Vom Hausschein zum Iberico: An den Tupfern mancher Tiere lässt sich noch der Übergang deutlich erkennen.

Vom Hausschein zum Iberico: An den Tupfern mancher Tiere lässt sich noch der Übergang deutlich erkennen. (Foto: © DHB)

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Schinken, Pilze und eine Kuriosität

Panorama - Reise

Charmante Dörfer, ein gemäßigtes Klima bis in den November und die Geschichte eines der wichtigsten Erzeugnisse Spaniens sorgen für einzigartige Wow-Momente in der Sierra de Aracena.

Es ist den feuchten Winden des Atlantiks zu verdanken, dass in der Sierra de Aracena die Landschaft von Steineichen, Korkeichen, Olivenhainen und Kastanienbäumen geprägt ist. In der Region regnet es häufiger als in anderen Teilen Spaniens. Die Bäume sind das ganze Jahr über saftig grün. Die Weidelandschaft bietet nahezu ideale Bedingungen für eines der bekanntesten Tiere der Welt: das Iberico-Schwein. Schwein gehabt, möchte der Reisende vielleicht denken. Denn es ist den christlichen Königen aus Kastilien zu verdanken, dass das rosafarbene Hausschwein und mit ihm die Kastanien in die Region westlich der Sierra Morena Einzug hielten.

Schnell merkten die schlauen Tiere, dass die vorhandenen Eicheln schmackhafter waren als Kastanien. Die dort lebenden schwarzen Wildschweine wussten das schon immer. Doch nicht nur beim Fressen taten sich die Tiere zusammen. So entstand im Laufe der Jahrhunderte das typische Iberico-Schwein. Das dunkel ausschauende Schwein ist klein, mit großen Keulen, recht flink unterwegs, hat eine spitze Schnauze, schwarze Borsten und schwarze Hufe. Doch es gibt auch rötliche, teils hellhaarige oder gefleckte Iberico-Schweine. Je nach Rasse unterscheiden Züchter deshalb den Geschmack und insbesondere den Preis. Der kann ohne weiteres pro Keule bei bis zu 700 Euro liegen.

Schinkendorf Aroche

Das kleine, pittoreske Dorf Aroche ist ein guter Start, um in die Geschichte des Iberico-Schinkens einzutauchen. Die Wurzeln Aroches reichen bis in der Römerzeit zurück. Etwa 3.000 Menschen leben in dem Dorf mit den schönen weißen Häusern, hübschen, kleinen Gassen mit gepflasterten Straßen und kleinen Bars, die im Sommer viel Schatten bieten. Was zuerst auffällt: Im Abstand von nur wenigen Metern hängt der Himmel der meisten Geschäfte voller würzig duftender Schinken.

Isabel aus dem Dorf Aroche demonstriert die verschiedenen Schnitttechniken des Ibero-Schinkens Foto: © DHBIsabel aus dem Dorf Aroche demonstriert die verschiedenen Schnitttechniken des Ibero-Schinkens Foto: © DHB

Eines der Geschäfte ist das von Isabel. Mit viel Esprit gibt die Schinken-Verkäuferin Besuchern Auskunft über die verschiedenen Schnitttechniken. "Ein ganzer Schinken wie dieser, acht Kilogramm schwer, kostet 150 Euro", beschreibt sie die dunkel gemaserte Keule, die in der typischen Schinkenschneidemaschine klemmt. Kunstvoll in Scheibchen zerlegt, kommen noch einmal 50 Euro obendrauf. Natürlich gibt es für jeden eine kleine Kostprobe.

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Rekorde und Prominente: Rosenkränze in La Cilla de los Jerónimo

Selbst Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt übersandte für das Rosenkranzmuseum ein Exemplar. Foto: © DHBSelbst Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt übersandte für das Rosenkranzmuseum ein Exemplar. Foto: © DHB

Und noch eine Überraschung hält Aroche bereit. Das weltweit einzige Museum für Rosenkränze, untergebracht in dem Kloster La Cilla de los Jerónimo aus dem 17. Jahrhundert. Es ist der Sammelleidenschaft des Kirchenchorleiters und Organisten Paulino Dias Alcaide zu verdanken, dass mehr als 3.000 Rosenkränze aus der ganzen Welt an diesem Ort ausgestellt sind. Dafür gab es sogar einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde. Zu sehen sind Rosenkränze von Johannes Paul II, Richard Nixon, Grace Kelly und, man staune nicht schlecht, ein eher unscheinbar erscheinendes Exemplar von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der Rosenkranz des Urprotestanten und des der Religion eher skeptisch zugewandten Politikers hat immerhin einen Platz neben denen der Kaiserin Fabiola und des kubanischen Sängers Antonio Machin gefunden.

Die Reise geht weiter durch die Provinz Huelva. Keine 50 Kilometer von der Grenze Portugals entfernt, zeichnet sich die Provinz durch einen wunderschönen, blauen Himmel aus. Auf Schritt und Tritt begeistert eine malerische Natur. Die schattigen Wälder des Gebirges, die Steineichen und Weiden des Tieflandes gehören im Herbst den Pilzen und Daniel Calleja von "Babel Nature". Der Pilz-Papst führt mit Begeisterung Schulklassen und Touristen im Balmoral Park durch die Welt der Stein-, Parasol- und Kaiserpilze.

Die Sprache der Natur

Immer wieder ist Daniel von der Welt der Pilze begeistert. Foto: © DHBImmer wieder ist Daniel von der Welt der Pilze begeistert. Foto: © DHB

Bei einer zweistündigen Wanderung nimmt der naturverliebte Umweltwissenschaftler jeden Pilz unter die Lupe. Er zeigt Unterschiede zwischen genießbar und giftig auf und erklärt: "Was die meisten nicht wissen, die Bäume und die Pilze kommunizieren miteinander. Geht es einem Baum schlecht, gibt der Pilz das an einen anderen Baum weiter." Ein Steinpilz zählt für den Pilzkenner zum Besten, was der Wald zu bieten hat. Jedenfalls so lange, bis er mit einem kleinen Jauchzer einen Russula leicht verdeckt im Waldboden entdeckt. Der in Deutschland als Täubling bekannte Pilz ist eine Delikatesse des Waldes. Daniel ist jetzt in seinem Element.

Am Ende des Rundgangs wandert ein Pilz nach dem anderen in seinen Rucksack. "Heute Abend gibt es dazu Gambas und Reis." Kaum einer, dem bei der Vorstellung nicht das Wasser im Munde zusammenläuft. Natürlich sind die heimischen Produkte der Sierra de Aracena auch auf den Tellern aller Restaurants zu finden. Zur Auswahl stehen Eier mit Pilzen und wildem Spargel, Pilze aus Aracena mit Jabugo-Schinken, gerne gepaart mit den Früchten des Meeres. Einen letzten köstlichen Eindruck der Sierra de Aracena gibt es in der Wiege des Iberico-Schinkens. In Jabugo ist der Sitz der zuständigen Behörde für den Schutz der Herkunftsbezeichnung "Denominación de Origen Protegida", kurz DOP.

Laufen, essen, chillen

Die Schneidekunste des Schinkens wird vom Vater auf den Sohn übertragen. Die Schneidekunste des Schinkens wird vom Vater auf den Sohn übertragen.

31 Dörfer der Sierra züchten das Iberico-Schwein. Bis zu 40 Kilometer und mehr legt das sportliche Schwein am Tag zurück. Nur, wenn es sich zu 100 Prozent von Eicheln ernährt, darf es den Titel Iberico tragen. Bis zu 18 Monate darf das Tier ein Leben auf den großzügigen Weiden ohne Stress und Massentierhaltung führen. Dann ereilt es sein Schicksal. Die Produktion des Jabugo ist reine Handarbeit. Jeder Schinken wird von Hand gesalzen. Danach wandert er in die Trockenkammer. Hunderte Schinken hängen bis zu drei Jahre unter der Decke. Durch das spezielle Mikroklima mit viel Regen sind es die Winde, die den Schinken reifen lassen. Ein Schinkenmeister entscheidet, wann die Tore der Hallen geöffnet werden und wann nicht.

"Schinken gehört zu unserem Leben und zu unserer Kultur. Es ist unsere DNA", betont der Weltmeister der Schinkenschneider Miguel Prieto. Seit 600 Jahren wird Schinken in Jabugo hergestellt. 90 Prozent der Schinken bleiben im Land. Nur zehn Prozent werden exportiert. "In einem Schinken können bis zu sechs unterschiedliche Geschmäcker vorkommen", sagt Prieto, der Schnittkünstler. Das Schneiden selbst ein Ritual. Vom Binden der Schürze bis hin zum Schneiden der Scheiben gleicht es einer Operninszenierung. "Eine gut geschnittene Scheibe muss am Teller kleben. Anschließend die Scheibe drei Sekunden auf der Zunge liegen lassen und an die Landschaft denken." Der Schnittweltmeister empfiehlt weiter: "Genießen Sie jede Scheibe für sich. Wenn es im Hals kratzt, ist es normal. Dann kommt die Säure der verspeisten Früchte zum Ausdruck." So zeigt die Reise, Jabugo de Iberico hat einen intensiven Geschmack, ist ein Lebensgefühl und der Stolz der Sierra de Aracena. Eine Welt für sich – und für die Menschen so wertvoll wie ein gut bestückter Weinkeller.

 

Weitere InfosAnreise mit Iberia ab verschiedenen deutschen Städten über Madrid nach Sevilla: iberia.com

Übernachtung
Hotel Casa Palacio Conde del Alamo
Paseo de la Iglesia
21240 Aroche – Huelva
hotelcondedelalamo.com
Hübsch gelegenes Hotel im Zentrum von Aroche. Die Zimmer des ehemaligen Palastes sind frisch renoviert. Zum Frühstück gehört traditionell eine geröstet Scheibe Weißbrot mit Olivenöl und Tomatensoße.
Doppelzimmer ab 95 Euro

Finca Valbono
Ctra. Carboneras KM 1
21200 - Aracena (Huelva)
reservas@fincavalbono.com
Einfache, aber sehr traditionelle Unterkunft entweder im Haupthaus oder in kleinen Bungalows. Sehr schönes, typisches spanisches Frühstück.
Doppelzimmer ab 92 Euro

Restaurants
Restaurante Miguel Tenorio_Almendro
21350 Almonaster la Real, Huelva
turismoalmonasterlareal.com/restaurantes/meson-miguel-tenorio/
Typische andalusische Küche. Restaurant mit einer wunderschönen Terrasse mit Orangenbäumen. Es lohnt ein Spaziergang durch das Dorf  Almonaster la Real. 

Restaurante Montecruz
www.restaurantemontecruz.com
21200 Aracena, Huelva

Restaurant im Hotel Convento Aracena
www.hotelconventoaracena.es/es
Aracena

Restaurante Juan Hormigo
Jabugo
Telefon: +34 959 60 36 84

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Text: / handwerksblatt.de

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