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Starker Rückgang bei Baugenehmigungen

Betriebsführung

Die Krise erreicht den Wohnungsbau: Steigende Preise und Zinsen, Lieferengpässe und eine allgemeine Unsicherheit führen zu einem deutlichen Rückgang bei Baugenehmigungen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum.

Im Juni wurden in Deutschland 30.425 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt. Laut Statistischem Bundesamt waren das 4,5 Prozent weniger vor einem Jahr. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind die Baugenehmigungen um 2,1 Prozent gesunken.

"Die Nachfrage nach Wohnungen ist rückläufig, obwohl der Bedarf – gerade an bezahlbarem Wohnraum – weiterhin hoch ist. Grund dafür sind die seit Kriegsbeginn explodierenden Rohstoffpreise sowie die höheren Zinsen," erklärt der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller

➨➨ Mehr dazu: "Politik und Zinsen bremsen Wohnungsbau"

Stornierungen befürchtet

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Der Einbruch im ersten Halbjahr sei noch auf einen Basiseffekt zurückzuführen – das Auslaufen der Baukindergeld-Förderung Ende März 2021 habe im vergangenen Jahr zu einem Plus von 20 Prozent im ersten Quartal geführt. Der aktuelle Rückgang um 4,5 Prozent im Juni liege aber an den neuen Rahmenbedingungen, so Müller.

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Die Bauindustrie befürchtet, dass sich die Wohnungsbau-Bilanz 2021 mit nur 293.000 fertiggestellten Wohnungen in diesem Jahr fortsetzen wird. "Die hohen Preise können sich viele private Bauherren nicht mehr leisten. Es werden auch einige Immobilieninvestoren Wohnungsbauprojekte zurückstellen oder im schlimmsten Fall stornieren, weil sie sich nicht mehr rechnen", erklärt Müller.

In der ifo-Konjunkturumfrage im Mai hätten bereits 16 Prozent der befragten Bauunternehmen von Stornierungen im Wohnungsbau berichtet. Im Juni und auch im Juli habe der Anteil immer noch bei zwölf Prozent gelegen. Früher lag der Wert deutlich darunter. Die Priorität der Auftraggeber liege derzeit nur auf der Fertigstellung aktueller Projekte. Neue Projekte würden  zurückgestellt.

Angesichts des hohen Bedarfs an Wohnraum sei das bedenklich. Die Bauindustrie fordert Bundesbau­ministerin Klara Geywitz auf, an ihrem Engagement festzuhalten. Zur Begrenzung der Baukosten gelte es dabei an mehreren Stellschrauben zu drehen, so Müller.

Es brauche wieder Planungssicherheit durch eine verlässliche Förderkulisse. "Das Hin und Her der vergangenen Monate und die erneute kurzfristige Anpassung von Fördersätzen ist Gift für jeden Investor."

IG Bau fordert eine "Umbau-Offensive"

Die IG Bau setzt angesichts der rückläufigen Zahlen auf mehr Kreativität und Alternativen zum Neubau. "Konkret geht es darum, den Umbau und die Dachaufstockung voranzubringen – mit einem Baurecht, das dies ermöglicht und nicht erschwert", sagt IG BAU-Chef Robert Feiger. Der Rückgang bei den Baugenehmigungen sei ein Alarmsignal. Es komme jetzt darauf an, den Wohnungsbau zu stabilisieren.

Der Umbau vorhandener Nicht-Wohngebäude zu Wohnungen biete jetzt große Chancen: "Er braucht deutlich weniger Material – und ist schon deshalb der passende Weg zu mehr Wohnungen in der Krise. Allein durch den Umbau von Büros, die durch das Etablieren vom Homeoffice nicht mehr gebraucht werden, könnten bis zu 1,9 Millionen neue Wohnungen entstehen", sagt Feiger.

Deutschland brauche eine "Umbau-Offensive". Auch die Dachaufstockung bei Wohnhäusern, die in der Nachkriegszeit bis zum Ende der 90er-Jahre gebaut wurden, biete ein enormes Potential, ist Feiger überzeugt. Rund 1,5 Millionen neue Wohnungen seien allein hier durch On-Top-Etagen möglich. Das sei ebenfalls günstiger als jeder Neubau.

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Text: / handwerksblatt.de

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