Schulnoten gehören nicht in ein Arbeitszeugnis
Stichpunktartige Listen und Bewertungen im Schulnoten-System sind kein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Das hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitszeugnisse richtig schreiben
Ein Arbeitszeugnis darf nach nicht wie ein Schulzeugnis gestaltet sein. Die angemessene Beurteilung eines Arbeitnehmers lasse sich nicht in Tabellenform, sondern regelmäßig nur durch "ein im Fließtext formuliertes Arbeitszeugnis" herausstellen, urteilte das Bundesarbeitsgericht.
Der Fall
Ein Elektriker war mit seinem Arbeitszeugnis unzufrieden. Der Chef hatte einzelne Arbeitsleistungen wie Arbeitsökonomie, Fachkenntnisse allgemein, Sauberkeit im Arbeitsfeld, Pünktlichkeit oder Arbeitsbereitschaft ähnlich wie in einem Schulzeugnis in Tabellenform einzeln bewertet. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, die mit Aufgabenstellung überschriebene Tätigkeitsbeschreibung sei aus sich heraus nicht verständlich. Die tabellarische Darstellung der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung nach stichwortartigen, mit Schulnoten versehenen Bewertungskriterien sei unüblich und könne deshalb einen negativen Eindruck hervorrufen. Der Elektriker klagte auf Erteilung eines neuen Zeugnisses.
Das Urteil
Das Bundesarbeitgericht gab ihm recht. Ein Arbeitszeugnis müsse "den Anforderungen entsprechen, wie sie im Geschäftsleben an ein Arbeitszeugnis gestellt und vom Leser als selbstverständlich erwartet werden", so die Richter. Das Arbeitszeugnis stelle eine "individuell auf den Arbeitnehmer angepasste Beurteilung dar". Individuelle Hervorhebungen und Differenzierungen ließen sich nur im Fließtext angemessen darstellen. Ein paar Stichpunkte und eine Tabelle genügten nach Ansicht der Bundesrichter nicht. Das Zeugnis diene möglichen künftigen Arbeitgebern als Entscheidungsgrundlage bei der Einstellung. Daher müsse es Informationen liefern, die für diesen Zweck geeignet sind.
Den Streitfall verwies das Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht Hamm zurück, welches noch einmal die Formulierungen im Arbeitszeugnis überprüfen muss.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2021, Az. 9 AZR 262/20
Hintergrund: Das qualifizierte Arbeitszeugnis
Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten muss (§ 109 GewO). Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken – das sogenannte qualifiziertes Zeugnis. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Inhaltliche Anforderungen sind das Gebot der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit. Maßstab bei den Formulierungen im Zeugnis ist ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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