Über das Widerrufsrecht nur in Papierform belehren!
Verbraucher haben bei bestimmten Verträgen ein Widerrufsrecht. Über dieses müssen sie in Papierform belehrt werden, sonst können sie den Vertrag noch über ein Jahr später widerrufen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Widerrufsrecht des Kunden: Daumenschraube für Handwerker?
Privatkunden haben bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ein Widerrufsrecht. Über dieses müssen sie in Papierform belehrt werden oder – falls sie zustimmen – auf einem anderen dauerhaften Datenträger. Fehlt das, dürfen sie auch zwölf Monate und 14 Tage danach den Vertrag widerrufen, weil die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit diesem aktuellen Urteil die Vorgaben für eine Widerrufsbelehrung im Verbraucherrecht noch einmal verschärft. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat seine Mustervorlagen und seine Infobroschüre entsprechend aktualisiert. > Hier finden Sie die PDF-Dateien zum kostenlosen Herunterladen.
Der Fall
Ein Makler und ein Hausbesitzer hatten in dessen Reihenhaus einen Maklervertrag unterschrieben. Eine Vertragsklausel sah bei erfolgreicher Vermittlung der Immobilie an einen Käufer die Zahlung einer Provision vor. Der Makler legte bei diesem Treffen dem Verkäufer eine Widerrufsbelehrung vor. Darin stand, dass bei einem Widerruf das "beigefügte Muster-Widerrufsformular verwendet" werden soll. Dieses Formular hatte er dem Kunden aber gar nicht ausgehändigt.
Der Makler vermittelte das Haus an Käufer und verlangte fünf Monate später die Zahlung seiner Provision. Der Verkäufer weigerte sich und berief sich auf sein Widerrufsrecht.
Das Urteil
Zu Recht, urteilte der Bundesgerichtshof. Er entschied, dass bei einem Verbrauchervertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wird, die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher grundsätzlich in Papierform übergeben werden muss. Alternativ ist dies auf einem anderen dauerhaften Datenträger möglich, wenn der Verbraucher dem zustimmt. Ist das nicht der Fall, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Verbraucher kann den Vertrag noch nach zwölf Monaten und 14 Tagen widerrufen.
Das bedeute, dass die Informationen zum Widerrufsrecht dem Verbraucher physisch übergeben werden müssten. Der Makler war hier den nötigen Beweis schuldig geblieben, dass er dies getan hatte. Denn das Muster-Widerrufsformular war dem Vertrag nicht beigefügt.
Der Hausbesitzer hatte innerhalb der verlängerten Frist von einem Jahr un 14 Tagen den Vertrag erfolgreich widerrufen. Der Makler ging leer aus, obwohl er seine Leistung erbracht hatte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. November 2020, Az. I ZR 169/19
Widerrufsrecht beim Werkvertrag
Seit Juni 2014 gilt das EU-Verbraucherschutzrecht. Danach haben Privatkunden unter anderem ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV). Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen Vertrag.
In solchen Situationen müssen Betriebe Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.
Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12 Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden bereits während der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen. Denn dann muss der Kunde, wenn er den Vertrag widerruft, die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus!
Kein Widerruf bei Notfalleinsätzen
In Einzelfällen hat der Kunde kein Widerrufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.
Fazit: Um Ärger mit Widerrufen zu vermeiden, sollten Handwerker Verträge nicht mehr vor Ort beim Privatkunden, auch nicht per Handschlag abschließen. Auch ein Vertrag per Telefon, Fax oder E-Mail ist riskant. Wer einen AGV abschließt und direkt mit der Arbeit beginnen will, sollte den Kunden neben der Widerrufsbelehrung auch einen Verzicht auf das Widerrufsrecht unterschreiben lassen.
Praxistipp
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster, Informationen sowie einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie > hier kostenlos zum Herunterladen
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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