Den Mittelstand bei der Vergabe nicht ausschließen
Der ZDH hat gemeinsam mit den Verbänden des Baugewerbes und den freien planenden Berufen ein Positionspapier zur Vergabereform vorgelegt. Sie betonen darin die mittelstandspolitische Bedeutung des Erhalts des Losvergabegrundsatzes für öffentliche Ausschreibungen.
Das Vergabebeschleunigungsgesetz steht vor seiner Abstimmung im Deutschen Bundestag. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat dazu zusammen mit dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesarchitektenkammer (BAK), der Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Bundesvereinigung Bauwirtschaft ein Positionspapier an die Abgeordneten vorgelegt. Darin appellieren sie an die Politiker, den Losgrundsatz nicht weiter aufzuweichen. Der ausgewogene Gesetzentwurf der Bundesregierung müsse ohne die vom Bundesrat geforderten Verschärfungen verabschiedet werden.
Die Verbände warnen vor einer Ausweitung der Generalunternehmervergaben. Sie würde mittelständische Betriebe von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Die Verbände betonen, dass der Losgrundsatz seit über 70 Jahren fairen Wettbewerb garantiere und das verfassungsrechtliche Gleichheitsprinzip sichere. "Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ergänzt die bestehenden Ausnahmen bereits um eine zusätzliche Möglichkeit für Projekte aus dem Sondervermögen – ein weitreichender Kompromiss, der nun umgesetzt werden muss", fordern die Verbände.
Mehrkosten durch Generalunternehmervergaben
PositionspapierHier finden Sie die Forderungen der Verbände.Die Bau- und Planungsverbände glauben nicht, dass Generalunternehmervergaben würden Bauprojekte beschleunigen. Untersuchungen des Bundesrechnungshofs hätten vielmehr Mehrkosten von durchschnittlich rund zehn Prozent, teils über 20 Prozent des Auftragsvolumens belegt. Der Koordinierungsaufwand werde nur vom öffentlichen Auftraggeber auf den Generalunternehmer verlagert.
Kommunen seien auf Gewerbesteuereinnahmen ihrer heimischen Unternehmen angewiesen. "Lokale Planer und Bauunternehmen schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern in der Region und sichern Wertschöpfung vor Ort. Wenn Aufträge an große, auswärtige Konzerne gehen, verlieren Kommunen Einnahmen und wirtschaftliche Stabilität", so die Verbände. Zudem würden Vergaben an Generalunternehmer zu einer Flut von Nachunternehmerketten führen, die nicht an deutschen oder europäischen Grenzen stoppen und entsprechende arbeitsmarkt- und sozialpolitische Verwerfungen mit sich bringen.
O-Töne:
"Die Beibehaltung der Fach- und Teillosvergabe ist die zentrale Nagelprobe für eine glaubwürdige Mittelstandspolitik dieser Bundesregierung. Dieses Prinzip darf nicht aufgegeben werden, weil dies das Risiko birgt, kleine und mittlere Betriebe systematisch von öffentlichen Aufträgen auszuschließen. Das ist nicht hinnehmbar."
Holger Schwannecke, ZDH-Generalsekretär
"Beim Vergabebeschleunigungsgesetz geht es um echte Mittelstandspolitik. Wer den Losgrundsatz weiter aushöhlt, schiebt öffentliche Aufträge in Richtung großer Konzerne und lässt regionale Betriebe außen vor. Wir erwarten, dass das Bekenntnis zur mittelstandsfreundlichen Vergabe im Koalitionsvertrag umgesetzt wird und keine Sonntagsrede ist."
Felix Pakleppa, ZDB-Hauptgeschäftsführer
"Wer wirklich schneller bauen will, braucht einfache Verfahren, Digitalisierung und besser ausgestattete Verwaltungen – aber sicher keine Abkehr vom Losgrundsatz. Nationale Alleingänge schwächen nicht nur unseren Mittelstand, sondern könnten schon in Kürze außerdem auch europäischen Vorgaben widersprechen. Das EU-Parlament fordert ausdrücklich eine verpflichtende Losbildung zum Schutz der KMU."
Andrea Gebhard, BAK-Präsidentin
"Städte und Gemeinden sollten sich bewusst machen, welchen Wert die Förderung regionaler mittelständischer Planungsbüros hat. Fachkundige Beratung mit Ortskenntnis kommt nicht von General- oder Totalunternehmern, sondern von Planerinnen und Planern, die die lokalen Bedingungen kennen und kurzfristig tragfähige Lösungen anbieten können."
Heinrich Bökamp, BIngK-Präsident
Quelle: ZDH
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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