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HWK Münster | August 2025
Ehrenamt: Staatkanzlei lobt Initiative aus
Die Staatskanzlei in Düsseldorf informiert: Staatssekretärin Andrea Milz würdigt das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen.
Manchmal hat der Kunde kein Widerrufsrecht, etwa bei Notfalleinsätzen wie einer dringenden Reparatur. (Foto: © www.amh-online.de)
Vorlesen:
Das Widerrufsrecht hat schon so manchen Handwerker viel Geld gekostet. Die EU-Kommission plant eine Reform der Regelungen. Das Handwerk begrüßt die Pläne und macht konkrete Vorschläge dazu.
Das Widerrufsrecht für Verbraucher hat schon einige Handwerker um ihren Werklohn gebracht und zur Verzweiflung getrieben: Denn wer die Kunden nicht oder falsch über das Widerrufsrecht belehrt, riskiert, leer auszugehen. Auf EU-Ebene legt dies Art.14 der Verbraucherrechtsrichtlinie (VRR) fest.
Das Handwerk und Juristen kritisieren diese Regelung schon länger. "Das Zivilrecht wird so zum Werkzeug ökonomischer Täuschung – geschützt durch Verbraucherschutznormen", warnt Prof. Dr. Christoph Ph. Schließmann, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht und für Arbeitsrecht. Es entstehe der fatale Eindruck, dass über Formfehler eine Leistungserschleichung zivilrechtlich legitimiert werde.
Doch es gibt Hoffnung, dass diese Regeln bald geändert werden: Die EU-Kommission erneuert ihre Verbraucheragenda und hat dazu eine öffentliche Befragung gestartet. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat hierzu Stellung bezogen und fordert: "Das europäische Verbraucherrecht muss sowohl für Betriebe als auch Verbraucherinnen und Verbraucher künftig insgesamt wesentlich kompakter, rechtssicherer, übersichtlicher, anwendungsfreundlicher und sachgerechter gestaltet werden." Die aktuellen Regelungen der VRR seien für Handwerksbetriebe insgesamt zu unübersichtlich, komplex und unverständlich.
Folgende Maßnahmen sind aus Sicht des Handwerks nötig, um die VRR praxistauglicher zu gestalten:
Laut Artikel 10 der VRR verlängert sich die Widerrufsfrist um zwölf Monate, wenn die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist. Dies sorgt bei Betrieben für große Unsicherheit. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Unternehmen bestraft werden, wenn bei der Widerrufsbelehrung nur kleine formale Fehler passieren, die für den Verbraucher keine Nachteile haben.
► Diese Regelung will das Handwerk komplett abschaffen.
Zurzeit ist es sehr schwierig, die richtige Formulierung für die Widerrufsbelehrung zu finden, besonders bei Bauverträgen, weil diese oft Warenlieferung und Dienstleistung gleichzeitig sind. Das liegt daran, dass die Zuordnung zu einem Vertragstyp oft nicht klar und die Mustervorlage der VRR sehr kompliziert ist.
► Vorbild für eine übersichtliche und leicht zu handhabende Muster-Widerrufsbelehrung könnte das deutsche Recht sein: Die Mustervorlage in Anlage 10 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB).
Es ist im Moment unklar, wie mit fest verbauten Materialien bei einem Widerruf von Verträgen über Handwerksleistungen an Gebäuden umgegangen werden soll.
► Eine gerechte Lösung wäre, dass Auftraggeber dem Handwerker immer den Wert der verbauten Waren erstatten, wenn die Materialien nicht zurückgegeben werden können.
Die VRR knüpft die Widerrufsvorschriften einerseits an den Vertragstyp und andererseits an den Leistungsgegenstand. Dadurch entsteht Rechtsunsicherheit.
► Wenn man sich konsequent nur am Leistungsbegriff orientieren würde, könnten man viele Probleme für Handwerksbetriebe vermeiden.
Die Bundesregierung hat jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie die Widerrufsvorschriften im deutschen Recht korrigieren und die EU-Richtlinie umsetzen will. Sie plant darin aber auch neue Informationspflichten für Unternehmer bei Verbraucherverträgen. Dazu gehört ein verpflichtender elektronischer Widerruf bei online geschlossenen Fernabsatzverträgen. Außerdem sollen Piktogramme über das Gewährleistungsrecht und Garantien für Waren informieren. Zusätzlich sollen Verbraucher künftig über den Reparierbarkeitswert, den "Reparaturindex" für Waren und über Ersatzteile und Reparaturanleitungen informiert werden.
"Die folgerichtigen und überfälligen redaktionellen Gesetzeskorrekturen der Regelungen zu den Rechtsfolgen eines Vertragswiderrufs sind zu begrüßen", kommentiert der ZDH den Gesetzentwurf. "Konsequenterweise muss darüber hinaus auch der Ausschluss des Widerrufsrechts europarechtskonform ausgestaltet werden." Die neuen Informationspflichten mittels Piktogramm und zur elektronischen Widerrufsfunktion bedeuten nach Ansicht des ZDH jedoch weiteren technischen und organisatorischen Aufwand für Handwerksunternehmen und bergen Konfliktpotenzial sowie Abmahnrisiken.
PRAXISTIPP
Handwerker finden kostenlose Informationen und Musterformulare für Widerrufsbelehrungen > beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).Widerrufsrecht
Seit 2014 haben Privatkunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden (AGV).
Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen Vertrag. In solchen Situationen müssen Betriebe Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angabe von Gründen.
Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12 Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus!
Neue Regeln für die Widerrufsbelehrung seit Mai 2022:
- Seit Mai 2002 muss keine Faxnummer mehr genannt werden – weder in der Widerrufsbelehrung noch im -formular! Eine freiwillige Angabe ist weiterhin möglich.
- Die Telefonnummer muss in der Widerrufsbelehrung stehen (Achtung: nicht im Widerrufsformular!).
- Die E-Mail-Adresse muss in beiden angegeben sein, also auch im Widerrufsformular.
- Die Widerrufsbelehrung muss die Verbraucher auch über die Umstände, unter denen sie ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verlieren, informieren.
- Neu ist auch, dass dem Verbraucher eine Bestätigung zur Verfügung gestellt werden muss. Dazu muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Dokument (als Papier, Mail, SMS etc.) zukommen lassen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde ausdrücklich der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt und seine Kenntnis vom damit einhergehenden Verlust des Widerrufsrechts mit Vertragsausführung bestätigt hat. Auch über diesen Umstand ist der Kunde zu informieren.
KEIN Widerrufsrecht bei Notfalleinsätzen
In Einzelfällen hat der Kunde kein Widerrufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.
Widerrufsrecht Kunde widerruft Haustürgeschäft, Handwerker guckt in die Röhre. > Hier mehr lesen!Die Berater in den Handwerkskammern helfen Ihnen bei Rechtsfragen gerne weiter!DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und kostenlos für das digitale DHB registrieren!
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