Wo früher die Deutsche Bahn ihre Züge wartete, entstehen heute außergewöhnliche Fotos.

Wo früher die Deutsche Bahn ihre Züge wartete, entstehen heute außergewöhnliche Fotos. (Foto: © ARTs-UNLIMITED)

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Das zweite Leben des Lokschuppens

Das ehemalige ­Bahnbetriebswerk in Mayen war über Jahrzehnte ­Wartungs- und Reparaturwerkstatt der ­Deutschen Bahn. Dann wurde es ­aufgegeben und verfiel. Bis Fotografenmeister Ralf Häselich dem Ort neues Leben einhauchte.

Hier rauchte und schnaufte es einst, wurden Dampflokomotiven neben Schienenbussen gewartet und repariert. Der ehemalige Ringlokschuppen in Mayen (Eifel, Rheinland-Pfalz) ist heute ein Foto- und Filmstudio und Sitz des Unternehmens "ARTs-UNLIMITED".

Gleise raus, Gruben gefüllt, Boden begradigt, Dach abgedichtet: Vor 31 Jahren begann der Umbau zum Fotostudio. Foto: © ARTs-UNLIMITEDGleise raus, Gruben gefüllt, Boden begradigt, Dach abgedichtet: Vor 31 Jahren begann der Umbau zum Fotostudio. Foto: © ARTs-UNLIMITED

Als sich Fotografenmeister Ralf Häselich in die alte Lokhalle verliebte, war von der Eisenbahnnostalgie alter Zeiten nichts mehr zu spüren. Zerschlagene Fenster, undichtes Dach, offene Hallentore und die Gleise hatten längst Bäume und Sträucher erobert. Man hätte als junger Unternehmer sicher etwas Besseres finden können. Doch Häselich war und ist kein Mensch, der einfache Wege favorisiert, um bequem seine Ziele zu erreichen.

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Foto- und Filmprojekte in der ganzen Welt

Foto: © Verlagsanstalt HandwerkFoto: © Verlagsanstalt Handwerk

Und so hat der 57-Jährige einiges zu erzählen, geht es um den Standort seines Unternehmens. Gleise mussten entfernt, Arbeitsgruben aufgefüllt
werden. "Vor 31 Jahren sah das hier alles ganz anders aus." Fotos vom Wildwuchs, von Vandalismus haben nichts mit dem zu tun, was heute im Lokschuppen Realität ist. Weiße Fußböden, Wände und Decken als Location für die Foto­objekte, moderne Büros, ein langer, moderner Tresen zum Besprechen und Kaffeetrinken. "Wir fotografieren alles, vom Salatblatt bis zur Straßenbaumaschine." 1988 legte Ralf Häselich als bester Absolvent Deutschlands die Meisterprüfung ab. So wie Jahre später Matthias ­Israel, 29, und seit kurzem Mitinhaber von "ARTs-UNLIMITED". Der Name ihres Unternehmens ist Programm. Fotografie- und Filmprojekte in den USA, Indien, Österreich, Italien, der Schweiz gehören dazu.

Gearbeitet wird auf dem Meer, in der Luft, unter der Erde. "Wir haben gewerbliche Kunden und unsere Fotografien werden weltweit abgedruckt." Möbel, ­Autos, Kugelschreiber, Yachten und ihre millionenschwere Einrichtung – Limits gibt es keine. Häselich und Israel kombinieren dabei fotografisches Können mit Fleiß, Ausdauer und Einfühlungsvermögen. "Manche Kunden drücken uns die Haustürschlüssel in die Hand, fahren in den Urlaub und wir fotografieren die Inneneinrichtung ihrer Anwesen. Man vertraut uns nicht nur materielle Werte an, sondern auch Einblicke in das Privatleben", beschreiben die beiden Fotografenmeister das Verhältnis zu den Kunden. Ohne Vertrauen wäre das unmöglich. Das spricht sich rum. "Unsere Arbeit und Mund-zu-Mund-Propaganda führen zu immer neuen Kunden."

In der Welt zu Hause

Modern und großzügig – so ­präsentiert sich das ehemalige Bahnbetriebswerk heute. Foto: © ARTs-UNLIMITEDModern und großzügig – so ­präsentiert sich das ehemalige Bahnbetriebswerk heute. Foto: © ARTs-UNLIMITED

Einsatzorte der Fotografen sind in aller Welt "und wir sind wie Zugvögel. Immer unterwegs …". Manche Objekte reisen zum Ablichten in den Mayener Lokschuppen, der vor rund 100 Jahren gebaut und bis 1982 als Bahnbetriebswerk genutzt wurde. 11 Gleise führten von einer Drehbühne in die Rundhalle. Zu ihrer Zeit war die Werkstatt mit ihrer technischen Einrichtung spitze. So wie heute das heimische Fotografenhandwerk. 12 feste und 24 freie Mitarbeiter sind für "ARTs-UNLIMITED" im Einsatz. Aktuell steht dort, wo früher 100 Tonnen schwere Dampf­lokomotiven mit 1.600 PS Leistung auseinandergenommen wurden, ein fabrikneuer Porsche 911 GT3RS für das Foto­shooting. Von Dampf und Kohle ist zwar nichts mehr zu spüren, von Dynamik und Kraft durchaus. Matthias Israel möchte die 31-jährige Erfolgsgeschichte der Fotografie an diesem Ort fortschreiben. Vielleicht hat sie dann irgendwann mal mehr damit zu tun als mit Lokomotiven, Dampf und Drehbühne.

Text: / handwerksblatt.de

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