Mehr Licht – eine Ausstellung
Die Ölstudie revolutionierte im 19. Jahrhundert die Malerei. Das zeigt eine Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf.
Wo wir uns der Sonne freuen, sind wir jede Sorge los, dichtete einst Johann Wolfgang von Goethe. Seine zeitgenössischen Kollegen plagte dennoch eine Sorge mitten im Sonnenschein: Wie sie das Licht so schnell einfangen konnten, um den Moment unverfälscht auf der Leinwand abzubilden. Ab 1820 entstand dafür eine neue, helfende Technik: die Ölstudie. Schnell trocknende Farben halfen den Künstlern, das Naturerlebnis sofort umzusetzen und so das Flüchtige der Natur festzuhalten. Diesen Ölstudien widmet der Kunstpalast in Düssseldorf derzeit eine eigene Ausstellung.
Formale Revolution
Ölstudien auf einen Blick – Impressionen aus der Ausstellung Mehr Licht. Die Befreiung der Natur Foto: © Juliet van RensburgDie Ölstudie gilt als eine der größten formalen Revolutionen in der Kunst des 19. Jahrhunderts. Maler wie Caspar David Friedrich und Camille Corot nutzten die neue Technik ebenso wie die wichtigsten Künstlerinnen und Künstler der Düsseldorfer Schule. Es waren vor allem Skizzen und eben Studien, die sie in Öl anfertigten – und die die Künstler fast ausschließlich für den privaten Gebrauch anfertigten. Sie landeten daher auch eher in den Archiven und nicht in Ausstellungen. Die Ausstellung "Mehr Licht. Die Befreiung der Natur" bietet zahlreiche, nie zuvor öffentlich gezeigte Werke aus musealen und privaten europäischen Sammlungen von Künstlerinnen und Künstlern der Romantik, wie sie die Natur mit ihren Wolken, Wellen, Wind und Licht in frischen Farben festhielten.
Das Handwerksmaterial der Maler. Foto: © Juliet van RensburgHeute haben die Skizzen und Studien einen anderen Stellenwert. Sie gelten nicht zuletzt wegen neuer Sehgewohnheiten als eigenständige Kunstwerke. Mit einer Bedeutung, die weit über die in den Ateliers gefertigen Gemälde, die das Renommee der Maler begründeten, hinausgehen. Denn in den Ölstudien geht es um weit mehr als nur das Festhalten des flüchtigen Lichts im Augenblick. Die Künstler warfen zugleich einen völlig neuen Blick auf die Natur. Auf einmal bekamen Kleinigkeiten eine Wertschätzung, die es galt, im Bild festzuhalten, was sonst allenfalls schmückendes Beiwerk gewesen wäre. Das Beiläufige, das Nebensächliche steht auf einmal im Mittelpunkt des Künstlers, das Spiel von Licht und Schatten, die Bäume am Wegesrand, die Gräser im Wind oder sprudelnde Bäche. Die Skizzen in Öl waren auf einmal ein Motivvorrat für die Künstler, aus dem sie sich ihr Leben lang bedienen konnten.
Quelle der Inspiration
Das Nebensächliche rückt in den Mittelpunkt. Foto: © Juliet van RensburgWelche Kraft diese Ölstudien als Inspirationsquelle hatten und noch immer haben, können die Besucher der Ausstellung selbst spüren. Rund 170 Werke von 75 Künstlerinnen und Künstler sind im Kunstpalast zu sehen, die Kunsthistoriker und Autor Floran Illies zusammen mit Anna Christina Schütz kuratiert hat. Dabei sind nicht nur die Ergebnisse, also die Ölstudien selbst, zu sehen, sondern auch das handwerkliche Material, was die Künstler jedes Mal mit auf ihre Studien nahmen. Die Erfindung der Farbtube 1841 erleichterte die Handhabung und den Transport der zuvor im Atelier selbst angerührten und in Schweinsblasen verpackten Farben.
Impressionen aus der Ausstellung. Foto: © Juliet van RensburgDie kleine, aber feine Ausstellung unterteilt sich in neun Themenfelder, die sich der Ölstudie und ihrer Funktion, aber auch der Motiv-Bandbreite widmen. Den Start markieren Werke unter der Überschrift "Das Flüchtige. Die Jagd nach dem Augenblick", die für das Festhalten des Augenblicks in der Natur und ihrer Phänomene stehen. Weitere Themen sind Entstehungsorte und der Entstehungsprozess von Landschaftsstudien bis hin zu Bäumen, die als "Krone der Schöpfung" zu einem der zentralen Motive wurden.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 7. Mai, ehe sie dann nach Lübeck weiterzieht.
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Text:
Julia Leendertse /
handwerksblatt.de
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