Der finanzielle Erfolg des Mainzer Unternehmens Biontech macht den kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz augenscheinlich erst möglich.

Der finanzielle Erfolg des Mainzer Unternehmens Biontech macht den kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz augenscheinlich erst möglich. (Foto: © Kristina Schäfer)

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Handwerkspolitik

Politik: Das Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Rheinland-Pfalz hinterfragt die Wirkungskraft des neuen kommunalen Finanzausgleichs und des Entschuldungsprogramms.

Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz leiden unter einer augenscheinlich unzureichenden finanziellen Ausstattung und unter ihren großen Schuldenbergen – das ist keine Neuigkeit. Die Situation führe auch zu Problemen für das regionale Handwerk, wie Dr. Till Mischler, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz, erklärt.

Finanzschwache Kommunen fielen nicht nur als wichtiger Auftraggeber für das lokale Handwerk aus, bestätigt Mischler, in dessen Kammerbezirk mit den Städten Kaiserslautern, Pirmasens und Kusel und den umliegenden Landkreisen die mit am schwersten gebeutelten Kommunen im Land liegen. Fehlende Investitionen, zum Beispiel in Schulen oder in die digitale Infrastruktur, schadeten der Attraktivität der Städte und Gemeinden als Wohnorte, so Mischler. Das wiederum wird schnell zum Problem für Unternehmen, die verzweifelt nach Fachkräften suchen.

Ziel: Stärkung der Kommunalfinanzen

Nun will die Landesregierung mit einem Entschuldungspaket und einer Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs (KFA) Abhilfe schaffen (das DHB berichtete). Seitens der Landesregierung hofft man, dass diese beiden Maßnahmen zusammen mit gewachsenen Steuereinnahmen auf Seiten der Kommunen "zu einer deutlichen und nachhaltigen Stärkung der Kommunalfinanzen in Rheinland-Pfalz beitragen werden", wie Finanzministerin Doris Ahnen und Innenminister Michael Ebling Anfang November gemeinsam erklärten.

Seitens der Kommunen und seitens des rheinland-pfälzischen Handwerks hält sich die Euphorie dagegen in Grenzen. Ein neues Papier des Anfang des Jahres ins Leben gerufenen "Bündnisses für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Rheinland-Pfalz", dem neben dem Städtetag Rheinland-Pfalz, dem Landkreistag, dem Gemeinde- und Städtebund, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und den Industrie- und Handelskammern auch die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz angehört, erkennt zwar die grundsätzlichen Bemühungen des Landes an, bringt aber deutliche Zweifel an den zu erwartenden Verbesserungen zum Ausdruck.

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Finanzielle Ausstattung der Kommunen dürfe nicht von einer einzelnen Firma abhängig gemacht werden

Ein zentraler Kritikpunkt des Bündnisses ist, dass obwohl die Kommunen sich 2023 und 2024 über mehr Geld freuen dürfen, die Mindestfinanzausstattung der Kreise, Städte und Gemeinden künftig geringer ausfalle als in der Vergangenheit. Die Auflösung dieses augenscheinlichen Widerspruchs: Die zusätzlichen Gelder kommen nicht vom Land, sondern seien das Ergebnis einer stärkeren Umverteilung von finanzstarken zu finanzschwachen Kommunen. "Um es deutlich auszudrücken: Extrem hohe Gewinne eines einzigen Unternehmens in Rheinland-Pfalz führen zu stark gestiegenen beziehungsweise steigenden Gewerbesteuereinnahmen bei zwei Kommunen. Diese beiden Kommunen finanzieren mit einem Teil ihrer Mehreinnahmen fast den kompletten Aufwuchs des KFA im Jahr 2023 und absehbar auch der folgenden Jahre", bringt es das Papier des Bündnisses die Sache auf den Punkt.

Mit dem namentlich nicht genannten Unternehmen dürfte der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech gemeint sein. Das Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse kritisiert dieses Vorgehen deutlich. Die finanzielle Ausstattung der Kommunen im Land dürfe nicht vom finanziellen Erfolg einer einzelnen Firma abhängig gemacht werden. "Seriöse und nachhaltige Finanzpolitik muss anders aussehen."

Innovationskraft der Kommunen werde letztlich nicht gestärkt

Hinzukomme, dass die jetzt ergriffenen Maßnahmen ungeachtet der Geldquelle möglicherweise nicht ausreichen werden, um alle Kommunen wieder handlungsfähig zu machen, wie Michael Mätzig, geschäftsführender Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, erklärt. Es sei so, "dass der neue kommunale Finanzausgleich lediglich den finanziellen Mindestbedarf der Kommunen in den Blick nimmt. Das heißt, auch in Zukunft werden die Kommunen viel Kraft aufwenden müssen, um ihre Haushalte über Einsparungen und- Steuererhöhungen auszugleichen. Das alles erst recht vor dem Hintergrund, dass sich mit Themen wie Fluchtaufnahme, ÖPNV und Kita-Betreuung bereits weitere enorme Mehrkosten abzeichnen." Die Neuregelung des Finanzausgleichs und die Teilentschuldung der Kommunen seien zwar ein Schritt in die richtige Richtung, so Mätzig. Die Investitionskraft der Kommunen werde so aber "letztlich nicht gestärkt werden."

Darüber hinaus sehe es im Moment so aus, als ob allein im Kammerbezirk Pfalz mehrere hoch verschuldete Kommunen "wahrscheinlich nicht am künftigen kommunalen Finanzausgleich teilnehmen können, denn Voraussetzung ist die Vorlage eines ausgeglichenen Haushaltes, die Tilgung der Restkredite sowie die Vermeidung neuer Kredite", berichtet Mischler. Nach Berichten des SWR werden sich voraussichtlich auch ausgerechnet Kaiserlautern, Kusel und Pirmasens eine Teilnahme am Entschuldungsprogramm nicht leisten können.

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Text: / handwerksblatt.de