, der die Neuregelung als "Zeitenwende in der Bauwirtschaft" bezeichnete.

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Text: / handwerksblatt.de

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